Kinderkatechese

Rettung durch den Bruder

In der heutigen Familienkatechese mit Lilly und Bob erfahren wir, wie es dem jungen Josef in Ägypten ergangen ist. Teil 2.
Josef, Aufseher über die Kornspeicher des Pharaos
Foto: Youcat Foundation | Youcat Foundation - Lilly und Bob - Josef, Aufseher über die Kornspeichern des Pharaos

Bob: Hallo Opa! Erzählst du uns heute die Geschichte von Josef in Ägypten weiter?

Opa: Hallo ihr beiden. Ja, das kann ich gerne machen. Was wisst ihr denn noch vom letzten Mal?

Bob: Alles!

Lilly: Josef wurde von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft, machte dort schnell Karriere und kam dann aber unschuldig für zehn Jahre ins Gefängnis.

Bob: Wegen der fiesen Frau des Potifar!

Opa: Da habt ihr sehr gut aufgepasst. Josef war dort übrigens nicht alleine: Im Gefängnis waren auch der Obermundschenk und der Oberbäcker des Pharao.

Josef deutet Träume im Gefängnis

Bob: Was ist ein Obermundschenk?

Opa: Das war ein verantwortungsvoller Beruf: Er musste die Getränke des Herrschers aussuchen und sie in seiner Gegenwart als Erster probieren. So stellte der König sicher, dass keiner ihn vergiften konnte. Eines Tages hatten diese beiden im Gefängnis seltsame Träume. Der Mundschenk des Pharao träumte von einem Weinstock mit drei Weintrauben, deren Saft er in den Becher des Pharao rinnen ließ. Und der Bäcker träumte, dass er drei Körbe feinen Gebäcks auf seinem Kopf trug und plötzlich Vögel kamen und aus dem obersten zu fressen begannen. Josef deutete die Träume mit Gottes Hilfe richtig. Zum ersten sagte er: „Noch drei Tage, dann wird der Pharao dich wieder in dein Amt einsetzen.“ Zum zweiten sprach er: „Noch drei Tage, dann wird der Pharao dich hinrichten lassen.“

Lilly: Oh! Wie reagierte der Bäcker denn auf diese schlechte Nachricht?

Opa: In der Bibel steht dazu nichts geschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass er Josef einfach nicht geglaubt hat. Aber es geschah so, wie er es gedeutet hatte. Als der Pharao zwei Jahre später ebenfalls sonderbare Träume hatte, die niemand erklären konnte, erinnerte sich der Mundschenk an Josef zurück. Er wurde vor den Pharao geladen, um auch seine Träume zu deuten. Der Pharao sah im Traum sieben schöne, fette Kühe aus dem Nil steigen. Sieben magere, hässliche, die ihnen später folgten, verschlangen sie, ohne dabei selbst dicker zu werden. Dann träumte der Pharao das gleiche mit sieben prallen Getreideähren, die von sieben kümmerlichen, verdorrten aufgefressen wurden.

Siebenjährige Hungersnot

Bob: Konnte Josef die Träume richtig deuten?

Opa: Ja, mit Gottes Hilfe. Josef sagte dem Pharao, dass Ägypten sieben Jahre im Überfluss ernten wird, dann aber eine siebenjährige große Hungersnot über das Land hereinbrechen wird. Die Zahl sieben wird in der Bibel übrigens sehr oft als symbolische Zahl verwendet. Sie gilt als Zahl der Vollkommenheit.

Bob: War der König sauer über Josefs Deutung?

Opa: Nein, der Pharao war dankbar für Josef und seinen Gott, der ihm half, seine Träume zu verstehen. Er machte ihn zu seinem obersten Verwalter. Und als dieser handelte er klug: In den Jahren des Überflusses ließ er einen Teil der Ernte in extra erbauten Kornspeichern lagern und in den Jahren der Hungersnot konnte er die Vorräte teuer ins Ausland verkaufen. Auch Josefs Brüder aus Kanaan kamen, um nicht verhungern zu müssen.

Bob: Haben sie Josef wiedererkannt, als sie ihn sahen?

Opa: Nein, Josefs Brüder erkannten ihn nach all den Jahren und noch dazu in den ägyptischen Kleidern, die er trug, nicht. Auch sprach er mit ihnen nicht auf Hebräisch, sondern mithilfe eines Dolmetschers.

Lilly: Was hatte er denn an?

Opa: Zur damaligen Zeit hatte man leichte Stoffe, bevorzugt Leinen, an: Die Männer trugen meistens einen Kilt, das ist ein knielanger Rock, und die Frauen lange Kleider, die an einer oder beiden Schultern zusammengebunden wurden. Je wohlhabender ein Ägypter war, umso aufwändiger war seine Bekleidung. Josef trug deshalb wohl ein in weiß gebleichtes Gewand, eine reichgeschmückte Perücke, die als Statussymbol und als Sonnenschutz diente, und dazu teuren Schmuck. Außerdem war es dort damals für Frauen und Männer üblich, sich die Augen mit einem Lidstrich bis weit an die Schläfen zu umranden.

Bob: Dann sah er ja wirklich ganz verändert aus!

Josefs cleverer Plan

Lilly: War Josef überrascht, als er seine Brüder sah?

