Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Donald Trump war nicht immer von Harmonie geprägt. Bereits im Wahlkampf hatten sich grundlegende politische Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Oberhaupt der katholischen Kirche und dem republikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten offenbart. Dass der neue US-Botschafter beim Heiligen Stuhl keinen leichten Job antreten würde, stand somit fest. Die Aufgabe, zwischen Papst und Präsident zu vermitteln, fällt nun Callista Gingrich zu. Am Montag bestätigte der US-Senat die 51-jährige Katholikin als neue Vatikan-Botschafterin der USA. Sie ist die dritte Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten, die dieses Amt innehat.
Das Ergebnis der Senatsabstimmung über ihre Personalie fiel besser aus als zu erwarten war: 70 Senatoren stimmten für Gingrich, 23 gegen sie. Dabei hatte bereits ihre Nominierung durch Präsident Trump im Mai eine Kontroverse ausgelöst. Ihre Hauptqualifikation für das Amt der Botschafterin, so war zu hören, sei ihre Nähe zum inneren Machtzirkel des Präsidenten. Callista Gingrich ist die Ehefrau von Newt Gingrich, einem ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses und engem Trump-Vertrauten.
Eine politische Karriere war in Gingrichs Plänen eigentlich nicht vorgesehen. Geboren wurde sie am 4. März 1966. Ihre Eltern haben polnisch-schweizerische Wurzeln. 1988 schließt sie am Luther College in Decorah im Bundesstaat Iowa ihr Musikstudium ab. Anschließend zieht sie für ein Praktikum im Büro des republikanischen Abgeordneten Steve Gunderson in die Hauptstadt Washington, D.C. Aus einem kurzen Aufenthalt werden schließlich sieben Jahre Arbeit in dessen Stab. Darauf folgt eine zwölfjährige Tätigkeit im Ausschuss für Agrarwirtschaft des Repräsentantenhauses.
Die Jahre in Washington werden zu einer prägenden Zeit für Callista, die damals noch ihren Mädchennamen Bisek trägt. 1993 lernt sie Newt Gingrich kennen. Sie beginnt eine Affäre mit dem Minderheitenführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, obwohl er in zweiter Ehe verheiratet ist. Sechs Jahre dauert das Verhältnis, ehe Newt 1999 seine damalige Frau Marianne verlässt und Callista im August 2000 heiratet. Der Einfluss der überzeugten Katholikin auf ihren Ehemann ist groß. Auf ihr Drängen hin lässt Newt seine frühere Ehe 2002 von der Erzdiözese Atlanta annullieren. 2009 konvertiert der Südstaatenbaptist sogar zum katholischen Glauben.
Ihre musikalische Begabung verfolgt Callista, der nachgesagt wird, ausgesprochen ehrgeizig zu sein, trotz ihres politischen Tuns weiter. Sie ist Mitglied im Chor der Basilika des Nationalen Schreins der Unbefleckten Empfängnis in Washington. Und sie hat schon für zwei Päpste gesungen: 2005 zu Ehren Johannes Pauls II. 2008 für den emeritierten Papst Benedikt XVI. im Rahmen seiner Reise in die Vereinigten Staaten.
Gemeinsam mit ihrem Mann gründet Callista 2007 das Multimedia-Unternehmen Gingrich-Productions. Über die eigene Firma produziert das Ehepaar hauptsächlich historisch-politische Dokumentationen. In diesen wird auch die religiöse Überzeugung der neuen Vatikan-Botschafterin deutlich: Ein zweiteiliger Dokumentarfilm befasst sich mit der „Wiederentdeckung von Gott in Amerika“. In mehreren Filmen bringt sie ihre Faszination für Papst Johannes Paul II. zum Ausdruck. „Nine Days that Changed the World“ erzählt von dessen Rolle beim Zusammenbruch des Sowjetreichs. Eine weitere Dokumentation (Divine Mercy: The Canonization of John Paul II.) handelt von der Heiligsprechung des polnischen Papstes.
In weiteren Produktionen befasst sich das Ehepaar Gingrich speziell mit dem „amerikanischen Erbe“. Dazu zählt eine Dokumentation über den ehemaligen Präsidenten Ronald Reagan. Auch wenn sich die Filme mehrere hunderttausend Mal verkauft haben, gibt es auch kritische Stimmen. Michael Sean Winters, der für das einflussreiche katholische Magazin „National Catholic Register“ schreibt, hält das Amerikabild, das die Gingrichs in ihren Werken zeichnen, für äußerst schlicht: „Das Verständnis von amerikanischer Geschichte, das diese Produktionen aufweisen, als grob vereinfachend zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung.“ Ein für viele Amerikaner typisches Weltbild sei das, das im Vatikan nicht allzu gut ankommen dürfte. Er sei auch verwundert, dass eine Partei wie die Republikaner, die die Werte Ehe und Familie hochhält, eine Frau für das heikle Amt der Vatikan-Botschafterin auswählen, die sechs Jahre lang eine außereheliche Affäre hatte.
Winters ist nicht der einzige, der daran zweifelt, ob Callista Gingrich die richtige Wahl ist. Der Jesuit Gerald Fogarty, Experte für Kirchendiplomatie an der University of Virginia, bezeichnet Gingrich als „denkbar unqualifizierteste“ Vatikan-Botschafterin in der US-Geschichte. In Anbetracht des angespannten Verhältnisses zwischen dem Weißen Haus und dem Heiligen Stuhl zeigte er sich schockiert, „dass sie nicht jemanden finden konnten, der den Weg ein bisschen mehr ebnen könnte, um die Wogen zu glätten“. Und auch der Politologe Stephen Schneck, der an der Catholic University of America in Washington lehrt, attestiert Gingrich nur geringe internationale und vatikanische Erfahrung.
Ein Vorteil, so Schneck, könne jedoch die exzellente Vernetzung sein, die Callista dank ihres Ehemanns aufweist. Dieser Ansicht ist auch der Kongressabgeordnete Francis Rooney, der unter dem ehemaligen Präsidenten George W. Bush US-Botschafter beim Heiligen Stuhl war. „Der Vatikanbotschafter muss keine geschäftlichen oder konsularischen Dinge regeln. Um mächtig und einflussreich zu sein, braucht es eine enge Beziehung zum Weißen Haus.“
Callista Gingrichs Aufgabe wird es nun sein, die Gräben zu überbrücken, die sich zwischen Papst Franziskus und Präsident Trump aufgetan haben. Insbesondere was Klima-, Finanz- und Einwanderungspolitik betrifft, liegen die Ansichten weit auseinander. Ein gemeinsamer Nenner dürfte sich dagegen bei Themen wie Lebensschutz, Religionsfreiheit oder Christenverfolgung finden lassen. Darüber hatten Trump und Franziskus während ihres Treffens im Mai diskutiert.
Dass sie diplomatische Töne anschlagen kann, bewies Gingrich bereits während ihrer Senatsanhörung im Juli. Die Differenzen zwischen dem Vatikan und dem Weißen Haus versuchte sie kleinzureden. Der Papst und der Präsident seien beide um die Umwelt besorgt, erklärte sie. Und auch in Sachen Einwanderung lasse sich eine Lösung finden: „In unserem Land fühlen wir uns sehr dazu verpflichtet, auf Frieden und Stabilität hinzuarbeiten, so dass die Menschen gar nicht erst zu Flüchtlingen werden müssen.“