El Salvador

Lug und Trug

In El Salvador kämpft die internationale Abtreibungslobby mit harten Bandagen.
Video aus El Salvador
| In diesem Video wird die Vorgehensweise der Abtreibungslobby in El Salvador aufgedeckt (Screenshot).

Miscarriage is not a crime!“ („Eine Fehlgeburt ist kein Verbrechen“), hieß es auf einem Transparent, das ein Mitglied einer „US-Menschenrechts-Delegation“ bei deren Besuch in El Salvador 2015 hielt.

Der Satz verdichtet den Kampf, der in El Salvador seit Jahren um die Liberalisierung von Abtreibung tobt. Und das gleich auf doppelte Weise: Einerseits illustriert der auf Englisch verfasste Text die Internationalisierung des innerstaatlichen Konflikts in dem mittelamerikanischen Land und den besonderen Einfluss, den das „Center for Reproductive Rights“ („Zentrum für Reproduktive Rechte“) mit Hauptsitz in New York dabei ausübt. Dem eigenen Selbstverständnis zufolge „setzt das Zentrum für Reproduktive Rechte die Macht des Gesetzes ein, um die reproduktiven Rechte als grundlegende Menschenrechte auf der ganzen Welt zu fördern“.

Andererseits ist die Binsenwahrheit „Eine Fehlgeburt ist kein Verbrechen“ ein besonders perfides Beispiel dafür, wie die internationale Abtreibungslobby versucht, vorgeburtliche Kindstötung mittels gezielter Sprachpolitik zu verharmlosen. Aber der Reihe nach.

Kampf um „Recht auf Abtreibung“

Der Besuch der „US-Menschenrechts-Delegation“ in El Salvador galt der Unterstützung der Gruppe „Las 17“ („Die 17“). Laut eigener Aussage handelt es sich bei den 17 um „Frauen, die in Armut gelebt haben und leben. Die meisten von ihnen litten zu irgendeinem Zeitpunkt der Schwangerschaft unter geburtshilflichen Problemen („obstetric emergencies“), erlitten Schwangerschaftsverluste oder erlebten Entbindungen ohne gesundheitliche oder medizinische Hilfe. Sie suchten verblutend nach Hilfe in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen, wurden jedoch wegen Tötung angezeigt, verfolgt und verurteilt.“ Soweit die Selbstdarstellung.

Die zunächst 17 Frauen, die seit Ende der 1990er Jahre in El Salvador wegen Kindstötung zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt wurden, sind in Mittelamerika zu einem Symbol für den Kampf um die Legalisierung der Abtreibung als eines „reproduktiven Rechts“ geworden. Auch wenn inzwischen weit mehr Frauen in El Salvador wegen Kindstötung inhaftiert wurden, hat die Gruppe, die von der „Agrupación Ciudadana por la Despenalización del Aborto Terapéutico Ético y Eugenésico“ („Bürgerinitiative für die Straffreiheit ethischer und eugenischer therapeutischer Abtreibung“) sowie vom Zentrum für Reproduktive Rechte unterstützt wird, den Namen „Die 17“ beibehalten.

Unterstützung erhalten die Abtreibungsbefürworter in El Salvador auch von weiteren internationalen Organisationen, insbesondere von der „Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte“, einem unabhängigen Organ der Organisation Amerikanischer Staaten OAS mit Sitz in Washington, sowie von der „Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau“, einem Ausschuss der Vereinten Nationen mit Sitz in New York. Beide Ausschüsse haben El Salvador bereits mehrfach aufgefordert, seine restriktive Abtreibungs-Gesetzgebung zu liberalisieren.

Notfall oder „schwerer Totschlag“?

Laut diesen Organisationen wurden die Frauen wegen „Fehlgeburten“ oder „Geburtsnotfällen“ angeklagt und zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. So schreibt das Zentrum für Reproduktive Rechte: „Seit mehr als 16 Jahren stellt El Salvador Abtreibung in allen Fällen unter Strafe, selbst wenn die Abtreibung zum Schutz von Leben und Gesundheit einer Frau notwendig ist.“ Das Verbot habe „zur willkürlichen Inhaftierung und Kriminalisierung vieler Frauen geführt, die schwangerschaftsbedingte Komplikationen und Fehlgeburten erlitten“, und die „wegen schweren Totschlags mit bis zu 40 Jahren Gefängnis“ verurteilt worden seien.

Ähnlich äußert sich das schwedische „Forum för levande Historia“ („Forum für lebendige Geschichte“), eine dem schwedischen Kulturministerium untergeordnete Behörde, die 2018 den „Per-Anger-Preis für Menschenrechte“ Teodora del Carmen Vásquez, einer der „17“ Frauen, verlieh: In El Salvador würden „Frauen fälschlicherweise nach einer Fehlgeburt oder nach Komplikationen bei der Geburt eines Kindes beschuldigt, abgetrieben zu haben. In einigen Fällen werden diese Frauen wegen Mordes verurteilt.“

