Es ist ein guter katholischer Brauch, dass wir es uns noch einmal richtig gut gehen lassen, bevor die österliche Bußzeit beginnt. Noch sechs Tage können wir ausgelassen Fasching feiern oder Karneval, damit wir gut hinein kommen in die Fastenzeit. „Muss ich dann wirklich fasten und auf Essen verzichten?“, wirst du vielleicht fragen. Aber ich kann dich beruhigen: Hungern sollen Kinder und Jugendliche auch in dieser Zeit nicht! Ihr seid ja noch im Wachstum. Es geht vor allem darum, dass wir uns von falschen Angewohnheiten lösen und frei werden für ein Leben nach Gottes Willen. Klar, dass wir da auch auf Naschereien verzichten und Zerstreuungen einschränken wollen.
Solche Vorsätze wirst du allerdings nur durchhalten, wenn du dir klar machst, was du damit erreichen willst. Die vierzig Tage der Fastenzeit sind ein Trainingsprogramm, um uns in der Liebe einzuüben; und der Startschuss für dieses Training fällt am Aschermittwoch, wenn uns der Priester mit Asche bestreut und sagt: „Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst.“ Das heißt, wir sollen uns darauf besinnen, was in unserem Leben vergänglich und vorläufig ist, und es unterscheiden von dem, was bleibt und vor Gott Bestand hat. Deshalb sagt der Priester auch manchmal: „Kehr um und glaube an das Evangelium!“ Umkehren bedeutet, sich vom Oberflächlichen abwenden und zum Wesentlichen vordringen; also von Jesus zu lernen, was wirklich gut für uns ist. Was das ist, erfahren wir im Evangelium.
Unseren Alltag zu Gott bringen
Am Aschermittwoch legt uns Jesus drei Übungen für das vierzigtägige Training ans Herz. Noch vor dem Fasten nennt er das Teilen und das Beten (Matthäusevangelium 6,1-18). Durch Verzicht lernen wir, mit uns selbst ins Reine zu kommen. Wenn wir Probleme haben oder Zoff und Streit, dann trösten wir uns gerne schnell mit Ablenkungen; mit Vergnügungen, Süßigkeiten, lauter Musik oder Videoclips. Aber Gott wünscht sich, dass wir die Dinge anpacken und unsere Sorgen mit Ihm teilen. Solange wir uns selber trösten und betäuben, sind wir nicht wirklich erreichbar für Gott und unsere Mitmenschen. Deshalb ist das Gebet in der Fastenzeit genauso wichtig: Wir wollen uns darin üben, unseren Alltag mit seinen Höhen und Tiefen in Lobpreis und Dank, Fürbitte und Reue vor Gott zu bringen.
Die dritte Übung schließlich heißt Teilen: Jesus spricht von „Almosen“, was eigentlich „Erbarmen“ heißt. Damit können milde Gaben oder Spenden gemeint sein, aber auch die generelle Bereitschaft, zu schenken und zu helfen; also Werke der Barmherzigkeit und Taten der Nächstenliebe. Auch Kinder und Jugendliche können Gutes tun und helfen, wie man an den Sternsingern sieht. Nur sollen wir dabei nicht unsere Allernächsten übersehen, mit denen wir ständig zu tun haben. Den Eltern im Haushalt zur Hand gehen, oder unser Pausenbrot mit Mitschülern zu teilen, ist in den Augen Gottes genauso viel wert. Hauptsache, du trainierst mit den drei Übungen das dreifache Liebesgebot ein: Gott zu lieben (im Gebet), deine Nächsten (durch Erbarmen) und Dich selbst (durch Verzicht).
Durch Fasten, Teilen und Beten in der Liebe wachsen
Von der Nächstenliebe handelt auch das Evangelium, das wir am kommenden Sonntag hören (Matthäusevangelium 5,38-48). „Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab“, sagt Jesus in der Bergpredigt. Er denkt dabei aber nicht nur an die, mit denen wir gut auskommen, sondern gerade auch an die, mit denen wir uns schwertun: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ Jesus meint, wir sind nicht besser als Sünder und Ungläubige, wenn wir nur zu denen freundlich sind, die uns mögen, und nur denen helfen, die uns nahestehen; denn das tun auch „Zöllner“ und „Heiden“. Jetzt wirst du sicher fragen: Wie kann man denn Menschen lieben, die einen ärgern und schlecht behandeln oder gar hassen und verfolgen? Zugegeben, das fällt auch mir schwer. Aber ich bin meiner Mutter unendlich dankbar, dass sie mir schon als kleines Kind eingeschärft hat: „Du darfst niemals sagen: Diesen Menschen hasse ich! Sowas darfst Du nicht mal denken. Gott liebt auch diese Person. Bete für sie; aber hassen geht gar nicht!“ Und weißt du was, das hat mir sehr geholfen im Leben: mir vorzustellen, dass Gott diesen Deppen oder jene Idiotin genauso liebt wie mich. Denn allzu schnell wollen wir Gleiches mit Gleichem vergelten, zurück hauen oder fluchen und Rache üben. Wenn ich dagegen solche Menschen segne und ihnen Gutes wünsche, finde ich leichter zum Frieden zurück.
„Denke um und verlass dich auf Gott!“
Was aber Jesus empfiehlt, ist noch viel mehr, und er bringt drei ganz konkrete Beispiele: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin!“ Soll das heißen, dass wir Christen uns alles gefallen lassen müssen? Bestimmt nicht. Aber wir sollen besser handeln; einfach nicht so reagieren, wie der oder die andere es erwartet. Auch auf Gewalt sollen wir verzichten; nicht nur in der Fastenzeit. „Wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel!“ Aber das ist doch ungerecht, wirst du sagen. Stimmt! Aber es ist nicht immer die rechte Zeit, um für sich Gerechtigkeit einzufordern und auf seinem Recht zu beharren. Das sollten wir besser Gott überlassen, denn Er ist der Richter und „lässt seine Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte“.
Freundlicher Helfer statt unterdrückter Feind
„Wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm!“ Die Zuhörer damals wussten sofort, wen Jesus meint. Denn damals waren römische Soldaten im Land, und die konnten einen zwingen, ihr Marschgepäck zu tragen. Doch nach einer Meile, hatte man das Recht, die Last niederzulegen und sich aus dem Staub zu machen, und damit haben die Soldaten auch gerechnet. Kannst du dir vorstellen, wie überrascht so ein Römer war, wenn ihm einer angeboten hätte, ihn weiter zu begleiten? Auf einmal steht man nicht mehr als der unterdrückte Feind da, sondern als freundlicher Helfer. Jesus meint: Du kannst Deine „Feinde“ oft damit beschämen, dass du dich nicht feindselig verhältst, sondern als überlegen erweist – durch Erbarmen!
Kehr um und glaube an das Evangelium“, bedeutet: „Denke um und verlass dich auf Gott!“ Wie wäre es, wenn du dir das für die kommende Fastenzeit vornimmst: auch ungerechte Menschen als Kinder Gottes anzusehen, die nur noch nicht wissen, dass Er sie liebt. Jesus sagt: „Erbarmen will ich, nicht Opfer“ und „Selig, die Frieden stiften“ (Matthäusevangelium 12,7 und 5,9). Das wäre ein Fasten, das dem Herrn gefällt!
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