
Zum Jahrgedächtnis der Joseph-Höffner-Gesellschaft aus Anlass des Todestages des ehemaligen Kölner Erzbischofs (1906 – 1987) ist aus Afrika eigens der Bischof von Enugu, Callistus Onaga, angereist. Bischof Onaga gehört zu den insgesamt sechs Priestern aus Nigeria, die an der Universität Bonn bei Professor Lothar Roos im Fach Christliche Gesellschaftslehre promoviert wurden. Nach dem von ihm zelebrierten Kapitels- amt im Kölner Dom gab der Bischof den Mitgliedern und Freunden der Joseph-Höffner-Gesellschaft interessante Einblicke darin, welche Spuren Joseph Höffner im bevölkerungsreichsten Land Afrikas hinterlassen hat. Höffner hatte wesentlichen Anteil daran, dass sechs Priester aus Enugu im Erzbistum Köln studieren und promovieren konnten. Die Früchte dieser Verbindung sind auch heute noch auf beiden Seiten zu spüren: So sind in Deutschland über 20 Priester und 50 Ordensleute allein aus der Diözese Enugu missionarisch tätig.
Nigerias Kirche ist missionarisch
Die katholische Kirche in Nigeria ist damit von einer einstigen Missionskirche zu einer wahrhaft missionarischen Kirche geworden. Im Gegenzug hat Nigeria sehr von der Katholischen Soziallehre aus Deutschland profitiert. Das „Catholic Institute for Development, Justice and Peace“ (CIDJAP) in Enugu setzt sich dafür ein, dass die Katholische Soziallehre in Nigeria in die Tat umgesetzt wird: durch Vergabe von Mikrokrediten und Stipendien, durch Agrarwirtschaft und sozialen Wohnungsbau sowie durch den Betrieb des größten Krankenhauses in Enugu und eines eigenen „Höffner Verlages“.
Die Diözese Enugu verfügt über 1,4 Millionen aktive katholische Christen – und der Bischof betonte dabei: aktive Christen. Neben 550 Priestern gibt es dort 350 Seminaristen und 400 Knabenseminaristen (Schüler mit dem Ziel Priester). Bei einer kürzlichen Firmung hatte der Bischof 1 300 junge Menschen zu firmen. Die Firmung dauerte vier Stunden: „In Enugu gibt es mehr jüngere als ältere Menschen.“ Aber es gibt durchaus auch massive Probleme mit der fortschreitenden Islamisierung: „Die Situation ist kritisch. Viele haben Angst um ihre Sicherheit.“
Bedrohung durch islamistische Gruppen
Zwar gibt es die islamistische Gruppierung „Boko Haram“ nicht mehr, doch es haben sich neue bewaffnete Gruppen gebildet, die gezielt Christen angreifen und mit denen kein Gespräch möglich ist: „Die Situation ist sogar schlimmer als früher!“ Bischof Onaga berichtete von mehreren gekidnappten Priestern aus seiner Diözese, von denen zwei getötet wurden. Hinzu kommen Vergewaltigungen von Christinnen und Angriffe auf Häuser. Doch die Eindrücke des Tages konnten auch durch diese schrecklichen Nachrichten nicht getrübt werden: „Unsere Kirche ist lebendig und wächst!“ – Eine mutmachende Nachricht für die katholische Kirche in Deutschland, die sich eher in die umgekehrte Richtung entwickelt: von der missionarischen Kirche zum Missionsland.