Der Richter hat es sich nicht leicht gemacht. In seinem Urteil am 8.11. listet er die Fakten auf: Am 30.10. wurde mit Zustimmung der Eltern die Verlegung von Indi ins Hospiz vorbereitet – sie hätten sie auch nach Hause holen dürfen.
Indis Gesundheitszustand verschlechterte sich Anfang November, von notwendigen Intensiv-Maßnahmen nach der angeordneten Beendigung der künstlichen Beatmung ist die Rede. Seit dem 9.10. befand sich das Mädchen in kontinuierlicher Sedierung. Diese Maßnahme wird in der Regel ergriffen, wenn Krankheiten nicht mehr therapierbar sind und die Patienten massiv leiden, um (meist im Sterbeprozess) Stress, Übelkeit, Angst und Schmerzen zu vermeiden.
Tödlicher Verlauf meist im ersten Lebensjahr
Ein Krankenhaus in Nottingham (NUH) behandelte Indi seit ihrer Geburt, ihr Zustand verschlechterte sich stetig, Therapiemöglichkeiten gab es laut NUH keine mehr, jede Behandlung sei für Indi belastend. Sie habe eine unheilbare, fortgeschrittene D-2 L-2-Hydroxyglutarazidurie, eine seltene genetische Erkrankung mit tödlichem Verlauf meist im ersten Lebensjahr. Demnach wäre die Umstellung auf Palliativversorgung vertretbar. Dass das Krankenhaus Bambino Gesù Weiterbehandlung anbot, erscheint angesichts dessen erstaunlich. Die Geste der italienischen Staatsbürgerschaft, um das Kind verlegen zu können, war der Versuch, es dem System des NHS (National Health Service) zu entziehen.
Das britische Gesundheitswesen beruht darauf, die Bevölkerung weitgehend kostenlos zu behandeln, ist vom Grundsatz her also sozial. Die Schattenseite zeigt sich bei Patienten wie Indi: Möglicherweise werden Therapien aus Kostengründen zu früh abgebrochen, sinnvolle weitere, teure Behandlungen gar nicht erst erwogen. Wenn Eltern vor Gericht müssen, um ein Mitspracherecht bei der Behandlung zu haben, ist das System definitiv zu hinterfragen.
Die Autorin ist Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht.
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