Einst war sie für Panorama investigativ, jetzt sieht sie sich selbst als Opfer journalistischer Aufklärung: Patricia Schlesinger. Ihre Mutter habe ihr die Bedeutung eines „inneren Kompasses“ gelehrt. Genau den hat die selbstherrliche RBB-Chefin aber verloren. Üppige Gehaltserhöhungen , fünfstellige Jahresboni, Verstöße gegen Compliance-Vorschriften beim Umbau der luxuriösen Intendanten-Etage, fragwürdige Beraterverträge, Nobelkarossen und ein opulenter Salon im Privathaus. Dies alles auf Kosten der Zwangsgebührenzahler.
Der ÖRR hat nichts mehr zu befürchten
Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme nicht nur gegen die Intendantin, sondern auch den Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf und ihren Ehemann, einen ehemaligen „Spiegel“-Redakteur, dem der auch der Berliner Messe vorstehende RBB-Aufseher bei einem lukrativen Medienberatungsauftrag geholfen haben soll.
Die Vetternwirtschaft in der Hauptstadt hat wieder eine politische Reformdiskussion ausgelöst. So wird gefordert, den RBB zu zerschlagen und dem NDR und MDR anzugliedern. Man kann solche Überlegungen vergessen, denn die „staatstragenden“ Parteien sind allesamt reformunwillig.
Seit der Einführung des Rundfunkbeitrages hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk gar nichts mehr zu befürchten. Niemand kann dieser „Mediensteuer“ ausweichen, in der Debatte über mehr Sparsamkeit hat sich die Politik selbst entleibt. Stimmt sie einem Staatsvertrag zur Gebührenerhöhung nicht zu, wird sie vom Verfassungsgericht korrigiert.
Die BBC, weltweit ein Vorbild für unabhängigen und starken Journalismus, spart in diesen Tagen ein, verschlankt sich. In Frankreich wird die Rundfunkgebühr ganz abgeschafft. Deutschland döst im Sommer vor sich hin¸ provoziert einen Aufstand der die Geduld verlierenden Beitragszahler.
Der Autor war von 1989 bis 2001 Intendant der Deutschen Welle. Zuvor war er medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
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