Wachsender Einfluss

Burkina Faso ist Schlüsselland für Westafrika

Burkina Fasos Bedeutung auf dem afrikanischen Kontinent nimmt zu. Doch das Land ist Hauptoperationsgebiet des militanten Dschihadismus. Regelmäßig werden katholische Priester entführt.
Russland versucht in Burkina Faso Einfluss zu nehmen
Foto: IMAGO/Tiga Cheick Sawadogo (www.imago-images.de) | Russland versucht in Burkina Faso Einfluss zu nehmen: Ein junger Mann schwenkt bei einer Demonstration im Januar letzten Jahres in der Hauptstadt Quagadougou.

Das Jahr 2023 hat bereits am zweiten Tag sein erstes Opfer unter den Missionaren gefordert. Am Montag, den 2. Januar, wurde Pater Jacques Yaro Zerbo von nicht identifizierten Männern im Norden Burkina Fasos ermordet. Laut einer an den Fides-Dienst gesandten Erklärung wurde der 67-jährige Priester in der Ortschaft Soro in der Region Boucle du Mouhoun getötet. Örtliche Sicherheitskreise gaben den Informationen zufolge an, der Priester sei von Bewaffneten gefangen genommen worden, die ihn hingerichtet hätten. Dem Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2021“ von „Kirche in Not“ zufolge ist das westafrikanische Land zu einem der Hauptoperationsgebiete des militanten Dschihadismus in Afrika geworden. Während sich die Gewalt zu Beginn unterschiedslos gegen die gesamte Bevölkerung richtete, kommt es nach Angaben von lokalen Beobachtern seit 2019 vermehrt zu gezielten Attacken auf Christen, die etwa ein Viertel der Bevölkerung Burkina Fasos ausmachen.

Christliche Einrichtungen niedergebrannt

Pater Alain Tougma, Oberer der afrikanischen Provinz der Ordensgemeinschaft „Frères Missionaires des Campagnes“ (Missionsbrüder in den ländlichen Gebieten), berichtete dem päpstlichen Hilfswerk, seine Gemeinschaft sei vor einigen Monaten von Milizen aus der Stadt Pama im Südosten des Landes verjagt worden. „Sie haben uns ein Ultimatum von zehn Tagen gesetzt, um die Stadt zu verlassen. Und da die Terroristen es besonders auf die Priester und Ordensschwestern abgesehen haben, forderte unser Bischof uns auf, zu gehen.“ Die Terroristen hätten auch in anderen Landesteilen christliche Einrichtungen niedergebrannt. „Manchmal brennen sie nicht nur ein kirchliches Gebäude nieder, sondern achten auch darauf, die Kreuze zu zerstören“, sagte Pater Alain. Dies zeige ihren Willen, so betont er, den christlichen Glauben auszulöschen.

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Seit 2015 hat Burkina Faso einen beispiellosen Anstieg des Terrorismus erlebt. Dschihadisten und andere bewaffnete Gruppen kontrollieren de facto weite Teile des Nachbarstaates von Mali und Niger, sagt Ulf Laessing, Leiter des Sahel-Programms der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali, gegenüber dieser Zeitung. In der Hauptstadt Ouagadougou sei die Lage nach einem zweiten Militärputsch angespannt. „Es gab kürzlich Gerüchte um einen angeblichen weiteren Putschversuch. Die westlichen Diplomaten registrieren mit Sorge ein zunehmendes anti-westliches Sentiment. Die französische Botschaft wurde zweimal von Demonstranten angegriffen, ohne dass die dort zum Schutz der Diplomaten stationierten Sicherheitskräfte eingegriffen hätten. Pro-russische ,Influencer' machen Stimmung gegen die Europäische Union, die als Handlanger der früheren Kolonialmacht gesehen wird.“

Bedeutende Rolle für die Sicherheit in ganz Westafrika

Burkina Faso besitzt mit sechs Staaten eine gemeinsame Grenze. Dem Land kommt eine bedeutende Rolle für die Sicherheit in ganz Westafrika zu, erläutert Laessing: „Dschihadisten, die ursprünglich aus Mali gekommen sind, haben sich in Burkina Faso festgesetzt, um mit Goldminen Geld zu verdienen und von hier in die noch stabilen Küstenländer wie Côte d'Ivoire oder Togo zu expandieren. Sie nutzen dichte Waldgebiete - ehemalige Nationalparks und Touristenattraktionen - im Süden Burkina Fasos, um von hier über die Grenze in die Küstenländer vorzustoßen. Die Sicherheitskräfte sind überfordert, doch der Westen zögert, zu helfen. Wenn Burkina Faso fällt, dann betrifft das die Sicherheit von ganz Westafrika.“

Warum aber will die Europäische Union Burkina Faso nicht militärisch wie in Niger und Mali unterstützen? Die Bundeswehr hat zwar über eine Beratergruppe eine mehrjährige Kooperation mit dem Land, „allerdings auf sehr niedrigem Niveau im Gegensatz zu Mali und Niger“, wie Laessing anmerkt. Wenig vertrauenenserweckend sei die Armee von Burkina Faso. Die Streitkräfte seien gespalten und immer wieder in Übergriffe gegen Zivilisten verwickelt. Die neue Militärregierung habe daher 50.000 Freiwillige als paramilitärische Kämpfer eingestellt, die die reguläre Armee in der Fläche - wo die Dschihadisten sich verstecken - unterstützen sollen.

Um Waffen und Ausrüstung für die neue Hilfstruppe zu beschaffen, fordere die Regierung finanzielle Hilfe. „Das ist ein No-Go für westliche Länder“, betont Laessing, „weil ähnliche Kampfverbände mit schlimmen Übergriffen auf Zivilisten und Dörfer, die angeblich mit Dschihadisten kooperieren, in Verbindung gebracht wurden. Die Vorwürfe sind zumeist glaubwürdig, daher werden westliche Länder hier keine Unterstützung leisten.“

Auch Russlands Einfluss wächst

Wer also wird Burkina Faso helfen? Der Sahel-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung denkt an Russland, das Ouagadougou eine Militärkooperation wie in Mali und anderen afrikanischen Ländern angeboten hat, angeblich inklusive Söldner. Burkina Faso brauche Waffen für die neuen Kämpfer, doch Russland werde wahrscheinlich nur liefern, wenn sich die Regierung auch auf die Stationierung von Wagner-Söldnern einlässt - es gehe hier für Russland um Geopolitik. „Wenn die  Söldner kommen, werden die westlichen Länder ihre Zusammenarbeit wie in Mali einschränken und somit Russland erst recht die Tore öffnen. Eine heikle Frage für die Regierung, weil ausländische Militärkooperationen bei der Bevölkerung äußerst ungeliebt sind. Aus diesem Grund hat Frankreich seine Anti-Terror-Mission für den Sahelraum in Burkina Faso nur sehr selten eingesetzt - dies hat die Sicherheitslage nochmal verschlechtert.“

Burkina Faso hat die Franzosen inzwischen zum Abzug bis Februar aufgefordert. Ulf Laessing hält schließlich einen Kompromiss für möglich. Die Regierung könnte Söldner als Sicherheitskräfte für Goldminen russischer Firmen zulassen, die bereits in Burkina Faso tätig sind. „Mit den bereits existierenden Goldminen wäre auch schnell die Bezahlung der Russen geklärt. Im Gegensatz zum Westen macht Russland nichts umsonst.“

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Carl-Heinz Pierk Bischof Dschihadisten Kirche in Not Konrad-Adenauer-Stiftung Päpste Terroristen

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