Bei der Stichwahl für das Amt des serbischen Staatspräsidenten unterstützt der Westen den Amtsinhaber Boris Tadic gegen seinen Herausforderer, den Chef der „Radikalen Partei“, Tomislav Nikolic. Genauer gesagt: der Westen minus Peter Handke. Denn Handke, der schwierige Feingeist, empfiehlt Nikolic, welcher im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag fast 40 Prozent der Stimmen errang. Gegenüber der Belgrader Zeitung „Politika“ gab Handke eine unzweideutige Wahlempfehlung ab: für jenen Kandidaten, der 1991 in Ost-Slawonien mit der Waffe in der Hand an den ethischen Säuberungen mitwirkte. Nikolic sieht sich selbst als Platzhalter des Tschetnik-Führers Vojislav Seselj, der im Gefängnis des Haager Kriegsverbrechertribunals sitzt.
Handke, der viel bewunderte und preisgekrönte Literat, bleibt sich selbst und den aggressiven serbischen Nationalisten treu. Seine Verherrlichung des Kriegsherrn Slobodan Milosevic, die 1996 mit dem Stück „Gerechtigkeit für Serbien“ begann, nahm er nie zurück. Kritiker, die ihn an die Opfer des serbischen Diktators erinnerten, beschimpfte der Dichter als „Jammergestalten“ und „Giftschlammschmeißer“.
Ebenso wie die Milosevic-Lyrik eine Verachtung der Opfer war, ist die Nikolic-Empfehlung eine Ohrfeige für alle Nachbarn Serbiens. Schlimmer noch: Wie Milosevics Kriege letztlich zur größten Niederlage der Serben und zum Ende ihrer dominanten Rolle in Südosteuropa führte, bringt auch Nikolics radikaler Nationalismus dem eigenen Volk nur Leid, Isolation und gesellschaftliche wie wirtschaftliche Perspektivlosigkeit. Wer wie Nikolic meint, Serbien solle lieber eine Provinz Russlands als ein Mitglied der Europäischen Union werden, kann – bei Handkes Begabung – allenfalls noch als Dichter beeindrucken, in der Sparte „Fantasy“. sb