Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Tokio

Wahre Leistung statt Identitätspolitik

Neben allerlei identitätpolitischer Zeichensetzer gab es bei den Olympischen Spielen in Tokio auch die stillen Helden. Doch sie scheinen im Trubel um die "-ismen" unterzugehen. Ein Kommentar.
Tokio 2020 - Turnen
Foto: Marijan Murat (dpa) | Die deutschen Turnerinnen Sarah Voss, Pauline Schäfer, Elisabeth Seitz und Kim Bui aus Deutschland setzten mit langen Anzügen ein Zeichen.

Was für eine Olympiade! Wer den Eindruck gewann, bei der Fußball-EM im Juni überschatteten gesellschaftliche Debatten den Sport, zumindest medial, dem wird es bei den Olympischen Spielen in Tokio nicht anders gehen. Den Auftakt machte die Nachricht über die erste offiziell teilnehmende Trans-Athletin in der Geschichte des internationalen Wettkampfs. Die als Mann geborene Laurel Hubbard aus Neuseeland trat bei den Frauen in der Kategorie Superschwergewicht auf. Das Internationale Olympische Komitee gab grünes Licht, da Hubbards Testosteronwert die vorgegebene Grenze nicht überschritt.

Deutsche im Zeichensetzen eine Nasenlänge voraus

Lesen Sie auch:

Im Zeichensetzen hatten die Deutschen die Nase vorne: Die Kunstturnerinnen trugen im Mannschaftsfinale nicht, wie üblich, kurze Einteiler, sondern Ganzkörperanzüge. Damit wollten sie auf versteckten Sexismus im Sport aufmerksam machen. Auch ein Israel-Boykott blieb dem Wettkampf nicht erspart. Ein Algerier und ein Sudanese weigerten sich, gegen den Israeli Tohar Butbul im Judo anzutreten. Der Algerische Olympische Verband, sowie der Judo-Weltverband reagierten gegen den Antisemitismus und suspendierten Nourine vorläufig. 

Dann gibt es noch sie: Die stillen Helden, Medaillengewinner, die in dem Trubel rund um die „-ismen“ unterzugehen scheinen. Zu erwähnen ist hier Neisi Dajomes, die erste Frau aus Ecuador, die olympisches Gold in ihre Heimat brachte. Die Gewichtheberin kommentierte ihren Sieg mit den Worten: „Diese Medaille verdanken wir Gott.“ In einem Interview erwähnt sie, dass der kürzliche Verlust ihrer Mutter und ihres Bruders „eine Prüfung war, die Gott mir auferlegt hat, um hierher zu kommen“.

Eine andere Heldin aus der zweiten Reihe ist die Gold-Gewinnerin aus Österreich. Als von der Konkurrenz unbeachtete Teilzeitsportlerin gewann Anna Kiesenhofer im Straßenrennfahren. Hinter dem Sieg der Mathematikprofessorin an der Universität Lausanne steckt nicht ein Trainerteam. Sie selber plante das Training hin zu ihrem großen Traum. Als größten Unterstützer nannte sie ihren Freund, der „ein Vorbild in Selbstüberwindung und Schmerztoleranz“ sei. Wie gut, dass es noch Menschen gibt, die durch Leistung und persönliche Opfer strahlen.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Emanuela Sutter

Kirche

Eine Tagung in Stift Heiligenkreuz mit Erzbischof Georg Gänswein und Kardinal Kurt Koch befasste sich mit der Relevanz des Priestertums heute. 
18.04.2024, 13 Uhr
Leander Lott