Für die Deutsche Bischofskonferenz endet ein Weg, der bereits in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit internen Beratungen begonnen hatte: Die Frage der Zulassung eines nicht-katholischen Ehepartners zur Kommunion ist seit Anfang dieser Woche entschieden. Der Brief des Glaubenspräfekten Erzbischof Luis Ladaria SJ (siehe Kasten rechts) lässt an Deutlichkeit nichts mehr zu wünschen übrig – auch wenn Rom, sprich der Papst, zunächst keine durchweg eindeutige Linie vorgegeben hat. Kardinal Reinhard Marx mag über den Ausgang des Tauziehens nicht nur überrascht, sondern auch verärgert sein. Nachdem er am Montagabend das Schreiben Ladarias gelesen hatte, ließ er den Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, erklären: „Beim Gespräch am 3. Mai 2018 in Rom wurde den dort teilnehmenden Bischöfen gesagt, dass sie ‚im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung‘ finden sollten. Der Vorsitzende ist deshalb überrascht, dass noch vor dem Finden einer solchen einmütigen Regelung jetzt dieses Schreiben aus Rom eingegangen ist.“ Marx sehe, so in der Erklärung weiter, „auch nach dem Brief weiteren Gesprächsbedarf innerhalb der Deutsche Bischofskonferenz, vor allem auch im Ständigen Rat und in der Herbst-Vollversammlung, aber auch mit den entsprechenden Römischen Dikasterien und dem Heiligen Vater selbst.“ Aber da dürften auch keine weiteren Gespräche mehr helfen. Papst Franziskus hat den auf den 25. Mai datierten Brief Ladarias mit einem kleinen „F“ gegengezeichnet. Nach langer Zeit heißt es jetzt einmal wieder: „Roma locuta, causa finita“.
Wie dramatisch die Wochen seit dem Beschluss der Mehrheit der Bischofskonferenz in Ingolstadt im Februar und dem Hilferuf der Minderheit von sieben Bischöfen nach Rom streckenweise verlaufen sind, machte einer der Unterzeichner der Eingabe, Kardinal Rainer Maria Woelki, am Ende der Fronleichnamsmesse im Kölner Dom deutlich, als er auf die Debatte um den Kommunionempfang für protestantische Ehepartner einging: „Manche meinten: Was soll das Ganze. Das ist doch Quatsch. Andere meinten sogar: Das ist doch ein Kasperle-Theater. Ich meine: Hier geht es um Leben und Tod. Hier geht es um Tod und Auferstehung. Hier geht es um das ewige Leben, hier geht es um Christus. Hier geht es um seine Kirche und damit geht es hier um das Eingemachte. Und deshalb müssen wir darum streiten und den richtigen Weg suchen. Nicht irgendeinen Weg, sondern den Weg des Herrn, den er uns weist, denn er allein ist der Weg und die Wahrheit und das Leben.“
Dabei wies Woelki erneut den Vorwurf zurück, er habe in dieser Sache den Brief nach Rom hinter dem Rücken des Vorsitzenden der Deutsche Bischofskonferenz verschickt: „Es ist viel geschrieben und behauptet worden. Unter anderem, ich hätte mich heimlich nach Rom gewandt, heimlich irgendetwas geschrieben. Ich sage mit der Heiligen Schrift: Offen und frei bin ich aufgetreten und habe das geschrieben und gesagt, was zu schreiben und zu sagen war, in aller Öffentlichkeit. Ich sage noch einmal: Wir in Deutschland leben nicht auf einer Insel der Seligen. Wir sind keine Nationalkirche. Wir sind Teil der großen universalen Kirche. Alle unsere deutschen Diözesen sind eingegliedert in den großen Erdkreis. Wir alle sind verbunden mit allen anderen katholischen Kirchen auf dem ganzen Erdenrund, geeint unter dem Haupt des Heiligen Vaters. Deshalb gehen wir mit ihm in der Einheit mit allen anderen Teilkirchen Christus entgegen. In der Treue zu dem Glaubensgut, das uns die Apostel überliefert haben.“ Der Brief Ladarias hat dem Kölner Kardinal dann Recht gegeben.
Doch warum sah es über Wochen so aus, als ob Rom in dem deutschen Kommunionstreit keine eindeutige Linie verfolge, so dass Kardinal Walter Kasper Mitte Mai in einem Interview mit „Vatican Insider“ behaupten konnte, bei der Kommunionzulassung eines Protestanten im Einzelfall könne man sich auf die beiden Enzykliken „Ut unum sint“ (1995) und „Ecclesia de Eucharistia“ (2003) von Johannes Paul II. berufen? Der Einspruch der sieben Bischöfe war an den Präfekten der Glaubenskongregation, an den Präsidenten des Ökumene-Rats, Kardinal Kurt Koch, und an den Rat für die Gesetzestexte gegangen. Diese hatten schnell gearbeitet und Kardinal Marx wissen lassen, dass Papst Franziskus keine Veröffentlichung der „Pastoralen Handreichung“ von Ingolstadt wünsche. Dann kam die Sitzung des Rats der neun Kardinäle vom 23. bis 25. April in Rom, wo der Münchener Kardinal persönlich mit dem Papst über die Angelegenheit sprechen konnte. Der Kreis der zum Krisentreffen in der Glaubenskongregation am 3. Mai geladenen deutschen Bischöfe erweiterte sich plötzlich und nach dessen Ende hieß es dann, Franziskus weise die Frage an die Deutsche Bischofskonferenz zurück. Dann konnte aber auch Kardinal Woelki mit dem Papst persönlich sprechen. Es trafen Briefe aus anderen Regionen der Weltkirche ein – und Franziskus beriet sich weiter mit Kardinal Koch sowie Erzbischof Ladaria und dem Sekretär der Glaubenskongregation, Erzbischof Giacomo Morandi. So kehrte Papst Franziskus schließlich zu seiner ursprünglichen Linie zurück, die das Schreiben Ladarias vom 25. Mai übrigens ziemlich genau mit den Argumenten der sieben Minderheits-Bischöfe begründet.
