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„Partner im gemeinsamen Unternehmen, das der Friede ist“

Papst Franziskus feiert in Bogotá die erste heilige Messe auf seiner Pastoralreise durch Kolumbien vor mehr als einer Million Gläubigen. Von José García
Papst Franziskus und  Erzbischof von Bogotá, Rubén Salazar Gómez
Foto: KNA | Die Begeisterung der Gläubigen war groß bei der ersten Papstmesse seit dreißig Jahren auf kolumbianischem Boden. Links neben Papst Franziskus: Der Erzbischof von Bogotá, Rubén Salazar Gómez.

Auf seiner Pastoralreise durch Kolumbien hat Papst Franziskus am Donnerstagnachmittag in der Hauptstadt Bogotá eine erste heilige Messe gefeiert. Ehe der Heilige Vater mit dem Präsidenten Juan Manuel Santos zusammentraf, richtete Franziskus am Bolivar-Platz einen ersten Gruß an die Kolumbianer. In dieser Ansprache vor vorwiegend jungen Menschen betonte der Heilige Vater sein Engagement für den Frieden in einem Land, das zurzeit einen schwierigen Friedensprozess durchmacht: „Ich möchte nach Kolumbien als Pilger für den Frieden kommen.“ Tausende Menschen riefen zusammen mit dem Papst: „Gott liebt uns mit dem Herzen eines Vaters.“ Auf das protokollarische Treffen folgte eine Zusammenkunft mit den Bischöfen des Landes sowie mit dem Leitungsgremium des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM. Zu den Menschen, die sich vor dem Präsidentenpalast versammelt hatten, sagte Franziskus: „Das Bestreben, die Einheit der Nation aufzubauen, soll uns jeder Versuchung der Rache sowie jedem Streben nach eigenen und kurzfristigen Interessen widerstehen lassen. Je schwerer der Weg ist, der zum Frieden und zur Versöhnung führt, umso größer sollen die Bemühungen sein, den anderen anzuerkennen, die Wunden zu heilen, Brücken zu bauen und uns gegenseitig zu helfen.“

Vor etwa 1, 3 Millionen konzentriert betender Gläubigen begann um 16.30 Uhr Ortszeit (23.30 Uhr MEZ) die Eucharistiefeier im Park „Simón Bolívar“, wo bereits Paul VI. (1968) und Johannes Paul II. (1986) die heilige Messe gefeiert hatten. Sie wurde nicht nur von einem großen Chor, sondern auch vom Symphonie-Orchester Bogotá musikalisch gestaltet. Nach dem starken Regen in den vorhergehenden Stunden, unter dem die Menschenmasse ausgeharrt hatte, empfing den Papst ein wunderschöner Regenbogen. Der Heilige Vater trug einen Hirtenstab aus Kaffeeholz, den ihm der Verband der traditionell katholischen kolumbianischen Kaffeebauern FNC geschenkt hatte.

In der Predigt ging Franziskus auf die „Finsternis“ ein, die heute „das Leben bedroht und zerstört“. Dazu zählte er die „Finsternis der Ungerechtigkeit und der sozialen Ungleichheit, die korrumpierende Finsternis der persönlichen oder Gruppeninteressen, die in egoistischer Manier das verbrauchen, was für das Gemeinwohl bestimmt ist, die Finsternis der Respektlosigkeit gegenüber dem Leben“. Über die Achtung vor dem Leben sprach der Papst mit besonders starker Stimme: „In Kolumbien und in Bogotá pilgert eine unzählige Gemeinschaft von Menschen, die dazu berufen ist, ein kräftiges Netz zu werden. In diesem Netz sollen sie zusammenarbeiten, um das menschliche Leben zu schützen, vor allem wenn es besonders schwach und verletzlich ist: im Mutterschoß, in der Kindheit, im Alter, unter den Bedingungen einer Behinderung oder in der sozialen Ausgrenzung.“ Die Achtung vor dem Leben in allen seinen Abschnitten wurde immer wieder zum Thema der Predigt bei der ersten Heiligen Messe, die Papst Franziskus auf seiner Pastoralreise durch Kolumbien feierte. So sagte er weiter: „Auch viele Menschen, die in Kolumbien und in Bogotá leben, können wahre lebendige, gerechte und brüderliche Gemeinden werden, wenn sie auf das Wort Gottes hören und es aufnehmen. Aus diesen von Evangelium beseelten Menschenmengen werden viele Frauen und Männer hervorgehen, die als Jünger mit einem wahrhaft freien Herzen Jesus folgen. Frauen und Männer, die fähig sind, das Leben in all seinen Abschnitten zu lieben, es achten und es fördern.“

Der Aufruf des Papstes zur Achtung vor dem Leben war untrennbar verbunden mit einer Mahnung an die Kolumbianer, den Frieden aufzubauen. Franziskus rief die Menschen auf, „Partner im gemeinsamen Unternehmen“ zu werden, „das der Friede ist“. Weiter führte der Heilige Vater aus: „Ihr lebt in einem Land unvorstellbarer Fruchtbarkeit, das alle ernähren könnte.“ Die Teilungen und der Kampf um persönliche Interessen bedrohten jedoch dieses „Meer der Möglichkeiten“. Nach langen Jahren der Gewalt und der Zerrissenheit sollen die Menschen in Kolumbien „Erbauer des Friedens“ werden.

Als die heilige Messe mit dem päpstlichen Segen endete, dämmerte es bereits. Der Heilige Vater wirkte zwar nach dem langen Flug am Vortag und den Strapazen seines ersten, sehr langen Tages in Kolumbien müde, aber er sprach die Segensformel mit kräftiger Stimme. Der Erzbischof von Bogotá, Rubén Kardinal Salazar Gómez, ging in seinen Dankesworten an den Papst auf die „Angriffe des Todes, unter denen Kolumbien in mancherlei Hinsicht leidet“, ein. Kardinal Salazar sprach die Ungerechtigkeit und die Gewalt an, die Millionen Opfer verursacht haben, die „den Zugang von Millionen Kolumbianern zu den grundlegenden Menschenrechten verhindern“. Aber der Erzbischof von Bogotá und Vorsitzender des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM versprach dem Heiligen Vater: „Wir werden weiter dafür kämpfen, dass Gerechtigkeit und Friede eingepflanzt werden.“

Ein riesiger Vollmond rahmte das Papamobil ein, in dem Papst Franziskus zur Nuntiatur fuhr, und warf sein gelbliches Licht auf die Tausenden, die den Weg säumten. Der Mond wetteiferte mit dem Regenbogen vor Beginn der heilige Messe, um den Heiligen Vater einen auch visuell ansprechenden Empfang an seinem ersten Tag in Kolumbien zu bereiten.

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