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Mühlviertel: Wandern im Granitland

Wer sich aufmacht, zu Fuß das Mühlviertel zu erkunden, stößt zwischen Donau und Böhmerwald auf ein wahres Naturparadies. Empfehlenswerte Pilgerziele finden sich auch abseits der Wege.
Mühlviertel in Österreich
Foto: Hurnaus
Wegkreuz am  Granitpilgerweg
Foto: Christoph Hurnaus | Wegkreuze und Bildstöcke findet man häufig entlang des Granitpilgerweges.

Das Mühlviertel erhielt seinen Namen von den drei Flüssen Große Mühl, Kleine Mühl und Steinerne Mühl, die das kleine Land nördlich der Donau durchqueren. Den geologischen Untergrund bilden Granit und Gneis. Sie haben dazu geführt, dass das Mühlviertel oft auch als „Granitland“ bezeichnet wird. Das Mühlviertel ist eines der historischen vier Viertel von Oberösterreich. Die Donau bildet die natürliche Grenze im Süden. Im Westen grenzt das 3 080 Quadratkilometer große Land an Bayern, im Norden an Tschechien und im Osten an das Bundesland Niederösterreich.

Geheimtipp in Oberösterreich

Seit einigen Jahren hat sich der kleine Landstreifen im Norden von Oberösterreich zu einem Geheimtipp für Wanderer, Radfahrer und Reiter entwickelt. Die sanfte Hügellandschaft bietet sich zu jeder Jahreszeit für Wanderungen an, ob mit Wanderschuhen im Sommer oder mit Schneeschuhen im Winter. Durch den „böhmischen Wind“, der aus dem Norden kommt, kann das Klima an manchen Tagen durchaus rau sein. Die Bodenbeschaffenheit ist besonders in den Hochlagen karg, was die landwirtschaftliche Bodennutzung in einigen Gegenden erschwert.

In früheren Jahrhunderten erzielten viele Einwohner des Mühlviertels ihre Einkünfte durch den Anbau von Flachs und Hopfen, was sich noch heute in der hohen Dichte an Privatbrauereien zeigt. Auch die Leinenweberei war in diesen Zeiten sehr präsent. Besonders beliebt ist ein Produkt aus der Leinenerzeugung, das sogenannte Leinöl (Leinsamenöl), das heute eine wahre Renaissance erlebt. Dieses Öl wird aus dem reifen Samen des Flachs gewonnen und ist wegen seiner mehrfach ungesättigten Fettsäuren sehr gesund.

Ruhe und Erholung finden

Das Mühlviertel ist ein relativ naturbelassenes Land, so dass Pilger und Wanderer hier wirklich Ruhe und Erholung finden können. In den vergangenen Jahren sind viele neue Pilgerwege entstanden, wie der Johannesweg, der Donausteig oder der Granitpilgerweg. Mit dem Nordwaldkammweg durchquert auch der älteste Weitwanderweg Österreichs das Mühlviertel. Dieser klassische Wanderweg verläuft entlang der transkontinentalen Wasserscheide durch den Böhmerwald, vom Dreisesselberg in Bayern bis zum Mandelstein in Niederösterreich. Der Nordwaldkammweg kann heute in drei Varianten erwandert werden, wobei eine davon vorwiegend auf tschechischem Gebiet verläuft. Zusammen mit neuen Wanderwegen, die die drei Varianten des Nordwaldkammwegs verbinden, sind dadurch Wandermöglichkeiten in einer Gesamtlänge von 500 Kilometern entstanden. Die Variante 3 des Wanderweges verläuft entlang des 1910 vom deutschen Böhmerwaldbund angelegten alten historischen Weges.

Durch den Böhmerwald

Hier liegt die im 13. Jahrhundert entstandene Zisterzienserabtei Vyšší Brod (Hohenfurth), ein geistliches und kulturelles Zentrum Südböhmens. Nach der politischen Wende 1989 kehrten zwei Zisterziensermönche dorthin zurück, um das klösterliche Leben wieder zu erneuern. Hohenfurth ist heute die einzige Zisterzienserabtei Europas, in der die außerordentliche Form der Heiligen Messe gefeiert wird. Entlang des Weges durch den Böhmerwald wechseln endlose Nadelwälder mit grünen Auen, Mooren und sogar einem Urwald, der sich auf tschechischem Gebiet befindet. Wenn sich von Zeit zu Zeit der dichte Wald lichtet, öffnet sich dem Wanderer ein grandioser Weitblick, der bis zur Alpenkette und weit ins Böhmische Land hineinreicht. Besonders in den Herbstmonaten kann man hier fantastische Ausblicke genießen. Adalbert Stifter, der in Oberplan an der Moldau geboren wurde, beschrieb in seiner Erzählung „Der Hochwald“ den Böhmerwald in pittoresken Bildern. Den Plöckensteinersee, der auf dem Nordwaldkammweg liegt, bezeichnet der Dichter darin als ein unheimliches Naturauge. Wer sich entscheidet, eine Variante des Nordwaldkammweges in Angriff zu nehmen, sollte sich dafür ungefähr eine Woche Zeit nehmen und eines der Nachtquartiere entlang des Weges im Voraus buchen.

