Gewiss, ein Eintrag im Geschichtsbuch ist Gerhard Schröder sicher. Doch wird der ganz anders aussehen, als es sich der Altkanzler wünschen dürfte. Natürlich hat Schröder Verdienste: Mit seiner Agenda 2010 hat er den deutschen Sozialstaat reformiert, von den Folgen profitieren wir heute noch. Aber diese historische Leistung wird künftig von seinem halsstarrigen Festhalten an seinem Freund Wladimir Putin, dem für ihn „lupenreinen Demokraten“, überlagert werden. Hier könnte man noch sagen: Der Mann wird wohl wissen, was er tut. Schade um ihn, aber wenn jemand unbedingt seinen Ruf ruinieren will, dann soll er es doch tun. Aber als ehemaliger Bundeskanzler agiert Schröder nicht im luftleeren Raum. Auch außer Dienst wird er als Repräsentant Deutschlands wahrgenommen. Deswegen bekommt er ja auch vom deutschen Staat lebenslang Mitarbeiter und Büro finanziert.
Kein Umdenken in Sicht
Nun haben ihm seine eigenen Mitarbeiter in seinem Altkanzlerbüro vorgemacht, dass sie mehr Anstand besitzen als ihr Chef, und ihren Dienst bei ihm quittiert. Doch es scheint nicht so, dass das zu einem Umdenken bei Schröder geführt hat.
„Acker“, so wie der Bundeskanzler einst von seinen Fußballkameraden genannt wurde, war noch nie der Typ, der sich bei Gegenwind einfach vom Platz drückt. Aber jetzt geht es hier nicht mehr um das persönliche Ego des Gerhard S., es wird die Würde des Amtes infrage gestellt, das Schröder einmal ausgeübt hat.
Die Uneinsichtigkeit Schröders ist nicht zu verstehen, da er doch aus eigenem Erleben weiß, welche grausamen Folgen ein Krieg hat. Er wuchs als Kriegswaise bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, sein Vater fiel in Russland. Wo ist hier das Mitgefühl für die Menschen in der Ukraine?
Wenn Schröder nicht bald einlenkt, wird von ihm vor allem eines in Erinnerung bleiben: eine lupenreine Peinlichkeit, die er seinem Land beschert hat.
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