Rückkehr zum Kollektivdenken

Bevor ich Ihnen anhand von Deutschland mit ein paar Beispielen erzählen will, worauf so eine Politik konkret hinausläuft, lassen Sie mich noch einen weiteren, wichtigen Baustein darlegen, ohne den diese Vorhaben nicht durchsetzbar wären: Ich spreche von der Rückkehr der Kollektive nach sozialistischem Vorbild.

Die Rückkehr zum Kollektivdenken war ein entscheidender erster Schritt, um sozialistisches Gedankengut in der Breite wieder salonfähig zu machen – man muss es nur anders nennen. Zum Beispiel „moderne Familienpolitik.“

Die gesellschaftspolitische Steuerung, die das Individuum gegen das Kollektiv in Stellung bringt, wird wieder als Verheißung oder gar als moralische Verpflichtung in einer ganz neuen Menschheits-Geschichte erzählt. Das „Wir“ wird wieder beschworen. Und je mehr der Mensch von seiner Originalfamilie entfremdet wird, umso mehr braucht er ja auch ein anderes Nest, an das er sich klammern kann. Faktisch haben wir es jedoch mit einem Rückfall vor die Implementierung universaler Menschenrechte zu tun, auch wenn ständig und von immer neuen „Menschenrechten“ im gesellschaftspolitischen Diskurs die Rede ist.

Sexuelle Rechte. Kinderrechte. Frauenrechte. Reproduktive Rechte. Sie alle haben gemeinsam, was wir heute in einer überbordenden Identitätspolitik bereits zu spüren bekommen: Wir reden zwar von individueller Vielfalt, diese wird aber seltsamer Weise erst durch die Zugehörigkeit zur vermeintlich richtigen Gruppe verwirklicht. Die Gruppe der „alten weißen Männer“ ist dabei der Verlierer der Stunde. Jene mit exotischen sexuellen Präferenzen sind hingegen Gewinner des Zeitgeistes. Man muss wieder zur richtigen Gruppe gehören, um oben mitspielen zu dürfen. Manche sind eben doch gleicher unter Gleichen.

Familie als natürliches Kollektiv missachtet

Erstaunlich ist in diesem neuen Denken, dass die Familie als eigenständiges Kollektiv nicht zählt, obwohl es sich doch als natürlich gewachsene Einheit einer Großfamilie nahezu aufdrängt. Mehr noch: Ausgerechnet die kleinste soziale Einheit der Menschheit, die eigene Familie über mehrere Generationen hinweg, wird als größtes Hindernis des modernen Familien-Fortschritts definiert. Entsprechend muss sie dekonstruiert werden – ein hübscheres Wort als „zerstört.“

Familienpolitik konzentriert sich entsprechend nicht mehr auf die Förderung der Einheit der Familie, sondern indem man die einzelnen Mitglieder herausgreift oder auch gegeneinander ausspielt: Frauen gegen Männer, Kinder gegen die eigenen Eltern, die Jungen gegen die Alten. Heterosexuelle gegen Homosexuelle, Schwarze gegen Weiße.

Paradigmenwechsel bei der Abstammung

In Deutschland rühmte sich nun der neue Justizminister der Liberalen, man habe „die größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte“ für die neue Regierung zusammen mit den Grünen und den Sozialdemokraten vereinbart. Keine Frage, man plant im Zuge diverser Superlative nicht nur die ökologische Weltrettung, sondern auch nicht weniger als eine Revolution der Gesellschaft.

Faktisch hat die Regierungs-Koalition als familienpolitisches Programm rein gar nichts für die Durchschnitts-Beziehung aus Mann und Frau anzubieten, die über Kinder nachdenkt. Die einzige Initiative, um das Kinderkriegen zu unterstützen, konzentriert sich stattdessen ausgerechnet auf jene Bevölkerungsgruppen, die in ihrer Lebens- und Paarkonstellation auf natürlichem Weg niemals Kinder bekommen könnten: Singles, Lesben und Schwule. Wer sich als Frau ohne Mann nicht selbst befruchten kann, gilt als benachteiligt und bekommt wegen seines diskriminierten Zustandes eine künstliche Befruchtung bezahlt, während das schwule Paar nach legaler Gebärdienstleisterin ruft. Kinderkriegen ist also bei LGBT-Aktivisten gesellschaftlich gewollt, während die heteronormative Großfamilie mit drei konventionell selbstgezeugten Kindern unter Generalverdacht des Asozialen steht. Die politische Dekonstruktion der Familie ist also längst in vollem Gange und hatte einen langen Vorlauf. Nicht mehr durch Abstammung, sondern durch zivilrechtliche Verträge soll sich Familie in Zukunft definieren.

Eine „Arbeitsgruppe Abstammungsrecht“ hatte schon im Jahr 2017 im Auftrag des Justizministeriums in ihrem 130-Seiten-Abschlussbericht den Begriff der biologischen Abstammung als „missverständlich“ verworfen und empfahl stattdessen die „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ als Ersatzbegriff für natürliche Elternschaft. Man kann das mit Fug und Recht als Paradigmenwechsel der Menschheitsgeschichte bezeichnen, wenn Elternschaft fortan im Regelfall nicht mehr durch biologische Fakten, sondern durch wieder lösbare Verträge determiniert sein soll.

Familie wird damit restlos zum zivilrechtlichen Vertrag. Statt einer Politik für alle Familien erwartet uns das Programm „Familie für alle“ – oder gar nur „Familie auf Zeit“ kombiniert mit „Kinder für Alle“ und „Jedes Geschlecht für Alle.“ Denn wenn Familienbande sich nicht mehr über unverrückbare Blutsverwandtschaft, sondern nur über Verträge definieren, sind diese auch jederzeit wieder aufkündbar. Wenn Kinder nicht mehr in eine Familie hineingeboren, sondern nur noch „rechtlich zugeordnet“ werden, je nachdem wer oder wie viele Erwachsene ein Elternrecht an dem Kind geltend machen, verkommt auch Familie zu einer „Elternschaft auf Zeit.“