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Sanfte Hügel und Granitfelsen

Das Prämonstratenserstift Schlägl und die Wallfahrtskirche Maria Trost in Berg bei Rohrbach sind empfehlenswerte Pilgerziele abseits dieses Weges. 2019 wurde im Oberen Mühlviertel der Granitpilgerweg eröffnet. Er verläuft entlang von zehn Gemeinden des Bezirkes Rohrbach auf einer Gesamtlänge von etwa 95 Kilometern. Wer den Granitpilgerweg geht, erwandert das Mühlviertel in der Breite, vom Donautal bis zu den Abhängen des Böhmerwaldes. Der Pilgerweg führt durch die sanfte Hügellandschaft des Granit- und Gneishochlandes, vorbei an Feldern, Wiesen und Wäldern. Zahlreiche Kirchen, Kapellen und Marterl säumen den Weg, wie etwa die Wallfahrtskirche Maria Pötsch bei Neufelden. Je nach Sportlichkeit kann man diesen neuen Wanderweg in drei bis vier Tagesetappen gehen.

Auf dem Donausteig

Granit und Wasser sind die bestimmenden Elemente auf dem Weg. Nicht weit entfernt vom Ausgangspunkt des Granitpilgerweges befindet sich der Donausteig, der 2010 in einer grenzüberschreitenden Initiative als österreichisch-bayerischer Weitwanderweg errichtet wurde. Ausgangspunkt ist die Dreiflüssestadt Passau. Der Weg führt entlang der beiden Donauufer in 23 Etappen durch fünf bayerische und 40 österreichische Gemeinden. Auf dem Donausteig liegt auch die oberösterreichische Landeshauptstadt Linz mit der bekannten Basilika auf dem Pöstlingberg. Die Mühlviertler Variante des Weges führt oftmals über steile Anstiege, vorbei an alten Burgen und Schlössern, ins granitene Hinterland. Zahlreiche Aussichtspunkte säumen den Weg. Ein besonders schöner Aussichtspunkt bietet einen Blick auf die Schlögener Schlinge, dem größten Zwangsmäander Europas. Einige Wegabschnitte sind durchaus anspruchsvoll, was Kondition und Trittsicherheit betrifft. Wer Entspannung, frische Luft und viel Natur sucht, der ist auf dem Johannesweg gerade richtig. Dieser Weg wurde vor einigen Jahren in Form einer Lilie durch die Region Mühlviertler Alm im Bezirk Freistadt errichtet. Der Grundgedanke des Initiators, eines Linzer Arztes, war es, die Menschen aus ihrem Hamsterrad heraus hinein in die Natur zu holen. Dieser 84 Kilometer lange Rundwanderweg ist je nach Kondition in drei bis vier Tagesetappen zu meistern.

Burgen und Schlösser am Johannesweg

In den vergangenen Jahren hat sich der Johannesweg zu einem beliebten Pilger- und Urlaubsziel für Gäste aus dem In- und Ausland entwickelt. Es kann durchaus vorkommen, dass an manchen Wochenenden im Frühling oder Herbst die Gasthäuser und Herbergen schon voll belegt sind. Wer keine Lust verspürt, einen der bekannten Pilgerwege zu gehen, der kann sich auch auf den Weg machen, um alte Burgen und Schlösser, von denen es hier viele gibt, zu entdecken. An einigen landschaftlich reizvollen Abschnitten bieten sich auch Schifffahrten auf der Donau an, die man von Linz aus unternehmen kann. Auch abseits der bekannten Wanderwege lassen sich im Mühlviertel manche scheinbar verborgene Plätze entdecken, die eine herbe Schönheit und Ruhe ausstrahlen. Das Mühlviertel ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert und hat mit dem Skigebiet Hochficht auch für Wintertouristen einiges zu bieten. Im Mühlviertel wird vor allem der sanfte Tourismus gelebt, der heute hier eine Wiedererstehung feiert. Manche Gäste, die dieses kleine Land entdeckt haben, kommen auch nach Jahren gerne hierher zurück.

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