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Teneriffa: Kirchen, Krater und Küsten

Die Kanareninsel Teneriffa ist kurzweilig und klimatisch perfekt: Eine Entdeckungsreise von La Laguna im Norden über den meistbesuchten Nationalpark Europas bis zu den Walen und Delfinen an der Südostküste.
Teide Nationalpark
Foto: Frühauf | Gut 50 Kilometer sind es von La Laguna zum Teide Nationalpark. Das Weltkulturerbe gehört zu den vier ältesten Nationalparks der Kanaren und ist einer der meistbesuchten in Europa.

Wie ein Schleier umhüllen Wolkenfetzen die Bergrücken der größten kanarischen Insel. An der Küste im Norden stehlen sich die ersten Sonnenstrahlen durch ein paar Wolkenlücken. Sie spiegeln sich in den Fenstern der Straßenbahn, die von Santa Cruz de Tenerife gerade den Berg hinauffährt. Die einzige schienenbetriebene Bahn der Kanaren bringt ihre Fahrgäste in rund einer halben Stunde von der Inselhauptstadt nach San Cristóbal de La Laguna. Hier auf 546 Metern Höhe herrscht oft ein anderes Klima: Während in Santa Cruz gerade noch ein paar Sonnenstrahlen zu sehen waren, fallen in der zweitgrößten Stadt der Insel erste Regentropfen, die Schlieren an den Fenstern der Straßenbahn hinterlassen.

An der Endstation in der Avenida de la Trinidad wartet Ancor Robaina, der Touristen über die Insel begleitet, um ihnen die schönsten Plätze zu zeigen. Dank der aktuellen Corona-Inzidenzen kann er wieder Touristen durch die Universitätsstadt mit ihren zahlreichen historischen Plätzen, Kirchen und sehenswerten Gebäuden führen, die 1999 zum UNESCO-Welterbe erklärt wurde. „Mit ihren vielen Kirchen erinnert sie an Florenz“, erzählt er auf dem Weg in die Altstadt. „La Laguna ist auch der Sitz des Bischofs der Diözesen Teneriffas, La Palma, La Gomera und El Hierro. Es wurde im Jahr 1496 von Alonso Fernandez de Lugo gegründet und war bis 1822 Hauptstadt der Insel“, fährt er fort.

Kunstvoll geschnitzte Holztüren

Die farbigen Häuser im kanarischen Baustil haben neben aufwendig gedrechselten Balkonbrüstungen auch kunstvoll geschnitzte Holztüren und -fenster aus Teakholz. Über den Plaza del Adelantado kommt man zur Nuestra Señora de los Remedios, eines der Wahrzeichen der Stadt. Mit ihrem Bau wurde 1511 begonnen, und als La Laguna zum Bischofssitz ernannt wurde, erhob der Papst die Kirche in den Stand einer Kathedrale. Die Schätze in ihrem Inneren sind der aus Flandern stammende Altaraufsatz und die Kanzel aus Carrara-Marmor. Ganz in der Nähe steht die Kirche San Augustin. Der Renaissance-Kreuzgang des ehemaligen Klosters ist noch erhalten. „Nach einem Brand 1964 standen nur noch Ruinen“, weiß Ancor Robaina. Von der gleichnamigen Straße aus kann man ihre ursprüngliche Struktur mit dem rechteckigen Grundriss und den drei, voneinander getrennten Schiffen erkennen.

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Auf dem Weg zum Plaza de la Concepción erzählt der Reiseführer: „Der Name La Laguna stammt von dem See, den es hier einmal gegeben hat.“ Der Platz und die angrenzenden Fußgängerzonen sind beliebt und ihre Bars, Restaurants und Geschäfte gut besucht. Hier ist die Iglesia de Nuestra Señora de la Concepción. Sie gilt als die älteste Kirche der Stadt und als erstes Gotteshaus Teneriffas, ein Nationaldenkmal der Insel. Auf dem Platz ist auch das Café Palmelita, wo es leckere Mandelhörnchen und Barraquito gibt, eine Kaffeespezialität mit süßer Kondensmilch und Likör. In der Weihnachtszeit bekommt man in der Konditorei auch Stollen.

La Laguna: Florenz der Kanarischen Inseln

Inzwischen ist klar, warum La Laguna als „Florenz der Kanarischen Inseln“ bekannt ist. Denn die Kirchen prägen die Stadt. Zwischen den sakralen Gebäuden stehen kulturelle Gebäude wie das Teatro Leal sowie imposante Herrenhäuser.

Nachdem die Spanier die Insel Ende des 15. Jahrhunderts eroberten, wurde die Stadt im damals modernen Schachbrettmuster der Renaissance angelegt. Es entstand die erste Kolonialstadt ohne Stadtmauer. „Die damalige Straßenführung, die bis heute erhalten geblieben ist, diente als Vorbild für die Kolonialstädte in Amerika“, erläutert der Kanare und zeigt auf einen Drachenbaum „Das Natursymbol der Insel gehört nicht zu den Bäumen, sondern zu den Spargelgewächsen.“ Kaum zu glauben, denn die Riesen können bis zu 20 Meter hoch werden. Man nennt sie auch Drachenblutbaum, weil das austretende Harz an der Luft blutrot wird.

