Bei einem Anschlag auf eine Kirche in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Sonntag über 20 Menschen ums Leben gekommen. Weitere rund 50 Personen wurden verletzt. Dies berichten mehrere Medien unter Berufung auf Angaben der syrischen Behörden und internationaler Nachrichtenagenturen.
Die Explosion ereignete sich während der Sonntagsmesse in der griechisch-orthodoxen St. Elias-Kirche im Christenviertel Al-Duwaila. Nach Angaben des syrischen Innenministeriums betrat ein Selbstmordattentäter das Kirchengebäude, eröffnete das Feuer auf die betende Gemeinde und zündete anschließend eine Sprengstoffweste. Das Ministerium macht die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) für die Tat verantwortlich.
Zahlreiche Opfer und schwere Zerstörungen
Laut dem syrischem Gesundheitsministerium wurden mindestens 20 Menschen getötet und 52 verletzt. Die britische Organisation „Syrian Observatory for Human Rights“ (dt.: „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“) sprach von mindestens 30 Opfern, nannte jedoch keine genaue Zahl. Verschiedene Medien berichten, dass auch Kinder unter den Toten und Verletzten seien.
Aufnahmen aus einem Livestream des syrischen Zivilschutzes zeigen schwere Verwüstungen im Kircheninneren, blutverschmierte Böden, zerborstene Kirchenbänke und eingestürzte Mauern. Ein Augenzeuge erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, er habe den Attentäter zusammen mit zwei weiteren Männern beobachtet. Diese seien jedoch geflohen, als sie sich der Kirche näherten.
Das syrische Außenministerium verurteilte die Tat scharf und sprach von einem gezielten Versuch, das gesellschaftliche Zusammenleben zu untergraben und Instabilität im Land zu schüren. Auch internationale Beobachter sehen in dem Anschlag ein beunruhigendes Signal für die Sicherheitslage in Syrien.
Kirchenführer weltweit erschüttert
Orthodoxe Patriarchen haben nach dem Anschlag ihre Trauer und Empörung zum Ausdruck gebracht. Das Patriarchat von Antiochien verurteilte die Tat scharf. Patriarch Johannes X. erklärte: „Wir zählen unsere Märtyrer und die Verletzten und sammeln die Überreste und Leiber unserer Märtyrer, deren genaue Zahl wir bislang nicht bestimmen konnten.“ Er forderte Schutz für alle Bürger und rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.
Der ökumenische Patriarch Bartholomaios sprach in einem Telefonat mit Johannes X. von einem „Angriff auf das friedliche Zusammenleben von Völkern, Religionen und Kulturen“ und drückte den Angehörigen sein Mitgefühl aus. Auch Patriarch Theophilos III. von Jerusalem und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill äußerten sich bestürzt. Kyrill sprach in einem Beileidsschreiben von einem „blutigen Verbrechen, angestiftet vom Feind des Menschengeschlechts“.
Patriarch Theodor II. von Alexandrien fragte in seiner Stellungnahme: „Warum dieser Hass unter Brüdern, die seit Jahrhunderten miteinander auf dem gesegneten Boden des historischen Damaskus leben?“ Die Tat sei sinnlose Zerstörung gegenüber friedlichen Christen, die inmitten von Raketen und Bomben Trost im Gebet suchten.
"Nicht wegschauen"
Das internationale Hilfswerk Kirche in Not (ACN), das seit Jahren Partnerprojekte mit dem Patriarchat von Antiochien unterhält, forderte einen wirksamen Schutz aller Religionsgemeinschaften in Syrien. „Wir schließen uns dem Aufruf von Patriarch Johannes X. an, Gotteshäuser zu schützen und diesen Teufelskreis der Gewalt zu beenden“, erklärte Regina Lynch, geschäftsführende Präsidentin von ACN, in einer Pressemitteilung. Die internationale Gemeinschaft dürfe „nicht wegschauen“. Der Anschlag falle in eine Zeit, in der sich Christen und andere Minderheiten zwar eine politische Öffnung erhofften, zugleich aber das Erstarken islamistischer Gruppen mit großer Sorge beobachteten.
Auch aus Deutschland kamen Reaktionen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte in einer auf der Webseite der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) veröffentlichten Pressemitteilung, der Anschlag mache deutlich, „dass die Christen Syriens an Leib und Leben gefährdet sind“. Er warnte davor, dass viele Christen den Anschlag als Anlass nehmen könnten, das Land endgültig zu verlassen. Die syrische Regierung müsse deshalb alle bedrohten Minderheiten wirksam schützen. Jenen Kräften, die mit Gewalt eine „Homogenisierung“ der Bevölkerung anstrebten, müsse entschieden entgegengetreten werden.
Zudem hat sich auch die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien zu Wort in einr Mitteilung zu Wort gemeldet. Sie sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus und bot der syrischen Übergangsregierung eine Zusammenarbeit im Kampf gegen den islamistischen Terror an. Anschläge wie jener auf die Mar-Elias-Kirche seien „abscheuliche Taten“, erklärte Khaled Davrisch, Repräsentant der Selbstverwaltung in Deutschland. Seine Region verfüge über „mehr als zehn Jahre Erfahrung im Schutz religiöser und ethnischer Gruppen sowie im Kampf gegen den Terror des IS“. Beide Themen seien zentrale Punkte der laufenden Verhandlungen mit der Regierung in Damaskus.
Lage erheblich verschärft
Der Stadtteil Al-Duwaila ist in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Anschläge gewesen. Seit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2015 hat sich die Lage für Christen in Syrien erheblich verschärft. Islamistische Gruppen wie der IS gingen wiederholt mit äußerster Gewalt gegen diese vor.
Seit dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Baschar al-Assad im Dezember vergangenen Jahres handelt es sich um den ersten Selbstmordanschlag in der syrischen Hauptstadt. In den vergangenen Monaten hatte die IS-Miliz ihre Aktivitäten gegen Sicherheitskräfte und Regierungseinrichtungen in der Region verstärkt. DT/jna
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