Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Das Kreuz ist mehr als ein Symbol

Die Kreuze bleiben in den bayerischen Behörden hängen. Doch Christen, die die Urteilsbegründung lesen, können sich nicht wirklich freuen.
Gerichtsurteil zu Söders Kreuzerlass
Foto: IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON (www.imago-images.de) | Wird nicht das Kreuz zu einem bloßen Ausdruck bayerischer Folklore reduziert? Eine schlüssige Antwort hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bisher immer noch nicht darauf geben können.

Auch weiterhin werden Kreuze in bayerischen Amtsstuben hängen. Dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Klagen gegen den sogenannten Kreuzerlass zurückgewiesen hat, war schon im Juni bekannt geworden. Jetzt wurde auch die Urteilsbegründung veröffentlicht.

Geklagt hatte unter anderem der Bund für Geistesfreiheit. Aus seiner Sicht verstoße der Erlass gegen die Neutralitätspflicht des Staates. Dass dieser Vorwurf nun zurückgewiesen worden ist und die Kreuze in den Behörden bleiben, mag manchen zum Jubel veranlassen. Doch Vorsicht, denn das, was in der Begründung zu lesen ist, sollte Christen stutzig machen. Und zwar in anderer Form als erwartet.

Söder wollte eher nach Stimmen fischen

Zunächst wird einmal festgestellt, dass das Kreuz mehr sei als ein bloßes Symbol für die christlich-abendländische Kultur. Genau damit hatte die Staatsregierung nämlich argumentiert. Die lauteste Kritik kam damals von Vertretern der Kirche: Werde denn hier nicht das Kreuz zu einem bloßen Ausdruck bayerischer Folklore reduziert? Eine schlüssige Antwort hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bisher immer noch nicht darauf geben können. Ihm ging es wohl im Landtagswahlkampf wohl auch eher darum, mit diesem Vorstoß bei denen Stimmen zu fischen, die Angst davor haben, dass diese bayerische Identität verschwimmen könnte.

Lesen Sie auch:

Diese Instrumentalisierungsstrategie ist zwar nicht wirklich aufgegangen, ein Blick auf das Wahlergebnis der CSU von vor drei Jahren zeigt das deutlich. Aber Söder ist nicht der Mann, der dazu neigt, sich selbst zu revidieren. Gut, dass hier wenigstens das Gericht klarer sieht.

Ein zweiter Aspekt aus der Urteilsbegründung ist für Nicht-Juristen da schon verwirrender: Zwar stellt das Gericht fest, dass das Kreuz gegen die Neutralitätspflicht verstoße, hebt aber gleichzeitig hervor, dass hier nicht die Glaubensfreiheit verletzt werde, weil von diesem Kreuz keine missionarische oder indoktrinierende Wirkung ausginge.

Die Kreuze in den Behörden sind harmlos

Letztlich heißt das: Die Kreuze in den Behörden sind harmlos. Das sollten alle diejenigen, die sich darüber freuen, dass sie hängen bleiben, bedenken. Ist es wirklich gut, wenn das Kreuz nur deswegen hängt, weil die Autoren des Erlasses in ihm ein bloßes kulturelles Symbol sehen und die Richter das nur deswegen zulassen, weil sie in ihm kein religiöses Zeichen mehr erkennen können, von dem eine missionarische Kraft ausgehen könnte?

Nein, das ist schlecht und alarmierend, ein weiterer Schritt zur Musealisierung und Verharmlosung des christlichen Glaubens. Gewiss, es gibt sicherlich viele Unterstützer des Kreuzerlasses, die es gut meinen. Aber wir wissen seit Gottfried Benn: Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.

 

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Sebastian Sasse

Kirche

Eine Tagung in Stift Heiligenkreuz mit Erzbischof Georg Gänswein und Kardinal Kurt Koch befasste sich mit der Relevanz des Priestertums heute. 
18.04.2024, 13 Uhr
Leander Lott