Teide Nationalpark

Gut 50 Kilometer sind es von La Laguna zum Teide Nationalpark. Das Weltkulturerbe gehört zu den vier ältesten Nationalparks der Kanaren und ist einer der meistbesuchten in Europa. Am Viewpoint La Catedral erstreckt sich eine bizarre Felslandschaft.

In der Ferne ragt der Teide auf, das 3 718 Meter hohe Wahrzeichen Teneriffas. Mit der Gondel schwebt man über eine Mondlandschaft in Richtung Krater: Große und kleine Gesteinsbrocken säumen die Pfade um den Gipfel. Wer sich auf der Internetseite des Nationalparks rechtzeitig um eine Genehmigung kümmert, darf ganz hoch. Die Gipfelbesteigung ist aktuell auf 200 Personen pro Tag limitiert. Rund um den Krater dringt Schwefel aus kleinen Öffnungen. Im Gegensatz zum Mond genügt hier eine Jacke statt des Astronautenanzugs. Bei wolkenlosem Wetter und ohne Calima, ein Sandsturm der kanarischen Inseln, lassen sich von hier die Nachbarinseln La Palma, La Gomera und El Hierro erblicken.

Costa Adejae als Walkulturerbe 

Auch an die Costa Adeje sind es wieder nur rund 50 Kilometer. Hier gibt es das ganze Jahr über Wale und Delfine. Anfang 2021 wurde der Meeresstreifen von Teno-Rasca, der sich von Punta Del Fraile bis Punta Salema erstreckt, von der World Cetacean Alliance (WCA) als Walkulturerbe anerkannt. Damit wurde das erste Walschutzgebiet mit nachhaltigem Whalewatching in Europa geschaffen. „Voraussetzung für die Auszeichnung war ein wissenschaftlich begleiteter Zertifizierungsprozess der WCA“, erklärt Sergio David Hernandez Herrera vom Anbieter Bonadea II. Mit seinem Boot geht es vom Hafen Puerto Col ón zum Whalewatching aufs Meer. „Nirgendwo anders auf der Welt stößt man bereits nach 15-minütiger Bootsfahrt auf Wale und Delfine.“ Immer mehr Touristen möchten die Meeres-Giganten in ihrem Lebensraum erleben. Daher ist die Einhaltung von Regeln wichtig. Ein ganzes Stück vom Bug entfernt, kräuselt sich plötzlich das Wasser. Dann taucht auch schon eine schwarze, stark gekrümmte Rückenflosse auf. Kurz darauf ist noch eine zu sehen und dann noch eine. Drei Grindwale kommen zum Atmen an die Oberfläche. Trotz ihrer Größe, von bis zu fünf Metern, und ihrem Gewicht, gleiten sie elegant durchs Wasser.

20 Wal- und Delfinarten

Immer wieder tauchen ihre schwarz glänzenden Finnen auf – ein unbeschreiblicher Anblick! Mit dem Auftauchen der Tiere drosselt der Kapitän den Motor des Schlauchboots und erklärt: „Die Entfernung zu Walen soll bei der Anfahrt mindestens 60 Meter betragen, manchmal kommen sie von sich aus aber näher heran. Maximal drei Boote sollen für höchstens eine halbe Stunde bei einer Gruppe bleiben.“ Sobald sich die Tiere gestört fühlen, muss das Gebiet verlassen werden. Baden, Füttern und Anfassen der Tiere ist verboten, sowie störende Geräusche und das Verursachen von Müll. Vor der Küste Teneriffas kann man über 20 Wal- und Delfinarten beobachten. Den großen Pottwal und auch den Finnwal, mit einer Länge von bis zu 25 Metern, trifft man nur sporadisch an, ebenso wie Fleckendelfine, Rauzahndelfine und Rundkopfdelfine.

Die Zertifizierung als Walschutzgebiet soll für einen sicheren Lebensraum für die hier lebenden Wale und Delfine sorgen. Doch Sergio hegt Zweifel, vor allem, wenn der geplante Fährhafen von Fonsalia tatsächlich gebaut wird. „Der Hafen in Guia de Isora soll sechs Hektar groß werden. Das Großprojekt schafft zusätzliche Fährverbindungen nach La Gomera, El Hierro und La Palma, über 450 Liegeplätze für Sportboote und Yachten sowie einen über 700 Meter langen Wellenbrecher.“ Doch er gefährde die Biodiversität der Kanaren und das Leben der Meeressäuger.

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Annette Frühauf Bischofssitze Diözesen Entdeckungsreisen

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