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Gemeinsamkeiten von „Star Wars“ und der Bibel

Simone Paganini ist Gemeinsamkeiten von „Star Wars“ und der Bibel auf den Grund gegangen.
Bibelwissenschaftler Simone Paganini
Foto: Gerd Felder | Begeistert von der Kultserie „Star Wars“ und der Bibel: Bibelwissenschaftler Simone Paganini von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.

Star Wars“ begleitet ihn bereits sein ganzes Leben hindurch. Eine der ersten Erinnerungen von Simone Paganini reicht bis in das Jahr 1977 zurück, als er mit fünf Jahren ein Modell des Millenium Falken – also des Raumschiffs, das Han Solo durchs All steuerte – geschenkt bekam. Noch heute sammelt er gern „seine Spielzeuge“ der berühmten Kultfilm-Reihe. Da lag es immer schon nahe, irgendwann einmal ein Buch über das ungewöhnliche Thema zu schreiben. Jetzt hat der Professor für Biblische Theologie an der RWTH Aachen zusammen mit seiner Frau Claudia, ihres Zeichens Medienethikerin an der Hochschule für Philosophie in München, diese Idee in die Tat umgesetzt und die Gemeinsamkeiten von „Star Wars“ und der Bibel untersucht. (Im Namen des Vaters und des Sohnes und der Macht, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2022, 14 Euro)

Wissenschaftlich sauber bleiben

„Wissenschaft muss verständlich und nicht kompliziert sein“, hebt Simone Paganini hervor. „Die Universität hat neben Forschung und Lehre noch eine dritte Aufgabe zu erfüllen, nämlich ihre Ergebnisse nach draußen zu tragen.“ Deshalb können sich Professorinnen auch mit populären oder gar banalen Themen beschäftigen, müssen aber zugleich bei ihrer wissenschaftlich sauberen Methode bleiben. Der 49-jährige, der unter anderem auch wissenschaftliche Lexikonartikel über einzelne Wörter in der Heiligen Schrift verfasst, will Menschen, die kein Hebräisch oder Altgriechisch können und eigentlich kein Interesse an Bibel, Kirche oder Religion haben, den Reichtum der biblischen Texte vermitteln. „Trotz des Bedeutungsverlusts der Kirche bleibt die Bibel immer noch und umso stärker ein Buch, das unser Denken massiv beeinflusst und den Menschen viel zu sagen hat“, erklärt Paganini voller Überzeugung. „Sie ist ein Werk von Weltformat. Das gilt auf ganz andere Weise auch für ,Star Wars‘.“

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Schon der Entstehungsprozess hat für Paganini Parallelen: Die Heilige Schrift ist über viele hunderte von Jahren hinweg entstanden und enthält viele Widersprüche und Fehler. Ähnlich, wenn auch in viel kürzeren Zeiträumen, verhält es sich mit dem „Star Wars“-Universum: „Die Geschichte entwickelt sich in diesem Zeitraum stark, und es gibt Ungereimtheiten und Fehler, die bei den Fans heiße Diskussionen auslösen“, urteilt Paganini. Aber auch inhaltlich sieht der Exeget deutliche Parallelen: Die „Star-Wars“-Hauptfigur Anakin Skywalker gilt wie Jesus als Auserwählter und wird als Kind einer jungfräulichen (!) Mutter auf einem Planeten am Rande des Imperiums geboren, „ähnlich wie Jesus in der kleinen Stadt Betlehem am Rande des römischen Reichs geboren wird“, weist Paganini auf eine Parallele hin. „Es ist allerdings alles andere als leicht, Auserwählte zu erkennen.“

Der Erlöser Skywalker

Doch gibt es bei allen Gemeinsamkeiten nicht auch einen großen Unterschied zwischen „Star Wars“ und der Bibel, nämlich die Rolle des Leids? Nicht, wenn man Simone Paganini folgen darf. Anakin Skywalker nämlich, der als Erlöser geboren wurde und inzwischen zum Bösewicht Darth Vader geworden ist, entscheidet sich am Ende, dass er sterben will, damit sein Sohn leben kann. Er tötet den Bösen und stirbt, opfert sich also selbst. Ähnliches passiert auch bei Obi Wan Kenobi und auch bleibt in der Episode acht die Vizeadmiral Holdo allein auf ihrem Schiff zurück und lässt sich töten, damit die anderen gerettet werden können.

