Kinderkatechese

Nach Ägypten verschleppt

Gott schreibt auf krummen Zeilen gerade: In der heutigen Familienkatechese mit Lilly und Bob folgen wir dem jungen Josef nach Ägypten. Teil 1.
Josef in Ägypten
Foto: Alexander von Lengerke | Ihrem Vater Jakob erzählten Josefs Brüder, dass ein wildes Tier Josef gefressen habe. Als Beweis zeigten sie ihm sein schönes Gewand, das sie in Ziegenblut getränkt hatten.

Opa: Hallo Lilly! Hallo Bob! 

Lilly: Hallo Opa!

Bob: Opa, schau! Ich habe heute diese Seite hier in Leons Freundschaftsbuch gestaltet. 

Lilly: Du hast nur leider die Linien, die du mit Bleistift vorgemalt hast, nicht im gleichen Abstand zu den Seitenrändern gemacht. Das sieht schief aus!

Opa: Du hast die Seite wunderschön gestaltet. Da wird sich dein Freund bestimmt sehr freuen. Und wenn der Text nicht ganz gerade ist, macht das überhaupt nichts. Kennt ihr denn das Sprichwort „Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade“? Nein? Es stammt vom französischen Dichter Paul Claudel (1868-1955). Claudel wollte damit sagen, dass Gott aus etwas vermeintlich Negativem etwas Positives machen kann. Manchmal entdecken wir erst im Nachhinein, dass Probleme zu etwas Gutem führen können, wie in der Josefsgeschichte aus dem Alten Testament.

Bob: Was passiert denn in der Geschichte von Josef? 

Opa: Josef war der Sohn Jakobs und lebte vor etwa 3.700 Jahren mit seiner Familie als Nomade – das sind Menschen, die mit ihrer Familie und ihren Tieren immer von Ort zu Ort ziehen – im Land Kanaan. Das ist ungefähr im heutigen Israel. Er hatte elf Brüder und eine Schwester. Seine ältere Schwester hieß Dina und seine älteren Brüder hießen: Ruben, Simeon, Levi, Juda, Sebulon, Issachar, Dan, Gad, Ascher und Naftali. Und der jüngste Bruder von Josef war Benjamin. 

Eifersucht unter den Brüdern

Bob: Dann hatte Josef ja immer viele Geschwistern zum Spielen.

Opa: Josef verstand sich leider nicht immer so gut mit seinen Brüdern. Er verpetzte sie oft. Noch dazu war er das Lieblingskind seines Vaters, der ihn bevorzugt behandelte. Sein Vater schenkte ihm als Einzigen beispielsweise ein wunderschönes buntes Kleid. Das ärgerte natürlich die älteren Brüder. 

Lilly: Das ist ja auch ungerecht! Warum tat er das? 

Opa: Zur damaligen Zeit war es üblich, dass ein Mann mehrere Frauen haben konnte und Josef und Benjamin waren von Jakobs zweiter Frau Rahel, die Jakob besonders liebte. Ganz schlimm wurde der Streit, als Josef seinen Brüdern von seinen Träumen erzählte. Einmal träumte er, dass alle Geschwister auf dem Feld Korn zu Getreidebündeln zusammenbanden. Sein Bündel richtete sich auf und die der anderen warfen sich vor seinem nieder. Und ein anderes Mal träumte er sogar, dass die Sonne, der Mond und elf Sterne – also sinnbildlich seine Eltern und Geschwister – sich vor ihm niederwarfen. 

Bob: Der war aber eingebildet! Und das erzählte er auch noch allen!

Opa: Eines Tages schickte ihn sein Vater wieder zu seinen Brüdern, die beim Schafehüten waren. Er sollte ihm Bericht erstatten, ob alles in Ordnung war.

Lilly: War Josef noch zu klein zum Tiere-hüten?

Opa: Er war so 17 Jahre alt, also alt genug, um mit den anderen mitarbeiten zu können.

Bob: Er wurde mal wieder bevorzugt vom Papa!

Opa: Vielleicht. Als seine Brüder ihn ankommen sahen mit seinem schönen Gewand, wurden sie sehr neidisch und sie packten Josef, zogen ihn aus und warfen ihn in eine Zisterne. Das ist so ähnlich wie ein Brunnen, nur wird eine Zisterne nicht vom Grundwasser gespeist, sondern fängt Regenwasser auf.

Josef als Verwalter in Ägypten

Lilly: Aber dort war kein Wasser mehr drin, oder?

Opa: Zu diesem Zeitpunkt nicht, nein. Aber wenn Josef nicht ertrunken wäre, dann wäre er nach ein paar Tagen wohl verdurstet. Zum Glück versuchten ihn seine Brüder Ruben und Juda zu retten. Sie konnten die anderen Brüder, die seinen Tod wollten, davon überzeugen, ihn besser für 20 Silberlinge an eine vorbeiziehende Karawane als Sklaven zu verkaufen. 

