Nun hat es ganz am Rande den einen oder anderen Bischof gegeben, der zu den völlig inakzeptablen Ausfällen der obersten Repräsentantin aller organisierten katholischen Laien in Deutschland in Sachen Abtreibung klare Worte gefunden hat. Katholische Laien, etwa vier Frauen des Synodalen Wegs, haben das Absurde der Äußerungen aus der Spitze des verfassten Laienkatholizismus eindeutig kommentiert. Doch was sagen die Metropoliten? Die Vorsitzenden der entsprechenden Bischofs-Kommissionen? Fehlanzeige.
Konferenz kann Bischof nicht ersetzen
Aber ist das überhaupt wichtig? Genügte es nicht, dass der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz knapp erklärte, die Position der ZdK-Präsidentin widerspreche der Haltung eben jener Bischofskonferenz? Nein, das genügt nicht. Wäre die katholische Kirche in Deutschland eine NGO oder wären die Bischöfe in ihrer Konferenz so etwas wie die 26 Fußballverbände im DFB, dann würde es reichen, dass ein Sprecher des „Gesamtverbands“ vor die Mikrophone tritt und über Positionen Auskunft gibt.
Solange die Kirche aber eine apostolische ist, in denen die von Jesus Christus erteilte Vollmacht bis heute an die Bischöfe weitergegeben wird, kann kein Sprecher, kann keine Konferenz den Bischof ersetzen. Eindrucksvoll lehrt das Zweite Vatikanum, dass „der ewige Hirt Jesus Christus“ wollte, dass „die Bischöfe in seiner Kirche bis zur Vollendung der Weltzeit Hirten sein sollten“. Hirten aber muss man kennen, sehen, hören. Dazu gehören ein Gesicht, eine Stimme, ein Stil der Argumentation. Und wenn Verwirrung um sich greift, wie jetzt im Fall der fehlgeleiteten Laien-Repräsentantin, dann erst recht.
Verstummen der Hirten
Die Krise der genormten Konsumgesellschaft hat der italienische Schriftsteller und Regisseur Pier Paolo Pasolini einmal ins Bild des „Verschwindens der Glühwürmchen“ gefasst. Die Krise der katholischen Kirche in Deutschland – samt Kirchenaustritten und Einnahmeverlusten – kann man mit dem „Verstummen der Hirten“ umschreiben. Als der Hagel russischer Geschosse auf die Ukraine einsetzte, begann Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk seinen griechisch-katholischen Gläubigen mit einer täglichen Videobotschaft als Hirte wirklich nahe zu sein. Man kann das Liebe oder Pflichtgefühl nennen. Beides schließt sich zumindest nicht aus.
Wenn es der 85 Jahre alte Papst schafft, sich im Rollstuhl zu Treffen mit kanadischen Indigenen schieben zu lassen, wo ihm wahrlich keine kindliche Verehrung entgegengeschlagen ist, dann ist auch deutschen Hirten die Erfahrung zu wünschen, dorthin zu gehen, wo man ihnen nicht um den Hals fällt, sie aber doch irgendwie erwartet. Wie die Glühwürmchen müssten die Bischöfe Lichtpunkte in einer postchristlichen Gesellschaft sein, wo von der Wahrheit des Evangeliums bisweilen etwas aufblitzt, ohne dass gleich der große Tusch ertönt.
Dass gilt vor allem dann, wenn es – wie es in dieser Ausgabe heißt – um das „Tafelsilber“ geht. In diesem Fall um die Ungeborenen. Es ist ja völlig verwirrend, wenn sich die „oberste Laien-Katholikin“, die dazu dem Synodalen Weg vorsitzt, zur Wasserträgerin der „Kultur des Todes“ oder der „Wegwerf-Kultur“ (Papst Franziskus) macht. Die „Figur“ des Bischofs darf nicht aus der innerkirchlichen wie aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden. Dafür gehört sie in ihrer weisenden und stärkenden Funktion zu sehr zum Grundgerüst und zu den Nervenbahnen jenes geheimnisvollen Leibs, der die Kirche ist.
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