„Stellvertretendes Leid für andere, Rettung dadurch, dass sich ein Einzelner opfert, ist also nicht nur biblisch, sondern kommt auch in ,Star Wars vor‘“, stellt der lebhafte, quirlige Paganini fest. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese vielen Gemeinsamkeiten rein zufällig sind. Dahinter steckt eine Absicht.“ Natürlich lasse sich nicht alles eins zu eins vergleichen und gebe es auch große Unterschiede zwischen dem Weltraum-Epos und der Heiligen Schrift, stellt der Exeget klar. Das Setting sei völlig anders, denn in der Bibel spielten Außerirdische keine Rolle. Wie George Lucas, der Regisseur und Schöpfer der ersten Episoden, betrachtet er „Star Wars“ nicht als religiösen Film, sondern als einen Film, der Themen der Religion aufgreift und sie so für die Öffentlichkeit zu destillieren versucht, dass sie ihr zugänglich sind. Zu diesen religiösen Themen, die Parallelen zur Bibel aufweisen, gehört der Kampf Gut gegen Böse, Licht gegen Finsternis. In diesem Kampf setzen in „Star Wars“ Jedis und Sith die berühmten, oft beschriebenen Lichtschwerter ein, die im übertragenen Sinn von den Tempelrittern des Mittelalters benutzt wurden, in der Bibel selbst aber nicht vorkommen. Allerdings gibt es bei Paulus im Römerbrief (Römer 13, 12) eine vielsagende Formulierung, die sich auf den Kampf des Glaubens bezieht: „Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ „Mit diesen Worten haben die Templer ihre Schwerter geweiht“, erläutert Paganini.

Die Kinder des Lichts siegen

Parallelen zwischen „Star Wars“ und der Bibel gibt es auch, was das Ende des großen Kampfes angeht: In beiden Fällen scheint das Böse unendlich viel stärker als das Gute, und doch lautet die Grundbotschaft: Am Ende wird das Gute, die Kinder des Lichtes siegen. Am Beginn und am endzeitlichen Ende der Menschheitsgeschichte steht bei „Star Wars“ ein umfassender Heilszustand, wie Obi-Wan Kenobi kurz vor seinem Tod Darth Vader zu verstehen gibt. „Beim Zuhörer sollen nicht die Schrecken von galaktischen Kriegen oder Katastrophen, sondern ganz im Gegenteil die Hoffnung in einer verletzten Welt wachgerufen werden“, betont Paganini. „Im Bewusstsein darum, dass die Macht – oder Gott für die biblischen Narrative – in der Vergangenheit Großes geleistet hat, darf man trotz aller Wirren und Gefahren im Jetzt darauf hoffen, dass sich Vergleichbares auch in der Gegenwart und Zukunft ereignen wird.“ Aus der Krise geht Erkenntnis hervor, und aus der Erkenntnis entsteht Heil: Mit diesem Leitsatz lässt sich, wie Simone und Claudia Paganini in ihrem Buch herausgearbeitet haben, sowohl die Grundbedeutung der apokalyptischen Schriften der Bibel wie der Erzählbogen der drei „Star Wars“-Trilogien beschreiben. Chaos, Leid und Untergang sind nur ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlösung.

Bedeutende Frauengestalten

Und noch eine Parallele gibt es: Im Verlauf von drei Generationen kommt es in der „Stars-Wars“-Familie der Skywalker nach etlichen Zerwürfnissen doch noch zur Versöhnung, was genau den Erzelterngeschichten rund um Abraham, Isaak, Jakob und Esau und ihren Frauen (!) entspricht. Apropos Frauen: Wie ist es um dieses Thema in der Bibel und bei „Star Wars“ bestellt? „Bei beiden handelt es sich zunächst um Männer-zentrierte Welten“, erklärt Paganini. „Aber es gibt Frauen, die in entscheidenden Momenten eine große Rolle spielen, etwa so starke Frauen wie Judith, Esther oder Debora in der hebräischen Bibel.“

Prinzessin Leia sei auch eine starke Frau, und in den neueren Episoden von „Star Wars“ spiegele sich die Entwicklung der Rolle von Frauen in den westlichen Gesellschaften. Rey wird sogar zu einer neuen Auserwählten stilisiert. Claudia und Simone Paganini greifen nicht nur naheliegende Anspielungen auf die Bibel auf, sondern gehen in die Tiefe und wollen mit ihrem neuen Buch dazu anregen, über Gott und die Welt nachzudenken. Ihr nächstes Buch-Projekt steht auch schon fest: Nach populärwissenschaftlichen Werken über Fake News und Sex in der Bibel soll es dann um Tiere in der Heiligen Schrift gehen.

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