Aber stimmt das überhaupt? Wurden die Frauen tatsächlich wegen einer Fehlgeburt oder eines „Geburtsnotfalls“ verurteilt? Bereits im August 2014 äußerte sich dazu Miguel Fortín Magana, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin von El Salvador, in einem Interview gegenüber „Diario1.com“. Laut Fortín Magana wies das Institut für Rechtsmedizin nach, dass die 17 Frauen in allen Fällen ihre bereits geborenen Kinder ermordet hätten. „Keine von ihnen sitzt wegen geburtshilflicher Komplikationen, sondern wegen Kindstötung im Gefängnis.“ Er bestritt auch nachdrücklich, dass die Frauen wegen einer Abtreibung inhaftiert worden sind, denn die Höchststrafe für eine Abtreibung betrage in dem mittelamerikanischen Land acht Jahre. „In El Salvador werden keine Strafen von 30 oder 40 Jahren für Abtreibung verhängt. Das ist eine von vielen Lügen.“

Ein neues Video entlarvt die Lügen

Der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin von El Salvador kommt auch in einem kürzlich auf YouTube veröffentlichten Video mit dem Titel „‚Das Abtreibungshandbuch’: Die Wahrheit über ‚Die 17’ in El Salvador“ (Regie: Luis María Piccinali, Drehbuch: Juan Carlos Monedero) zu Wort. Der Dokumentarfilm wird von den argentinischen Firmen „El Faro Films“ und „Ola Films“ in Zusammenarbeit mit der Stiftung VIDA SV El Salvador produziert.

Die Vorsitzende von VIDA SV, Sara Larín, sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur „ACIprensa“: „Seit acht Jahren werden die wichtigsten feministischen Organisationen aus El Salvador vom Zentrum für Reproduktive Rechte beraten, um durch die Kampagne ‚Die 17’ eine politische, mediale und juristische Strategie umzusetzen, mit der ein Präzedenzfall geschaffen werden soll, um El Salvador und andere Mitgliedsländer der Interamerikanischen Menschenrechtskonvention zur Legalisierung der Abtreibung zu drängen.“

Der Dokumentarfilm widerlegt faktenreich, insbesondere auch durch die Obduktionsberichte der getöteten Kinder, „fünf Lügen“ der Abtreibungspropaganda. Darin äußert etwa der bereits erwähnte Direktor des Instituts für Rechtsmedizin: „Einige Kindsmorde erfolgten nach solch barbarischen Methoden, dass das bloße Ersuchen um Begnadigung der Täterinnen eine absolute Missachtung des Lebens, der Werte und des Gesetzes darstellt.“

Pseudonyme und Vertuschungen

Bezeichnend in dem Zusammenhang nimmt sich der Fall „Manuela“ aus, der mit Unterstützung durch die Medien von der Abtreibungslobby prominent behandelt wird. Die als „Manuela“ bekannte Frau starb 2010 an Lymphdrüsenkrebs im Gefängnis, nachdem sie wegen schweren Totschlags zu 30 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Laut der VIDA SV-Vorsitzenden handelt es sich um „ein Pseudonym, das von feministischen Gruppen benutzt wird, um den echten Namen von María Edis Hernández Méndez de Castro zu verbergen“. Dies geschehe mit dem Ziel „zu verhindern, dass nach den offiziellen Dokumenten über den Fall gesucht wird, da das Urteil alle Details des Verbrechens offenbart. Abtreibung fordernde NGOs behandeln diesen Fall mit hoher Geheimhaltung, da es sich um einen juristischen Betrug vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte handelt“. Das wirkliche Opfer sei nicht „Manuela“, sondern ihr neugeborener Sohn, der „laut offiziellen Dokumenten gelebt hatte, bevor er von seiner eigenen Mutter ermordet wurde“.

Auf der Homepage der Stiftung VIDA SV (vidasv.org) kann die Dokumentation in 28 Fällen von „schwerer Kindstötung“ samt Bildern aus den Obduktionsberichten eingesehen werden. Unter „Manuela – María Edis Hernández Méndez de Castro“ heißt es: Sie „tötete ihren neugeborenen Sohn, indem sie ihm gewaltsam die Nabelschnur riss und ihn in eine Latrine warf, wo das Baby im Kot erstickte“.

Beim Prozess gegen „Die 17“ bestand die Verteidigung – so etwa bei Evelyn Hernández – häufig darauf, dass die Frau nicht gewusst habe, dass sie schwanger gewesen sei. Deshalb habe sie einen „Geburtsnotfall“ erlitten. Damit soll untermauert werden, dass der Tod des Neugeborenen nicht auf eine Handlung ihrer Mandantin zurückzuführen, sondern ohne deren Zutun geschehen sei. Das Argument widerspricht allerdings dem Ziel der Abtreibungsbefürworter, die gleichwohl solche Fälle für ihre Forderung nach straffreien Abtreibungen anführen. Denn eine Abtreibung setzt nicht nur die Kenntnis einer Schwangerschaft, sondern auch eine eigene Handlung voraus. Aber um Argumente geht es der Abtreibungslobby offenkundig nicht – ihr geht es lediglich um die Durchsetzung ihrer als „reproduktive Rechte“ ausgegebenen Agenda.

Das Video (in spanischer Sprache) findet sich unter: www.youtube.com

In El Salvador kämpft die international vernetzte Abtreibungslobby mit allen Mittel für eine Legalisierung vorgeburtlicher Kindstötungen. Selbst nach der Geburt von ihren Müttern getötete Kinder werden von ihr wahrheitswidrig als Fehlge- burten ausgegeben. Nun deckt ein Video zahlreiche Lügen auf.

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José García UNO

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