Nach der Bundesvorsitzenden der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), Cornelia Kaminski, haben sich weitere führende Lebensrechtler in der Debatte um die „Handreichung zur Lösung von Konfliktfällen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Arztpraxen und Kliniken“ des hessischen Innenministeriums zu Wort gemeldet.
Viele Frauen ohne umfassende Information in Scheinberatungsstellen
So erklärte die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), Alexandra Linder, der BVL lehne „aggressive, belästigende und diffamierende Verhaltensweisen“ von Demonstranten vor Beratungsstellen, Arztpraxen und Kliniken ab. Davon zu unterscheiden seien jedoch „eine seriöse und respektvolle Beratungs-Ansprache von Frauen im Schwangerschaftskonflikt“. Nicht wenige Frauen nähmen „diese dankbar an und führen gerne ein Gespräch“. Im Gespräch mit diesen Frauen erführen Lebensrechtler häufig, dass viele von ihnen in den Scheinberatungsstellen keine umfassenden Informationen und Hilfsangebote erhielten. Da jede angesprochene Frau ein solches Gespräch auch ablehnen könne, entstehe „weder eine Belästigung noch eine Bedrängung“, so Linder.
In einer Mitteilung des Verbandes, unter dessen Dach sich 13 deutsche Lebensrechtsorganisationen versammelt haben, ging Linder auch auf den Erlass selbst ein: „In der Einleitung der Handreichung weist das hessische Innenministerium auf die Verantwortung des Staates für die ordnungsgemäße Durchführung des Beratungskonzepts bei der Schwangerschaftskonfliktberatung hin. Um der genannten Verantwortung gerecht zu werden, sollten Behörden lieber die offenbar nicht durchweg vorhandene Beratungsqualität in den Scheinberatungsstellen überprüfen, statt eine seriöse Gehsteigberatung zu verbieten“, so Linder.
CDL: Hessen will Proteste gegen Abtreibungen einschränken
Kritik an dem Erlass äußerte auch die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechthild Löhr. Auch wenn Hessen mit diesem nicht direkt eine „Bannmeile für Lebensrechtler“ um Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Arztpraxen und Kliniken anordne, so erzeuge der Erlass doch „in der Öffentlichkeit bereits jetzt den Eindruck, dass das Bundesland Hessen Proteste gegen Abtreibungen unterbinden oder einschränken will“.
Das hessische Innenministerium wolle „offensichtlich dazu anleiten, jedweden Sicht- oder Rufkontakt zwischen Demonstranten oder Betern zu den Frauen, die diese Einrichtungen aufsuchen, zu unterbinden“. Als Begründung gebe das Ministerium an, dass „eine ,Erzeugung von Schuldgefühlen‘ und die ,belehrende Einflussnahme‘ weder dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes noch dem Selbstbestimmungsrecht der Frau“ diene. Dem Ministerium ging es „offensichtlich darum, ein Informations- und Beratungsmonopol vor allem staatlich anerkannter Beratungsstellen paternalistisch abzusichern“.
CDL-Vorsitzende kündigt eingehende juristische Prüfung an
Dabei werde Frauen, die sich in einer Konfliktlage und nicht selten auch unter Druck befänden, jedoch die Möglichkeit genommen, „zusätzliche Infos über wertschätzende Hilfs-und Unterstützungsangebote für sich und ihr Kind zu erhalten“, so Löhr. Angesichts von 8 538 allein in 2018 in Hessen gemeldeten Abtreibungen könne es „nur zu wenig Information und Werbung für ein ,Ja‘ zum Kind geben, nicht zu viel“. Das sollte auch die schwarz-grüne Landesregierung wissen. „,Schutzzonen für Schwangere‘ müssen gleichzeitig auch ,Schutzzonen für Kinder‘ sein, sonst ist das Bekenntnis zum Lebensrecht des Kindes völlig unglaubwürdig.“ Löhr kündigte eine „eingehende juristische Prüfung“ des ministeriellen Erlasses an.
DT/reh
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