Nicht die Deutsche Bischofskonferenz muss jetzt noch einmal tätig werden, sondern der Vatikan, genauer die drei genannten Dikasterien: die Glaubenskon- gregation sowie die Räte für die Ökumene und die Gesetzestexte. Sie werden eine Präzisierung nachreichen, aus der hervorgeht, was das Kirchenrecht in Canon 844 mit einer „drängenden schweren Notlage“ meint, aufgrund der ein Diözesanbischof in Ausnahmefällen Nicht-Katholiken zu den Sakramenten zulassen kann. Wenn das Tempo, das Rom in der Sache bisher vorgelegt hat, anhält, dürfte mit der Antwort bald zu rechnen sein. Wie zu erfahren ist, wird der Fall einer drohenden Ehekrise bei einer gemischt-konfessionellen Ehe sicherlich nicht zu diesen „schweren Notlagen“ gehören.
"Ein Thema, das den Glauben der Kirche berührt"
Im Wortlaut das Schreiben der Glaubenskongregation an Kardinal Marx
Eminenz, hochwürdigster Herr Vorsitzender!
Am Ende unseres brüderlichen Gesprächs am 3. Mai 2018 über das Dokument "Mit Christus gehen Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie. Eine pastorale Handreichung der Deutsche Bischofskonferenz" haben wir vereinbart, dass ich den Heiligen Vater über die Begegnung informieren werde.
Bereits bei der Audienz am 11. Mai 2018 habe ich mit Papst Franziskus über unser Treffen gesprochen und ihm die Zusammenfassung des Gesprächs übergeben. Am 24. Mai 2018 habe ich die Frage nochmals ausführlich mit dem Heiligen Vater erörtert. Im Anschluss an diese Begegnungen möchte ich Ihnen mit ausdrücklicher Zustimmung des Papstes folgende Punkte zur Kenntnis bringen.
1. Die vielfältigen ökumenischen Bemühungen der Deutsche Bischofskonferenz, in besonderer Weise die engagierte Zusammenarbeit mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, verdient Anerkennung und Wertschätzung. Das gemeinsame Reformationsgedenken 2017 hat gezeigt, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine Basis gefunden wurde, die es ermöglicht, gemeinsam für Jesus Christus, den Erlöser aller Menschen, Zeugnis zu geben und in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens tatkräftig und entschieden zusammenzuarbeiten. Das ermutigt uns, voll Zuversicht auf dem Weg zu einer immer tieferen Einheit voranzuschreiten.
2. Unser Gespräch am 3. Mai 2018 hat gezeigt, dass der Text der Handreichung eine Reihe von Fragen aufwirft, die von erheblicher Bedeutung sind. Der Heilige Vater ist deshalb zur Auffassung gekommen, dass das Dokument nicht zur Veröffentlichung reif ist. Die wesentlichen Gründe für diese Entscheidung können folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) Es handelt sich bei der Frage der Kommunionzulassung von evangelischen Christen in konfessionsverschiedenen Ehen um ein Thema, das den Glauben der Kirche berührt und von weltkirchlicher Relevanz ist.
b) Diese Frage hat Auswirkungen auf die ökumenischen Beziehungen zu anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nicht zu unterschätzen sind.
c) Das Thema betrifft das Recht der Kirche, vor allem die Auslegung von can. 844 CIC. Weil es diesbezüglich in manchen Teilen der Kirche offene Fragen gibt, wurden die zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls bereits beauftragt, eine baldige Klärung dieser Fragen auf weltkirchlicher Ebene herbeizuführen. Insbesondere scheint es angebracht, das Urteil über das Vorliegen einer "drängenden schweren Notlage" dem Diözesanbischof zu überlassen.
3. Es ist dem Heiligen Vater ein großes Anliegen, dass in der Deutsche Bischofskonferenz der Geist bischöflicher Kollegialität lebendig bleibt. Wie das II. Vatikanische Konzil unterstrichen hat, "können in unserer Zeit die Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten, um die kollegiale Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen" (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, Nr. 23).
Indem ich Ihnen dies zur Kenntnis bringe, verbleibe ich mit brüderlichen Grüßen und Segenwünschen im Herrn
Ihr Luis F. Ladaria, SJ
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