Die Rechnung ist aufgegangen: Der Bürgerkonvent zur Evaluierung des geltenden Gesetzes zum Lebensende in Frankreich hat sich am Wochenende massiv für die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe ausgesprochen. Dass das von Emmanuel Macron einberufene Gremium damit das gewünschte Ergebnis liefert, daran besteht kein Zweifel. Abgesehen davon, dass in einem demokratischen Staat bereits die Einrichtung eines zufällig zusammengewürfelten Pseudoparlaments von 184 Bürgern fragwürdig ist - demokratische Debatte gehört ins Parlament -, hat es während der Sitzungen an Manipulation nicht gemangelt.
Nur Befürworter von Sterbehilfe kamen zu Wort
Beispielhaft sei hier erwähnt, dass während des ersten Sitzungswochenendes im Dezember ausnahmslos Befürworter der aktiven Sterbehilfe als Experten zu Wort kamen. Oder auch, dass sich im Laufe des Verfahrens die durch den Rat für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (CESE) vorbereiteten Debatten schnell von dem "ob" der aktiven Sterbehilfe hin zu deren "wie" bewegt haben.
Die sehr blauäugige Empfehlung des nationalen Ethikrates zu Überlegungen in Richtung einer vorsichtigen Öffnung der Sterbehilfe ist, wie vorauszusehen war, schnell von der Wirklichkeit überholt worden: Der Bürgerkonvent spricht sich mit großer Mehrheit für die Möglichkeit von assistiertem Suizid und Euthanasie auch für Minderjährige aus.
Am Ende fallen alle Tabus
Kein Wunder, dass auch die Frage nach Euthanasie für behinderte Kinder aufkam. Es bestätigt sich einmal mehr: Wer mit dem Tötungsverbot herumspielt, muss sich darauf gefasst machen, dass am Ende sämtliche Tabus fallen. Den Bürgerkonvent kümmert es offensichtlich auch nicht, dass sich Mediziner und Pfleger in Frankreich massiv und wiederholt gegen die aktive Sterbehilfe ausgesprochen haben, zuletzt in einer Stellungnahme von dreizehn Berufsverbänden, die insgesamt 800000 Pflegekräfte aus allen Bereichen vertreten.
Nun hat der Bürgerkonvent trotz der inszenierten Abstimmungen keinerlei gesetzgebende Funktion, auch ist der Wortlaut des neuen Gesetzes noch offen. Trotzdem könnte Frankreich schon bald zu den Staaten mit den liberalsten Regelungen zur aktiven Sterbehilfe zählen.
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