Ukraine-Krieg

Biden und Putin im Rede-Fernduell

Der US-Präsident setzte mit seinen Besuchen in Kiew und Warschau der Kreml-Propaganda Grenzen.
Präsident Joe Biden spricht in Polen zum Krieg Russlands gegen die Ukraine.
Foto: IMAGO/Artur Widak (www.imago-images.de) | Präsident Joe Biden spricht in Polen zum Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Am dritten Montag im Februar begeht Amerika den "President s Day": Dieser Feiertag, der ursprünglich am Geburtstag des ersten US-Präsidenten George Washington (1732-1799) begangen worden ist (und der offiziell deswegen immer noch "Washington s Birthday" heißt), dient seit den 1970er-Jahren als Gedenktag aller US-Präsidenten und erinnert außerdem an die Bedeutung des Präsidentenamtes. Doch der gegenwärtige US-Präsident Joe Biden beging dieses Jahr den "President s Day" auf ganz eigene Art und Weise   indem er vollkommen überraschend einen weiteren Präsidenten besuchte: Nämlich seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj.

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Überraschung für die Welt

Biden war am Montag zur Überraschung der Weltöffentlichkeit in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist und sicherte dort dem ukrainischen Präsidenten die "unerschütterliche" Unterstützung der USA und weitere Waffenlieferungen zu   wohlüberlegt zu einem Zeitpunkt, an dem in der US-Politik der Wille zur Unterstützung der Ukraine im Schwinden begriffen ist (siehe DT vom 16. Februar). Gleichzeitig nutzte er im Informationskrieg zwischen dem Westen auf der einen sowie Russland und China auf der anderen Seite die Gelegenheit, gegenüber Putin buchstäblich sowohl das erste als auch das letzte Wort zu haben: Denn mit seiner Kiewer Rede am Montag sowie seiner Warschauer Rede am Dienstagnachmittag konnte Biden Wladimir Putins am Dienstagvormittag gehaltene "Rede zur Lage der Nation" inhaltlich und rhetorisch einrahmen und auffangen.

Wladimir Putin
Foto: IMAGO/Kremlin (www.imago-images.de) | Präsident Putin während seiner Rede zur Lage der Nation in Moskau.

Und dies war auch nötig - denn in seiner Rede warf Russlands Diktator erneut mit altbekannten Propagandafloskeln gegenüber Kiew und dem Westen um sich: In der Ukraine sei ein "Neonazi-Regime" an der Macht. Die "militärische Spezialoperation", als die Moskau seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bezeichnet, werde fortgesetzt. "Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent, werden wir die vor uns liegenden Aufgaben lösen", so Putin.

Täter- Opfer- Umkehr

Nicht Russland, das den Ukraine-Krieg am 24. Februar vergangenen Jahres mit verschwörungsideologischen Behauptungen vom Zaun brach, sondern der Westen versuche, einen lokalen Konflikt in einen globalen sowie die Ukraine in ein "Anti-Russland" zu verwandeln. Und Putin weiter, in altbekannter Täter-Opfer-Umkehr: Da es unmöglich sei, "unser Land auf dem Schlachtfeld zu besiegen", starte der Westen Attacken mit dem Ziel, "die russische Kultur, Religion und russische Werte" als Ganzes zu vernichten. Zudem kündigte der russische Präsident gegen Ende seiner Rede an, dass Russland den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA, "New Start", aussetzen werde.

Die US-Regierung wies die Vorwürfe des russischen Präsidenten noch am Dienstag als "absurd" zurück. "Niemand greift Russland an", sagte der Nationale Sicherheitsberater von Joe Biden, Jake Sullivan. Die Vorstellung, "dass Russland in irgendeiner Form von der Ukraine oder sonst jemandem militärisch bedroht wurde", sei daher eine "Absurdität". Wenige Stunden später konterte in Warschau auch der US-Präsident selbst die Lügen aus Moskau: "Vor einem Jahr bereitete sich die Welt auf den Fall von Kiew vor. Nun, ich komme gerade von einem Besuch in Kiew, und ich kann berichten, dass Kiew stark ist. Kiew ist stolz, es steht aufrecht und vor allem ist es frei", sagte Biden vor circa 30000 Zuhörern in der polnischen Hauptstadt.

Mehr Sanktionen

Kämpferisch fügte er hinzu: "Die Ukraine wird nie ein Sieg für Russland sein", sagte er und erntete tosenden Applaus. Zudem kündigte der US-Präsident weitere Sanktionen gegen Russland noch in dieser Woche an: "Wir sorgen dafür, dass die Russen den Preis bezahlen." Im Fernduell mit Putin mag Joe Biden mit 2:1 zwar vorne liegen   doch bereits am Freitag wird Chinas Machthaber Xi Jinping in einer Rede einen Friedensplan für die Ukraine verkünden. Aus dem Duell könnte dann ein Triell werden.

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