„Macht verschleißt nur den, der sie nicht hat“, sagte Giulio Andreotti, Talleyrand zitierend. Beide wussten, wovon sie sprachen: Andreotti, der im stets krisengeschüttelten Italien von 1947 bis 1992 an 33 Regierungen beteiligt war, als Ministerpräsident oder Minister für irgendwas, der also die Kontinuität jenseits aller Brüche verkörperte; und der geniale Opportunist und Diplomat Talleyrand, der sich gleich einem Chamäleon der Oberflächenfarbe jedes Systems anpasste, und so immer eine tragende Rolle spielte. Beide nahmen die Mühen der Machtausübung auf sich, wohl wissend, dass die Macht, wenn man sie einmal abgibt, nicht einfach verschwindet oder verdampft, sondern – horribile dictu! – von anderen ausgeübt wird.
Glosse: Gehen oder bleiben?
Von Stephan Baier