Abschließende Überlegungen

Ich habe für diesen Vortrag fünf ausgewählte Felder der Pastoral benannt, in denen eine Seelsorge mit Familien präsent und wünschenswert ist.

Ich möchte abschließend meinen Blick auf die Priester richten, die sich in der Seelsorge mit Ehepaaren und Familien engagieren und die dort eine wichtige Rolle spielen.

Zuweilen wird behauptet, zölibatäre Priester könnten eigentlich nichts beitragen zu einer Ehe- und Familienpastoral, weil sie das, wovon sie da sprechen, ja selbst nicht leben und keine Erfahrungen mitbringen. Stimmt das wirklich? Zunächst stammen auch Priester aus einer Familie, haben Geschwister und kennen wenigstens das eheliche Leben ihrer Eltern und manchmal der Großeltern. Das ist keine unwesentliche Erfahrung für ihr Leben. Außerdem kann die Seelsorge mit Familien auch ihre zölibatäre Berufung bereichern und vertiefen. Priester sind gerade in diesem Bereich der Pastoral nicht immer die Gebenden, sondern oft auch die Empfangenden. Es ist aus meiner Sicht wünschenswert, dass in der Seelsorge mit Familien neu entdeckt wird, dass beide Berufungen – die zum ehelichen und die zum zölibatären Leben – sich gegenseitig bereichern und bestärken können.

Mit Recht hat der frühere Spiritual von Münster Johannes Bours († 1988) einmal geschrieben: „So sind christliche Ehe und christliche Ehelosigkeit wie zwei Brennpunkte einer Ellipse. Sie stellen das Geheimnis des Bundes (sc. Christi mit seiner Kirche) in verschiedener Weise dar – und verhüllen es zugleich […] Zölibat und Ehe sind daher wie zwei Momente ein und derselben Bewegung, in der die Liebe zu Gott und die Liebe unter Menschen eine Einheit bilden. Beide sind die einander bedingenden Teile dessen, was die Kirche selbst als ganze ist – oder doch sein sollte.“11 Wir wissen, dass es heute einer neuen Wertschätzung beider Berufungen dringend bedarf und dass die Kirche (das zeigen uns manche Debatten auf dem synodalen Weg in Deutschland) wieder lernen muss, diesen kostbaren Schatz nicht zu verschleudern, sondern ihn zuversichtlich in ihrer Verkündigung und Pastoral anzubieten.

Seelsorge mit Familien – ein spannendes und lohnendes Feld, das uns deutlich vor Augen führt, dass Ehepastoral letztlich mystagogische Glaubenspastoral ist, an der die Eheleute und die Familien selbst aktiv beteiligt sind. Deutlich geworden ist uns dabei die „Notwendigkeit einer Evangelisierung,“12 die diesen Bereich zu einem Paradigma seelsorglichen Handelns der Kirche macht.

Ein Desiderat in dieser Pastoral sei zum Schluss mit dem folgenden Zitat noch einmal benannt und unterstrichen: „Weithin ist in den Pfarrgemeinden das diesbezügliche Potential von vielen Ehepaaren, die in ihrer Ehe und Familie die Nachfolge Christi leben, noch nicht abgerufen. Gerade diese Ehepaare könnten zeigen und weitergeben, was es heißt, in guten und in bösen Tagen aus der Treue Gottes zu leben, die uns in Jesus Christus versprochen ist“ (vgl. 2 Kor 1,18-20).13

11 Johannes Bours/Franz Kamphaus, Leidenschaft für Gott, Freiburg 1981, 38 ff. 12 Franziskus, Amoris laetitia, 201 13 Hubert Windisch, In guten und in bösen Tagen – Herausforderungen zur Erneuerung der Ehepastoral, in: G. Augustin/Ingo Proft, Ehe und Familie – Wege zum Gelingen aus katholischer Perspektive, Freiburg 2014, 284.