Wer über Koalitionsoptionen spekuliert, der glaubt nicht an einen eigenen Sieg: Manfred Weber, Vorsitzender der christdemokratischen Fraktion in Europa-Parlament, hat für ein schwarz-grünes Bündnis auf Bundesbene plädiert. Gewiss, nach einer absoluten Mehrheit sieht es für die Union im Moment wirklich nicht aus. Aber sollte eine Volkspartei nicht mit etwas stärkerem Selbstbewusstsein auf kommende Wahlen schauen? Gerade von einem CSUler wäre hier mehr Entschlossenheit zu erwarten.
Webers Offerte ist das genau Gegenteil von Söders Strategie
Diese Offerte Webers ist auch nicht der Strategie von Markus Söder gleichzusetzen, der grüne Themen für seine Partei besetzen will. Sie ist das genaue Gegenteil. Es ist richtig, die Klima-Sorgen ernst zu nehmen und Lösungen zu formulieren, die aber eben den eigenen christsozialen Stempel aufgedrückt bekommen. Völlig falsch ist aber zu sagen: Es ist auch nicht schlimm, wenn ihr direkt die Grünen wählt. Mit denen können wir dann ja koalieren.
Denn das kann die Union eben nicht, zumindest wenn sie das ,C‘ in ihrem Namen ernst nimmt. Weber hat in seinem Europawahlkampf glaubwürdig seine katholische Prägung herausgestellt. Kennt er nicht die Position der Grünen in Fragen des Lebensschutzes? Hat er nicht mitbekommen, wie sehr sie gegen das Werbeverbot für Abtreibungen kämpfen? Hat Weber schon einmal in das Programm des Gunda Werner Instituts geschaut, das unter der Überschrift „Feminismus und Geschlechterdemokratie“ unter dem Dach der Heinrich Böll Stiftung mit Hingabe für all das plädiert, was der liebe Gott verboten hat?
Bei den Grünen gibt es bekennende Christen - bei der AfD aber auch
Nun kann man sagen: Aber bei den Grünen gibt es auch viele bekennende Christen. Stimmt. Aber die gibt es bei der AfD auch. Warum gilt das Nachdenken über eine Koalition mit den einen als Pragmatismus, mit den anderen als Populismus. Darauf mag es eine ausreichende Antwort geben. Manfred Weber mag diese auch kennen. Er muss sie aber auch dann klar benennen. Denn sonst sorgt sein Vorstoß für das, was seine ohnehin schon aufgewühlte Partei nicht gebrauchen kann: Verunsicherung und Orientierungslosigkeit.