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Dogmatiker Hoping: 2G-Gottesdienste stigmatisieren Nichtgeimpfte

Es spricht nichts dagegen, dass Bischöfe für die Impfung werben, meint der Dogmatiker Hoping in einem Gastbeitrag. Statt Nichtgeimpfte liturgisch auszugrenzen sollten sie jedoch überlegen, wie sie Impfskeptiker überzeugen können.
2G - nun auch in Gottesdiensten
Foto: Peter Kneffel (dpa) | In vielen Diözesen sollen Gottesdienste im Advent und an Weihnachten unter 2G- Bedingungen stattfinden.

An der sozialen Separation von Geimpften und Nichtgeimpften beteiligen sich mit Beginn der Adventszeit nun auch einzelne Diözesen. So sollen mehrere Gottesdienste, darunter Hauptgottesdienste, bis Weihnachten als 2G-Gottesdienste durchgeführt werden, die für Nichtgeimpfte tabu sind. 

Da Corona-Vakzine in der Regel einen schweren Krankheitsverlauf verhindern, aber keine sterile Immunität bewirken und schon nach kurzer Zeit ihre Schutzwirkung deutlich abnimmt, können Teilnehmer an 2G-Gottesdiensten allerdings nicht sicher sein, sich nicht zu infizieren und andere zu infizieren. 

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Servicekirche

An Weihnachten 2G-Gottesdienste anzubieten, damit mehr Personen an ihnen teilnehmen können, macht deutlich, wohin das Modell der Servicekirche unter Pandemiebedingungen führt, werden die Gottesdiensten doch auch von zahlreichen „Weihnachtschristen“ besucht, die man in der Kirche nur an Heiligabend oder in der Christmette antrifft.

Nichtgeimpfte haben es derzeit gesellschaftlich schwer. Die Daumenschrauben werden immer weiter angezogen, und das ist politisch so gewollt. Hinzukommt ein eskalierendes Bashing von Nichtgeimpften. Die Philosophin Svenja Flaßpöhler hat vor kurzem mehr Respekt für Nichtgeimpfte gefordert, statt ihnen etwa pauschal Dummheit vorzuwerfen, wobei diese Invektive noch zu den harmloseren gegenüber Nichtgeimpften gehört. Inzwischen werden sie wie Schwerverbrecher an den Pranger gestellt, man wirft ihnen vor, unsolidarisch bzw. nicht patriotisch genug zu sein, man behandelt sie wie Parias oder belegt sie mit dem Vorwurf, die Gesellschaft zu tyrannisieren, oft um vom eigenen Versagen in der Corona-Krise abzulenken.

Überzeugen statt bashen

Leider beteiligen sich auch einige Bischöfe inzwischen am Bashing von Nichtgeimpften: Wer sich nicht impfen lasse, obwohl er es könnte, sei ignorant und es mangele ihm an der christlichen Nächstenliebe, die Geimpfte aufbringen. Oft aber sind es diffuse Ängste oder fehlendes Vertrauen in Politik und Wissenschaft, die Menschen zögern lassen, eine Impfstelle aufzusuchen.

Es spricht nichts dagegen, dass Bischöfe öffentlich für die Impfung werben. Man muss ja nicht gleich in Kirchen Corona-Impfstationen eröffnen. Doch statt Nichtgeimpfte moralisch zu diskreditieren oder liturgisch auszugrenzen, sollten Bischöfe überlegen, was sie tun können, um Impfskeptiker zu überzeugen. Nicht alle, die sich bislang gegen eine Impfung entschieden haben, sind radikalisierte Impfgegner, die Verschwörungstheorien anhängen. 


Bevor nun jemand bei der Redaktion nachfragt, welchen Impfstatus der Autor hat:
Er ist doppelt geimpft und wird sich bald auch „boostern“ lassen.

 

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