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Aufblicken zu Jesus

Am 14. September feiert die Kirche das Fest der Kreuzerhöhung. Warum ist das Kreuz für uns Christen so wichtig ?
Fest Kreuzerhöhung
Foto: Jakub Porzycki via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Die heilige Helena soll im Jahr 320 das heilige Kreuz Jesu auf dem Hügel Golgotha, wo Jesus starb, vor Jerusalem gefunden haben.

Ist Dir eigentlich schon mal aufgefallen, wie oft uns das Symbol des Kreuzes im Alltag begegnet? Das Kreuz prangt auf den Wappen und Flaggen vieler Länder wie der Schweiz oder Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland, England und Schottland. Organisationen wie das „Rote Kreuz“ oder die Bundeswehr haben ein Kreuz. Kreuze werden als schicker oder als frommer Schmuck getragen, als modisches Tattoo oder als symbolisches Statement: Nicht immer hat das mit dem Glauben zu tun. Dass Kreuze auf Berggipfeln, Kirchtürmen, Friedhöfen, an Wegen und Feldern auf Jesus verweisen, dürfte den meisten noch klar sein. Aber woran denken Menschen aus anderen Kulturen und Religionen, wenn sie ein Kreuz sehen – oder gar ein Kruzifix, an dem die Figur eines durchbohrten Mannes hängt?

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Was für Dich vielleicht selbstverständlich sein mag, ist für viele ein Rätsel oder eine Provokation. Viele Muslime zum Beispiel sehen im Kreuz das Siegeszeichen des Christentums und können gar nicht verstehen, warum wir Jesus als Gekreuzigten verkünden und verehren. Dabei haben es die Christen ursprünglich gar nicht gewagt, im Kreuz ihr Symbol zusehen. Denn noch dreihundert Jahre nach der Kreuzigung Jesu haben die Römer immer noch diese grausame und schmachvolle Todesstrafe vollstreckt, und wer so hingerichtet wurde, galt als Schwerverbrecher. Das Kreuz war „für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit“, wie der Apostel Paulus schreibt (1Kor 1,23), und obwohl er in seinen Briefen das Kreuz als „Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ gerühmt hat, zeichneten die frühen Christen lieber das Symbol des Fisches auf die Gräber.

Am Kreuz scheiden sich die Geister

Erst nachdem Kaiser Konstantin den christlichen Glauben offiziell erlaubt und die Kreuzigung als Todesstrafe abgeschafft hatte, sah man im Kreuz das Siegeszeichen der Erlösung und feierte damit den Triumph Christi über den Tod. Daher verzierte man diese Kreuze auch mit Gold und Edelsteinen. Erst im Mittelalter brachten die Künstler einen „Corpus“ an, also die Figur eines Körpers, der den aufrecht stehenden Christus als König mit einer goldenen Krone zeigt, der am Kreuz „thront“. Und noch viel später stellten die Kruzifixe Jesus als leidenden Schmerzensmann dar, wie er uns heute vertraut ist.

Schmerzensmann
Foto: Pixabay | Schmerzensmann am Kreuz.

Damals wie heute scheiden sich am Kreuz die Geister. Vielleicht hast Du es auch schon erlebt, dass andere Schüler das Kreuz im Klassenzimmer einfach von der Wand nehmen und weglegen. Als ich noch Ministrant war, wurde in unserer Gegend ein Wegkreuz geschändet, indem man den hölzernen Corpus zerhackt hat. Da haben wir Ministranten uns zusammengetan, um Blumen zu pflücken und Blumenspenden zu sammeln und das Kreuz damit verziert. Und als vor ein paar Jahren in meinem Dorf der eiserne Corpus eines Flurkreuzes gestohlen wurde, haben die Kinder am Karfreitag Herzchen aus buntem Karton ausgeschnitten und an das Kreuz geheftet. Wer immer vorüberging, sollte wissen, dass es Menschen gibt, die Jesus lieb haben und denen sein Leiden am Kreuz nicht egal ist.

Kleine Partikel auf der ganzen Welt

Eineinhalb Jahre später haben wir das Kreuz mit einer neuen Jesusfigur eingeweiht, und zwar am Fest „Kreuzerhöhung“, das die Kirche am 14. September feiert. Dieses Fest erinnert an Ereignisse in der Kirchengeschichte. Die heilige Helena, Mutter von Kaiser Konstantin, soll nämlich im Jahr 320 das heilige Kreuz Jesu auf dem Hügel Golgotha, wo Jesus starb, vor den Mauern Jerusalems gefunden haben und ausgraben gelassen haben. An dieser Stelle ließ Konstantin die Auferstehungskirche erbauen, die fünfzehn Jahre später eingeweiht wurde. Am Tag darauf, dem 14. September 335, trugen die Priester das heilige Kreuz auf eine Anhöhe, damit es alle Gläubigen sehen und verehren können. Seitdem wurde das Kreuz jedes Jahr „erhöht“ und dem Volk zur Verehrung ausgestellt. Dieser Brauch wurde bald so beliebt, dass auch andere Bischöfe um Kreuzpartikel für ihre Gemeinden baten, und es dauerte nicht lange, bis in allen Kirchen das Fest der „Kreuzerhöhung“ gefeiert wurde.

Dreihundert Jahre später erobern die Perser Jerusalem. Sie erbeuten unter anderem auch das heilige Kreuz und entführen es in ihre Heimat. Doch gelang dem oströmischen Kaiser bald ein Gegenangriff. Er bezwang die Perser in ihrem eigenen Land und führte die Kreuzreliquie in einem Triumphzug zurück nach Jerusalem. Auch daran erinnert unser Fest. Doch als die Heilige Stadt wenig später unter die Herrschaft der Muslime fiel, brachte man das Kreuz nach Konstantinopel in Sicherheit. Dort wurde es nach und nach in immer kleinere Stücke zerteilt, die erst in Europa und schließlich weltweit verteilt wurden. Die größten Reliquien befinden sich heute in Rom, auf dem Berg Athos, in Brüssel, Venedig, Gent, Paris und Limburg. Vielleicht hat auch Deine Pfarrei ein Partikel vom Kreuz Jesu. Wenn ja, dann wird dieser in einer Monstranz aufbewahrt, mit der am Ende der heiligen Messe der Wettersegen gespendet wird – ein Brauch, der vom 3. Mai bis zum 14. September üblich ist; vor der Kraft des Kreuzes müssen nämlich alle Mächte des Unheils und Verderbens weichen.

In der Wüste erhöht

Dies kommt auch in den Lesungen zum Ausdruck, die wir an jenem Festtag hören. Als die Israeliten auf ihrem Weg ins verheißene Land in der Wüste von Feuerschlangen heimgesucht wurden, ließ Gott Moses eine Schlange aus Kupfer anfertigen und an einer Stange aufhängen. Wer nun von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb am Leben (Num 21,8). Jesus selber hat diese Erzählung als Voraussage seiner Erhöhung am Kreuz gedeutet: „Wie Moses die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat“ (Joh 3,14). Wenn Dir also heute etwas Angst macht – ein Krieg, eine Krankheit, eine Krise, – dann brauchst Du Dich nicht von der Gefahr bannen lassen, musst weder in Lähmung verfallen noch in Panik geraten. Blicke zum Kreuz auf und schau auf Jesus, den Gott über alle erhöht hat (Phil 2,9), damit alle Mächte ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu!


Florian Kopp
Foto: Privat | Florian Kopp ist ständiger Diakon, Lehrer und Theologe und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in der Nähe von Landsberg am Lech.

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