Lilly: Ist das viel Geld?

Opa: Das entspricht heute in etwa 4. 000 bis 10.000 Euro, je nach Gewicht der Silberstücke. Aber als Sklave gehörte Josef dann seinem neuen Besitzer, der frei über ihn verfügen konnte. Heutzutage ist Sklaverei zum Glück streng verboten, trotzdem gibt es in vielen Ländern noch immer Menschenhandel und sogar Kindersklaven. Ihrem Vater Jakob erzählten die Brüder später, dass ein wildes Tier Josef gefressen habe. Als Beweis zeigten sie ihm das schöne Kleid, getränkt in Ziegenblut. Die Kaufleute der Karawane verkauften Josef an Potifar, einem Hofbeamten des Pharao, des damaligen Königs des Ägypten-Reiches. Die Pharaonen galten im alten Ägypten übrigens als fleischgewordene Götter. Deshalb bauten ihre Untertanen ihnen große ansehnliche Grabstätten. 

Bob: Die Pyramiden!

Lilly: Und Ägypten liegt am Nil, ein Fluss in Afrika!

Opa: Alles richtig. Ägypten bestand fast ausschließlich aus dem 900 Kilometer langen und 30 Kilometer breiten Flusstal des Nils und einer breit angelegten Fläche des Nildeltas an der Mittelmeerküste. Aber für Josef war Ägypten vor allem ein fremdes Land mit ganz neuen Lebensweisen. 

Bob: Wie weit war es denn von Kanaan weg? Opa: Es war etwa 400 Kilometer Luftlinie von seiner Heimat entfernt. Als Hebräer musste er zunächst auch die dortige Sprache erlernen. 

Lilly: Arabisch?

Opa: Um das Jahr 640 eroberten die Araber das dortige Gebiet, deshalb spricht man heute dort Arabisch, ja. Aber zur Zeit von Josef sprach man noch Ägyptisch. Obwohl Josef jetzt ohne seine Familie war, war er nicht allein, denn Gott war mit ihm und segnete seine neue Arbeit. 

Bob: Musste er als Sklave hart arbeiten? 

Opa: Josef kam zum Glück in ein gutes Haus: Sein Herr Potifar war Oberaufseher der Leibwache und behandelte ihn fair. Die meisten Menschen in Ägypten waren Arbeiter und Handwerker, aber es gab auch viele Beamte, die dafür sorgten, dass alle anderen Arbeiten organisiert verrichtet wurden. Fehlzeiten durch Krankheiten wurden zum Beispiel genau protokolliert und mussten nachgearbeitet werden. 

Lilly: Wie in der Schule…

Opa: Ja, ein bisschen wie in der Schule. Und weil Josef sehr fleißig war und schnell lernte, stieg er in nur drei Jahren zum obersten Verwalter des Hauses auf. 

Josef macht sich eine Feindin

Bob: Wow, dann hat er ja richtig schnell Karriere gemacht!

Opa: Das kann man so sagen. Josefs Glück wendete sich allerdings, als die Frau seines Chefs sich in ihn verliebte. Er war ein sehr gutaussehender junger Mann. Eines Tages packte und küsste sie ihn: Josef riss sich los und lief halbnackt, ohne seinen Mantel, davon. Die Frau des Potifar war darüber so wütend, dass sie ihrem Mann erzählte, dass Josef sie verführen wollte. Als Beweis zeigte sie seinen Mantel. 

Lilly: Schon wieder dient ein Mantel als Beweis für eine Lüge! 

Opa: Gut analysiert. Josef kam dann für die nächsten zehn Jahre unschuldig ins Gefängnis.

Bob: Was, sooo lange?!

Opa: Keine Sorge, die Geschichte endet nicht im Gefängnis. Aber den weiteren Verlauf erzähle ich euch das nächste Mal, denn ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es für euch jetzt schon Zeit ist, ins Bett zu gehen. 

Bob: Nein, bitte noch nicht!

Lilly: Sprechen wir noch ein gemeinsames Abendgebet?

Opa: Sehr gerne. Der Friede zwischen Geschwistern und auch der Friede in der Welt fängt immer ganz klein an, in unseren Herzen. Deshalb beten wir ganz vertrauensvoll zu unserem Vater im Himmel: „Guter Gott, du liebst uns, deine Kinder, alle gleich. Bitte hilf, dass wir uns immer so von deiner Liebe getragen fühlen, dass Eifersucht und Neid in unseren Leben keinen Platz finden. Hilf uns, dass wir uns nicht mit anderen vergleichen, sondern die Talente, die wir erhalten haben, sinnvoll einsetzen, um Dich zu rühmen und Dir zu danken.“

Fortsetzung folgt. 

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Themen & Autoren
Claudia Weiß Paul Claudel

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