Die Ukraine hat am Montag neuerlich 21 Repräsentanten der russischen Orthodoxie mit Sanktionen belegt. Das ist nicht unbegründet, denn das Moskauer Patriarchat spielt im Kolonialkrieg Putins gegen die Ukraine eine ideologische und propagandistische Schlüsselrolle. Nicht unbegründet sind auch politische Überlegungen in der Ukraine, die Außenstelle der russischen Orthodoxie im Land zu verbieten: Der Status der „Ukrainisch Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats“ ist recht unklar, ihre Loyalität zur ukrainischen Selbstverteidigung vielfach auch.
Schewtschuk gegen Verbot der von Moskau abhängenden Orthodoxie
Dennoch hat sich der ranghöchste Katholik in der Ukraine, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, klar gegen ein Verbot der von Moskau abhängenden Orthodoxie ausgesprochen. Mit klugen Argumenten: Erstens würde ein staatliches Verbot dieser Kirche nicht das Ende ihrer Existenz bedeuten. Zweitens würde ihr ein Verbot „die Märtyrerpalme in die Hand geben“. Und drittens ist es nicht am Staat, über den Glauben und die religiöse Praxis seiner Bürger zu entscheiden. Das Oberhaupt der mit Rom unierten Katholiken des byzantinischen Ritus weiß, wovon er spricht: In der Sowjetunion war seine eigene Kirche von 1946 bis 1989 verboten und blutig verfolgt. Sie überlebte im Untergrund und im Exil – vor allem aber in den Herzen von Millionen Ukrainern.
Gegen die gesetzliche Reglementierung des Glaubens und alles Staatskirchentum haben die griechisch-katholischen Ukrainer daher mit Recht eine Allergie. Mag Putin eine zaristische Religionspolitik betreiben und sich in Russland eine ergebene Staatskirche halten: Die Ukraine sollte sich an der Religionsfreiheit abendländischer Tradition orientieren. Ein Verbot der gesamten Kirche ist damit nicht vereinbar. Konkrete Verbrechen von Kirchenvertretern – etwa Fälle von Kollaboration mit der russischen Besatzungsmacht – müssen jedoch strafrechtlich geahndet werden.
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