Prälat Markus Graulich

Schöpfungsordnung und natürliche Familie

Über Familie zu sprechen und über das nachzudenken, was und wie Familie ist, wird zunehmend schwieriger. In einer Zeit, in der schon der Begriff von „Familie“ in Frage gestellt oder bis zur Unkenntlichkeit erweitert wird, ist es daher um so wichtiger, die Grundlagen klar zu benennen. Auch und gerade aus einer Perspektive des Glaubens, wie sie in der Lehre der Kirche über Ehe und Familie beschrieben wird. Gegenüber der Rede von der Regenbogenfamilie, der Patchwork Familie und der Familie für alle braucht es eine klare Orientierung, welche die vier Aufgaben der Familie in den Blick nimmt, die der Papst der Familie, der hl. Johannes Paul II. einmal so zusammengefasst hat:1 Als Gemeinschaft des Lebens und der Liebe sind die Aufgabender Familie

1) die Bildung einer Gemeinschaft von Personen,

2) der Dienst am Leben,

3) die Teilnahme an der Entwicklungder Gesellschaft,

4) die Teilnahme an Leben und Sendungder Kirche.

Im Plan Gottes, des Schöpfers und Erlösers, findet die Familie nicht nur ihre „Identität“, das, was sie „ist“, sondern auch ihre „Sendung“, das, was sie „tun“ kann und muss. Die Aufgaben, zu deren Erfüllung in der Geschichte die Familie von Gott berufen ist, ergeben sich aus ihrem eigenen Wesen und stellen dessen … Entfaltung dar. Jede Familie entdeckt und findet in sich selbst den unüberhörbaren Appell, der gleichzeitig ihre Würde und ihre Verantwortung angibt: Familie, „werde“, was du „bist“!

Als Gemeinschaft, die der Gesellschaft vorausgeht und daher ihre Keimzelle ist; als Kirche im Kleinen, in der jeder Mensch den Anfang des Glaubens lernen sollte, bedarf die Familie nicht nur der besonderen Wertschätzung, sondern auch des besonderen Schutzes.

Es ist Aufgabe der Kirche, unter den Familien das Bewusstsein von der unersetzlichen Rolle und Stellung der Familie zu stärken; die Familien dazu anzuregen, sich zur Verteidigung und Förderung ihrer Rechte zusammenzuschließen; sie zu ermutigen, ihre Aufgaben so zu erfüllen, dass die Rolle der Familien in der heutigen Welt besser gewertet und anerkannt wird. Die Rechte der Familie müssen geschützt und die Institution der Familie zum Wohl der heutigen und der zukünftigen Menschheit gestärkt werden. Als Kirche und als Einzelne dürfen wir nicht müde werden, die Überzeugung von der unersetzlichen Sendung der Familie klar kundzutun und darauf zu achten, dass Familien und Eltern die notwendige Unterstützung und Ermutigung erhalten, ihre gottgegebene Aufgabe zu erfüllen. Ich bin daher den Referentinnen und Referentendes heutigen Symposiums sehr dankbar, dass Sie der Einladung gefolgt sind, heute miteinander über „Familie“ nachzudenken und ins Gespräch zu kommen. Sie werden uns mit ihren Vorträgen einführen in den Plan Gottes über die Familie und in die notwendige Verschiedenheit von Mann und Frau, die an der Wiege jeder Familie steht. Auch die Schwierigkeiten, die jede Familie in der gesellschaftlichen Situation, besonders Europas, zu meistern hat, werden nicht verschwiegen. Ein Ausblick auf die Seelsorge mit Familien rundet die Überlegungen ab.

1 Vgl.Apostolisches Schreiben FamiliarisConsortio, 17.

Foto: Prof. Dr. Markus Graulich © Paul Badde