Opa: Als er seine Brüder erblickte, wollte er vor allem wissen, ob sie sich gebessert hatten. Um mehr über seine Familie herauszufinden, ohne sich selbst erkennen geben zu müssen, überlegte er sich eine List. Er beschuldigte seine Brüder, Spione zu sein und unterzog sie so einem Verhör. Daraufhin erzählten sie ihm, wer sie waren, und berichteten auch von ihrem Vater und ihrem jüngsten Bruder Benjamin, der zu Hause geblieben war.

Lilly: Wie schlau, jetzt wusste Josef auch, dass sein Papa noch am Leben war.

Opa: Als Beweis, dass seine Brüder die Wahrheit gesprochen hatten, befahl Josef ihnen, dass sie auch ihren jüngsten Bruder vor ihn bringen sollten. Als Pfand ließ er Simeon, den zweitältesten der Brüder, bis zu ihrer Rückkehr gefangen nehmen.

Bob: Warum war Benjamin nicht mit den anderen mitgekommen?

Opa: Bis nach Ägypten ist es eine gefährliche Reise und Jakob wollte ihn lieber in Sicherheit wissen. Als die Brüder einige Wochen später mit Benjamin in Ägypten eintrafen, wurde Simeon wieder frei gelassen, die Brüder konnten neues Korn kaufen und wurden vor ihrer Abreise von Josef zu einem Festmahl eingeladen. Das war Teil von Josefs Plan: Ein Diener schmuggelte in Josefs Auftrag heimlich seinen silbernen Trinkbecher in Benjamins Tasche, der bei einer späteren geplanten Soldatenkontrolle natürlich entdeckt wurde. Josef wollte seine Brüder auf die Probe stellen: Würden sie auch jetzt wieder einen Bruder, der sich offensichtlich als Dieb erwiesen hatte, opfern oder würden sie für ihn eintreten?

Lilly: Irgendwie gemein, aber auch clever.

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Opa: Josef war von dem Verhalten seiner Brüder bewegt: Sie fielen vor ihm auf die Knie und baten ihn, sie anstelle von Benjamin zu bestrafen und ihn zu befreien. Sie sagten, dass ihr armer Vater schon einmal beim Verlust eines Bruders beinahe vor Kummer gestorben wäre und den Verlust Benjamins nicht überleben würde. Da merkte Josef, dass es seinen Brüdern leidtat, was sie vor vielen Jahren mit ihm gemacht hatten. Er war so gerührt, dass er sich zu erkennen gab und ihnen offen seine Vergebung aussprach.

Lilly: Und wie reagierten die Brüder?

Opa: Zunächst waren sie fassungslos und unfähig, ihm zu antworten, dann aber, nachdem Josef Benjamin umarmte und weinte, umarmten und küssten auch sie sich. Auf Josefs Einladung hin kamen dann auch sein Vater Jakob und seine ganze Familie nach Ägypten, wo sie die nun fünf folgenden Jahre der Hungersnot gut überleben konnten. Josef, als Sklave verkauft, wurde so zum Retter seiner Brüder und zum Retter seines ganzen Volkes. Manchmal entdecken wir eben erst im Nachhinein, dass Probleme zu etwas Gutem führen können und dass – wie der französische Dichter Paul Claudel (1868-1955) einst sagte – Gott ein Gott ist, der auf krummen Zeilen gerade schreibt.

Lust auf ein Arbeitsblatt?
Unter diesem Link findest du eine Bastelaufgabe, ein Rätsel und ein Kartenspiel:
https://bit.ly/josef-aegypten


Katechetisches Feature für die Eltern (von Bernhard Meuser):

„Große Schwester erschlägt kleines Brüderchen“ – typisch Boulevardpresse? Nein, typisch Mensch. Mit der Geschichte von Josef haben wir es - nach Kain und Abel (Gen 4,8) - schon mit dem zweiten biblischen Eifersuchtsdrama zu tun, bei dem es um Leben und Tod geht. Oft sind die Eltern und der Liebling mitschuldig an der Katastrophe. Jakob bevorzugt Josef. Was tut Josef? Er baut seine Topposition noch aus: Er tratscht bei dem Vater über die Brüder. Nun ist Josef auch noch besonders begabt: Er kann Träume deuten. Einmal wird ihm dies das Leben retten. Noch aber kommt er daher wie ein übler Angeber. Das kostet ihn die Freiheit und fast das Leben. Aber für die Bibel ist die Josefsgeschichte mehr als eine kluge Parabel. Sie ist das Vorspiel für die ganz große Geschichte, die Jesusgeschichte. Im Schicksal von Josef spiegelt sich das Schicksal Jesu – bis hin zum Detail des besonderen Kleides. Josef wird zu den Brüdern geschickt - als Mittelsmann zwischen dem Vater und den Söhnen. Jesus wird zum Volk Israel geschickt, um den Vater zu offenbaren. Josef wird für 20 Silberlinge verkauft. 30 Silberlinge bekommt der Jünger, der Jesus ans Messer liefert. Josef wird von seinen Brüdern verraten; er rächt sich nicht, sondern wird zum Retter Israels. Jesus wird der Retter aller; durch seinen Tod am Kreuz reißt er die Menschheit aus der Verlorenheit an die Sünde. Josef versöhnt seine Brüder mit sich - Jesus versöhnt die Menschheit mit Gott. 

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