Kai Wegner

Der König der Kieze

Es wäre ein Meisterstück, sollte Kai Wegner es tatsächlich schaffen, die Grünen oder die SPD aus dem linken Lager herauszubrechen.
KINA - Der Gewinner ist nicht immer der Bestimmer
Foto: Axel Heimken (dpa) | ARCHIV - 13.02.2023, Berlin: Kai Wegner (CDU), Spitzenkandidat seiner Partei bei der Berliner Wahl zum Abgeordnetenhaus, kommt am Tag nach der Wahl zur Präsidiumssitzung der CDU im Konrad-Adenauer-Haus.

Wenn Kai Wegner in der Vergangenheit  „König der Kieze“ genannt wurde, dann schwang da nicht selten auch etwas Hohn mit. Diese Etikettierung sollte nach Provinz, Piefigkeit, nach Laubenpieperkolonie statt nach Metropole klingen. Nach seinem Wahlsieg sieht es nun ganz anders aus. In Spandau geboren, lebt der gelernte Versicherungskaufmann immer noch dort –  Bodenständigkeit zahlt sich aus.

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Wegner beweist, dass das Selbstbild „von der liberalen Großstadtpartei“, das die Hauptstadt-CDU seit Jahrzehnten pflegt, immer unvollständig war. Erinnert wurde nämlich dabei nur an Richard von Weizsäcker, den Regierenden Bürgermeister, der Anfang der 80er Jahre Weltläufigkeit und Intellektualität in die Frondtstadt gebracht habe. Dabei wurde vergessen, dass Weizsäcker auch einen Innensenator an seiner Seite hatte, der ein klarer „Law an Order“-Mann war: Heinrich Lummer. An diese Tradition knüpft Wegner nun an, auch biographisch. Denn Anfang der 90er Jahre machte er seine ersten politischen Schritte an der Seite Lummers.

Als Lummer im Sommer 2019 im Alter von 87 Jahren starb, bekannte Wegner bei Facebook offen, wieviel er seinem Mentor verdanke. Das war durchaus mutig: Denn Lummer, der Inbegriff des „schwarzen Scherifs“, war so ziemlich in allem das genaue Gegenbild zur CDU der Merkel-Ära, die allerdings damals auch schon auf ihr Ende zusteuerte. Und auch in der Berliner CDU hatte eine neue Zeit angefangen. 2019 löste Wegner Monika Grütters ab, Merkelistin durch und durch und als Kulturstaatsministerin alles andere als ein Volkstribun wie Lummer. Es war, wie sich nun zeigt, eine Stilwende.

Der Sozialkonservative

In seinem Nachruf auf den ehemaligen Innensenator hatte Wegner auch geschrieben, an dem „großen und streitbaren Politiker“ Lummer habe er dessen Bürgernähe geschätzt. Und in der Tat, für eine Molle Bier mit den Berlinern war dieser immer zu haben. Wegner weiß aber auch, dass Volkstümlichkeit gut vier Jahrzehnte später einen breiteren Rahmen abdeckt. Da gehört für ihn auch ein unbefangenes Verhältnis zur in der Hauptstadt einflussreichen Queer-Szene dazu, bei der CSD-Parade mitzufahren, ist für ihn kein Problem. Das zeigt aber auch die Grenzen von Wegners Konservativismus. Es ist ein Sozialkonservativismus, der aus dem Bauch kommt. Weniger von Prinzipien getrieben oder gar intellektuell motiviert ist.

Jetzt aber ist erst einmal der politische Handwerker gefragt. Sollte er es tatsächlich schaffen, die Grünen oder die SPD aus dem linken Lager herauszubrechen, es wäre ein Meisterstück.  Die wirkliche Arbeit liegt noch vor ihm.

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