Unlängst taten sich die Jusos mit einem Vorschlag zur Einführung eines Grunderbes hervor. 60 000 Euro sollten jedem in Deutschland Lebenden unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus zum Ende der Schulzeit, frühestens mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ausgezahlt werden. Finanziert werden solle dieser Geldregen für alle durch eine Reform der Erbschaftssteuer, die mit einer gewissen Freibetragsgrenze progressiv bis zu einem Steuersatz von 90 Prozent erhöht werden solle. Bei zehn Millionen Euro Erbe würde das also bedeuten, dass man neun Millionen Erbschaftssteuer zu zahlen hätte.
Heißes Eisen Erbschaftssteuer
Nun ist die Erbschaftssteuer politisch stets ein heißes Eisen, das niemand anfassen möchte. Und obwohl in Anbetracht der Verteilung der Erbschaften bei uns kaum einer von einer höheren Erbschaftssteuer betroffen wäre, haben die Parteien stets gezögert, mit solchen Forderungen Wahlkampf zu machen.
Das hat nicht nur politische Gründe. Die Erben sehen den Vermögenstransfer nicht einfach als Einkommen, sondern geradezu als Ausdruck familiärer Kontinuität. Der Erblasser verbindet mit der Vermögensübertragung ein symbolisches Fortleben in der Kette folgender Generationen. Das Eigentum wird durch das Erbe in gewisser Weise der Sphäre des Profanen entrissen. Der staatliche Eingriff in diese Form der Vermögensübertragung durch den Tod trifft also ein Vermögen, das in hohem Maße konstitutiv für die familiäre Identität der Erblasser und der Erben zu sein scheint. Dies begründet eine emotional beladene Situation, die zu jenen Leidenschaften beiträgt, die immer wieder hochschäumen, wenn über die Reform der Erbschaftssteuer diskutiert wird.
Es geht auch um Macht
Dabei gibt es durchaus gute Argumente für eine deutliche Erhöhung dieser Steuerform. Neben der Tatsache, dass jede Einkunftsform der Steuerpflicht unterliegt – nichts anderes als eine solche stellt ein Erbe in den Augen des Staates dar –, wird in der Tat gesellschaftliche Ungleichheit durch Weitergabe sehr hoher Nachlasse verfestigt und mit ihnen auch stets gesellschaftliche und politische Macht. Aber ob dabei ein Grunderbe die vernünftigste und gerechteste Lösung darstellt, darf durchaus bestritten werden.
Eher könnte man in Analogie zu dem, was die britisch-italienische Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato hinsichtlich der Abgeltung staatlicher Investitionen in Bildung und Grundlagenforschung fordert, eine gestaffelt abschöpfende Erbschaftssteuer zum Zwecke der Finanzierung der Folgen des Klimawandels oder anderer die Gesellschaft in Gänze betreffender Kosten und Investitionen andenken. Sie sollten dann Ausdruck gesellschaftlicher Kontinuität sein, die das Fortleben zukünftiger Generationen in unserem Land möglich macht. Damit würde die Erbschaftssteuer auch der Sphäre des „Profanen“ i.S. rein konsumtiver staatlicher Ausgaben enthoben und würde eine Form postmortaler Solidarität für die Zukunft werden.
Der Autor
Der Autor ist Hauptgeschäftsführer von Renovabis. Die Kolumne erscheint in Kooperation mit der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle.
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