Hubert Hüppe hat sein Leben dem Leben gewidmet. Seit mehr als drei Jahrzehnten kämpft der ehemalige Verwaltungsbeamte teils an vorderster Fron gegen alles, was dem Leben gefährlich werden könnte. Er tat dies über zwanzig Jahre lang im Bundestag, vor allem aber von 2009 bis 2013 als Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Und auch nach seiner Mandatslaufbahn wird Hüppe nicht müde, engagiert und prononciert das Lebensrecht und die Würde jedes Menschen zu verteidigen.
Zu diesem Zweck hatte ihn am Montag auch der Bischof von Augsburg, Konrad Zdarsa, als Festredner zu seinem Jahresempfang geladen. In den vergangenen Jahren hatten dort Verfassungsrechtler und Philosophen über das Zusammenspiel von Glaube, Staat und Gesellschaft referiert. Nun also Hüppe zum Lebensschutz. Ein Thema, das angesichts moderner Auffassungen von Selbstbestimmung immer wichtiger und zugleich immer schwerer zu vertreten ist, wie Zdarsa schon in seiner Begrüßung zu bedenken gab.
Doch der Katholik Hüppe weiß, wie er sprechen muss, damit die Menschen ihn und vor allem seine Themen verstehen. Pränataldiagnostik, Stammzellforschung oder „Genome Editing“ stehen für komplexe wissenschaftliche Vorgänge, bei denen der Laie schnell den Überblick verliert. Doch sie ergeben hochbrisante Fragen, denen sich die Gesellschaft stellen muss.
Als Beispiel nannte Hüppe etwa das umstrittene Thema der Stammzelltherapie. „Ich bin eigentlich ein Fan der Stammzellforschung“, bekannte Hüppe. Freilich aber nicht dann, wenn zur Gewinnung der Stammzellen ein menschlicher Embryo getötet werde. Das ist in Deutschland auch verboten. Die Forschung mit importierten Zellen ist nach langen Debatten allerdings in bestimmten Fällen erlaubt. Hüppe kritisiert das. „Da wurde immer gesagt: ,Wir retten die Welt‘“, erinnerte er an die Versprechungen der Wissenschaft. Doch bis heute gebe es zwar hehre Ziele, aber keine therapeutischen Anwendungen.
Vornehmlich in Rückblicken sprach Hüppe, der seit 1986 dem Vorstand der Christdemokraten für das Leben angehört, in Augsburg über die bioethischen Themen, denen er sein Lebenswerk gewidmet hat. Die großen Debatten etwa über die Organspende oder eben die Stammzellforschung liegen schließlich oft schon Jahre zurück. Auch deshalb riet Hüppe am Dienstag zur kritischen Reflexion: „Bevor wir immer weitertrippeln, sollten wir manchmal auch den Blick zurück werfen, ob wir nicht schon einen Schritt zu weit gegangen sind.“
Das gilt für den Christdemokraten insbesondere in bioethischen Themen, die nach seiner Auffassung noch lange nicht entschieden sind, wie etwa die Pränataldiagnostik. Auch dabei verzichtete er allerdings zunächst nicht auf den Hinweis, dass diese grundsätzlich „sicher ihre Vorteile“ habe.
Doch Hüppe machte auch deutlich, dass Untersuchungen ungeborener Kinder auf genetische Erkrankungen in seinen Augen selten mit dem Wunsch der Heilung verbunden seien: „Ich behaupte, dass es tatsächlich um Selektion geht.“ Sogar manche Reproduktionsmediziner selber hätten ihre diagnostischen Methoden als Hilfe zur Folgenabschätzung gerühmt. Da habe es etwa Berechnungen gegeben, dass allgemeine Gentests für schwangere Frauen ab 38 Jahren günstiger seien als die Versorgung von Kindern mit Behinderung. „Der Autor geht also gar nicht davon aus, dass die Diagnose einen therapeutischen Nutzen hat“, folgerte Hüppe aus seinem Beispiel. „Es geht in fast allen Fällen darum, auszusuchen, wer leben darf und wer nicht.“ Hüppe, der selbst Vater eines Kindes mit Behinderung ist, will solche Überlegungen nicht akzeptieren. „Ich bin nicht bereit, über das Lebensrecht meines Sohnes zu diskutieren“, bekannte er trotzig. Doch die Gentests, die er für eindeutig illegal hält, werden trotzdem immer häufiger angewendet.
Damit ist auch der Kampf des Hubert Hüppe, der sich als Fundamentalist in Sachen Menschenwürde versteht, längst nicht beendet. Dem Einsatz für das Leben will er sich auch nach seiner politischen Karriere weiter mit aller Kraft widmen. Schon für den Dienstag nach seinem Auftritt in Augsburg stand der nächste Termin für den Lebensschutz auf dem Programm. Wieder wurde er als Redner geladen: zu einer Demonstration in Konstanz vor dem Gebäude jenes Pharma-Konzerns, der den Gentest für ungeborene Kinder produziert.