Im Sommer 2020 hatte die polnische Regierung mit der Absicht, das Mediengesetz zu ihren Gunsten zu reformieren, in In- und Ausland für Empörung gesorgt, kurz vor Weihnachten wurde die Novelle des Gesetzes durch das polnische Parlament geschleust – das böse Erwachen kam für die Nationalkonservativen rund um den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski nach dem Fest: ausgerechnet ihr mächtigster, wenn auch aufgrund des Amtes parteiloser Mann, Präsident Andrzej Duda, legte sein Veto gegen das neue Mediengesetz ein. „Ich weigere mich, die Änderung des Mediengesetzes zu unterzeichnen“, sagte der 49-Jährige in gewohnt energischer Manier. Und: dass es in Polen ohnehin schon zu viele Konflikte und Streitereien gebe. Außerdem wolle er die Medienfreiheit und den Pluralismus schützen.
Begeisterung auf Seiten der Opposition
So groß die Enttäuschung bei vielen PiS-Politikern war, so groß war die Begeisterung auf Seiten der Opposition und bei Dudas Amtsvorgängern. Aber auch aus den Vereinigten Staaten kamen lobende Worte. Wenig überraschend. Zielte die von Kaczynski anvisierte Medienreform doch vor allem darauf, den privaten, Regierungs-kritischen Fernsehsender „TVN“, der zum amerikanischen „Discovery“-Konzern gehört, stillzulegen. Weshalb die Reform in den polnischen Medien gemeinhin als „Lex TVN“ bezeichnet wird.
Mit seinem Veto dürfte Duda deshalb nicht nur als Brückenbauer in Polen fungieren wollen, sondern auch als Brückenbauer in Richtung Amerika. Was die Staatsräson angesichts der Spannungen an der Ostgrenze Polens, der Inflation und steigender Preise auch gebietet. Dass die Anhänger Kaczynskis die Gefahr einer zunehmenden Isolation Polens so leichtfertig in Kauf nehmen, schockiert. Eine Chance, das Gesetz trotz Veto zustande zubringen, besteht aber nur theoretisch. Insofern hat Duda auch gegen seinen Mentor ein Veto eingelegt.
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