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Bätzing: „Die Welt ist in Unordnung“

Die DBK stellt ihr neues Friedenswort vor. Bischof Bätzing betont: Der Einsatz militärischer Gewalt könne als „ultima ratio“ möglich sein.
Das neue Friedenswort soll zum Nachdenken über die Probleme der Weltpolitik anregen, so Bätzing.
Foto: Sascha Steinbach (EPA Pool) | Das neue Friedenswort soll zum Nachdenken über die Probleme der Weltpolitik anregen, so Bätzing.

Bei einer Pressekonferenz der aktuell stattfindenden Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Augsburg haben der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, sowie der Augsburger Bischof Bertram Meier als Vorsitzender der Weltkirche-Kommission, unterstützt vom Münsteraner Theologen und Friedensforscher Heinz-Günther Stobbe, das Friedenswort „Friede diesem Haus“ vorgestellt. „Gewaltfreiheit und Feindesliebe sind Wesensmerkmale des Evangeliums“, so Bätzing. Diese Impulse müssten aber in jeder Zeit theologisch und ethisch neu bedacht werden, um nicht in schlechter Weise „abstrakt“ und lebensfremd zu erscheinen. 

Das neue Friedenswort analysiere, so Bätzing, die Entwicklungen der zurückliegenden Jahre, die in eine radikale Krise der internationalen Beziehungen gemündet seien. „Die Welt ist in Unordnung“, so Bätzing. Er verwies darauf, dass Systeme der internationalen Kooperation wie die Vereinten Nationen und die NATO infrage gestellt würden. Kritisch äußerte sich der Bischof auch zu den Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten DonaldTrump, der eine solche Infragestellung auch „angezettelt“ habe. Das bringe eine Schwächung von Sicherheitsgarantien mit sich. 

Friede ist nur so stark, wie die Menschen, die ihn leben

Bätzing betonte, dass „Friede diesem Haus“ kein Lehrtext, sondern ein Diskussionsbeitrag sei, der zum Nachdenken über die Antworten der Kirche auf diese Probleme anregen solle. Mit „neuer Dringlichkeit“ sei deshalb die Frage nach der Legitimität des Einsatzes militärischer Gewalt auf die Tagesordnung gesetzt worden. Das Grundkonzept der Bischöfe bleibe der „gerechte Friede“: „Ein Friede also, der nicht primär in Kategorien des Militärischen gedacht ist, sondern auf gerechten Beziehungen beruht“, so Bätzing. 

Gleichzeitig bestätigte der DBK-Vorsitzende, dass der Einsatz militärischer Gewalt als „ultima ratio“ möglich oder geboten sein könne. „Wir sind nicht blauäugig“, so Bätzing. Das gelte, wenn Staaten oder Bevölkerungsgruppen „auf schwerwiegendste Weise“ mit Gewaltmaßnahmen konfrontiert werden. Das Friedenswort setze sich mit dieser Spannung auseinander.

Das Friedenswort lege inhaltlich besonderen Schwerpunkt auf strukturelle Rahmenbedingungen und individuelle Tugenden, so Augsburgs Bischof Bertram Meier. „Dieses Zueinander ist bisher zu wenig beachtet worden“, betonte Meier. „Auch wenn es für manche altbacken klingen mag, über Tugenden und Laster zu reden: Jede Friedensordnung ist nur so stark wie die Menschen, die eine solche Ordnung leben und vertreten“, so Meier. Verantwortung lasse sich nicht allein an Strukturen, Institutionen und Prozesse abgeben. 

 Der Theologe und Friedensforscher Heinz-Günther Stobbe betonte indes: „Die Lehre vom gerechten Krieg kann aus verschiedenen Gründen nicht mehr aufrechterhalten werden“. Die Bischöfe hätten sich schon mit dem Friedenswort von 1983, „Gerechtigkeit schafft Frieden“, von dieser Lehre abgegrenzt. Wichtig und unverzichtbar blieben dennoch die Beurteilungskriterien für die Legitimität militärischer Gewaltanwendung, so Stobbe, der auch Moderator des Arbeitskreises Justitia et Pax ist. 

Israel: Es stellt sich die Frage nach Verhältnismäßigkeit

So wachse zum Beispiel auch unter den Freunden und Unterstützern Israels die Kritik an der Art und Weise, in der das Land sein Recht zur Selbstverteidigung wahrnehme. „Es stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit“, so Stubbe. In Bezug auf die Ukraine betont Stubbe, dass die Argumentation der Bischöfe den Gedanken an die Kapitulation „gewiss nicht“ nahelege, wohl aber die Pflicht, eine Verhandlungslösung anzustreben.

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Laut Bätzing sei bei aller Gewaltanwendung als „ultima ratio“ in bestimmten Situationen die atomare Aufrüstung eine rote Linie. „Atomwaffen können von der christlichen Ethik her nicht begründet werden“, so der Bischof. Auch Stubbe zeigt sich angesichts der aktuellen Diskussion kritisch gegenüber einer atomaren Aufrüstung Deutschlands. Laut ihm müsse sich Deutschland an die Selbstverpflichtung durch Verträge zur Atomsperre halten. Langfristig müsse die Welt eine atomare Abrüstung anstreben, so Stubbe. Gleichzeitig sei er froh, dass es die atomare Abschreckung gibt, „weil ich nicht weiß, was im Kopf des russischen Präsidenten vor sich geht“.

Das Friedenswort „Friede diesem Haus“ beschäftigt sich mit theologisch-systematischen und ethischen Grundlagen der bischöflichen Friedensethik und liefert eine Analyse der aktuellen Weltlage. Dabei legt es drei Themenbereiche dar, die nach Meinung der Bischöfe einer Bearbeitung bedürfen: Gewalt und Gewaltmittel in unserer Zeit, die Schwächung internationaler Organisationen und des Völkerrechts, und die Bedeutung von Kultur und Identitäten in Gewalt- und Friedensprozessen. Das Dokument sieht sich als Fortsetzung der Friedensworte von 1983 („Gerechtigkeit schafft Frieden“) und 2000 („Gerechter Friede“). DT/sdu

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