Heiligenkreuz

Zeichen der Hoffnung

In Heiligenkreuz entsteht ein Studentenheim für Berufungs- und Gottsucher – Kardinal Koch kam zum Spatenstich.
Heiligenkreuz
Foto: Elisabeth Fürst | In Heiligenkreuz wird gebaut: Den Spatenstich für das Studentenheim vollzogen (v.li.) P. Karl Wallner, Rektor Wolfgang Buchmüller, Kardinal Koch, Abt Maximilian Heim, Architekt Arnold Link und Regens Martin Leitner.

Heiligenkreuz wächst weiter. Nicht nur das im Jahr 1133 gegründete Zisterzienser-Kloster ist so voll wie seit zwei Jahrhunderten nicht mehr. Auch die Philosophisch-Theologische Hochschule, die seit 2007 den Namen von Papst Benedikt XVI. trägt, platzt mit derzeit gut 300 Studierenden aus allen Nähten.

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Nun soll ein Studentenheim für junge Ordensleute und Theologiestudenten, die ihre Berufung suchen, errichtet werden. Den Spatenstich bei der „Alten Schmiede“, in unmittelbarer Nähe zum Hochschul-Campus, vollzogen die Heiligenkreuzer Mönche in der Vorwoche mit einem hohen Gast aus Rom: Zur Eröffnung des Akademischen Jahres war Kardinal Kurt Koch, der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, angereist.

Haus der Neuevangelisierung und der Mission

Da standen sie nun auf einem Erdhaufen, flankiert von den Studenten, und vollzogen – jeder auf seine Weise – den Spatenstich für den Neubau: in solchen Dingen höchst erfahren der frühere Rektor der Hochschule und nunmehrige Missio-Nationaldirektor Karl Wallner, daneben in leidenschaftlichem Überschwang der neue Rektor und Professor für Spirituelle Theologie, Wolfgang Buchmüller, eher zaghaft Kurienkardinal Koch, sowie daneben Abt Maximilian Heim, der Leiter des stiftlichen Bauamts Arnold Link und der Direktor des überdiözesanen Priesterseminars Leopoldinum, Martin Leitner.

Inmitten der „Verdunkelung“ durch die Corona-Pandemie sei diese Geste ein „leuchtendes Zeichen der Hoffnung“, meinte Pater Wolfgang Buchmüller, seit 2017 Rektor der Hochschule. Das neue Gebäude an der Alten Schmiede werde „ein Haus der Neuevangelisierung und der Mission“ sein.

Zwar musste die „Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz“ im Sommersemester wegen der Corona-Bestimmungen ganz auf Online-Betrieb umstellen. Die Spenden an die Hochschule seien in der Zeit der Pandemie allerdings erheblich gestiegen, wusste Rektor Buchmüller zu berichten. „Viele Menschen trauen uns vieles zu!“

Studentenheim wird nach Märtyrer benannt

Benannt wird das neue Studentenheim nach dem ungarischen Priester und Märtyrer János Brenner, der in der kommunistischen Zeit als Pater Anastasius (Anasztáz) Brenner im Geheimen Zisterzienser war. 1957, im Jahr nach der gewaltsam niedergeschlagenen Ungarischen Revolution, wurde der damals 26-Jährige nachts zu einem Versehgang gerufen, der sich als Falle erweisen sollte: Der Priester, der die Eucharistie bei sich trug, wurde von acht Männern überfallen und mit 32 Messerstichen ermordet.

Als der blutüberströmte Pater gefunden wurde, hielt der Ermordete die linke Hand noch immer schützend um das Allerheiligste. Der 2018 seliggesprochene János Brenner gilt darum als Märtyrer der Eucharistie. In Heiligenkreuz wird er, dessen Brüder ebenfalls Priester wurden, besonders verehrt, weil er im Geheimen dem von den Kommunisten aufgehobenen Zisterzienserkloster im ungarischen Zirc angehörte. Ein Bus aus Heiligenkreuz unter Leitung des Abtes reiste 2018 zur Seligsprechung an.

Blut für die Eucharistie vergossen

János Brenner habe sein Blut „für die Mitte des Glaubens, für die Eucharistie“ vergossen, sagte nun Abt Maximilian Heim, der auch Magnus Cancellarius (Großkanzler) der Hochschule ist, am vergangenen Donnerstag in Heiligenkreuz. Jetzt soll nach dem einzigen seliggesprochenen Zisterzienser des 20. Jahrhunderts eine „Lebensschule und ein Zentrum für Berufungssuchende“ benannt werden. Die Leitung von Kloster und Hochschule will nämlich, dass möglichst viele der Heiligenkreuzer Studenten auch vor Ort wohnen, um so eine „Atmosphäre des Lebens und des Glaubens, der Gemeinschaft und der Gottsuche“ zu entfalten.

Das „Pater Anastasius János Brenner Studentenheim“ wird ein Wohnort für Priester aus der Mission und für junge Männer sein, die ihren Platz in der Kirche suchen oder gefunden haben. Geplant sind 30 Wohneinheiten, Gemeinschaftsräume, eine Küche – und natürlich eine Kapelle.

„Wahr ist nur das, was für alle wahr ist und uns zur Gemeinschaft zusammenführt.“
Kurt Kardinal Koch

Vor dem Spatenstich hatte Kardinal Koch mit einer „Festmesse zum Heiligen Geist“ in der Stiftskirche das Akademische Jahr der Hochschule im Wienerwald festlich eröffnet. Um nur ja keinen Corona-Fall zu generieren, wurde die riesige Abteikirche nur schütter besetzt; die übrigen Gäste wurden im Inneren Stiftshof platziert. „Veni, creator Spiritus“ schmetterte der Chor. Betend erneuerten Abt und Volk die Weihe der „Hochschule mit ihren Professoren und Studenten, mit allen Mitarbeitern und Helfern“ an Maria.

In seiner Predigt betonte der Kurienkardinal, dass die Botschaft Jesu vom Reich Gottes allen Menschen und allen Völkern gelte. Der Herr habe die Jünger ausgesandt, um alle Menschen zur Wahrheit zu führen.

Der christliche Theologe sei daher dazu „berufen und verpflichtet, nach der Wahrheit zu fragen“. Deutlich wandte sich Kardinal Kurt Koch gegen den Relativismus und Subjektivismus in der Theologie: „Wahr ist nur das, was für alle wahr ist und uns zur Gemeinschaft zusammenführt.“ Der Theologe sei Treuhänder dessen, der von sich selbst sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Viele suchen Zuflucht im Relativismus

Es gebe „keinen Frieden an der Wahrheit vorbei“, so Kardinal Koch in seiner Predigt. Diese Wahrheit verstehe sich auch in der Kirche heute nicht mehr von selbst. Angesichts der Frage, ob der Mensch überhaupt in der Lage ist, Wahrheit zu erkennen, würden viele „Zuflucht zum relativistischen Geist unserer Zeit“ nehmen.

Der Theologe müsse zunächst Hörer des Wortes Gottes sein, um dann die Mission wahrzunehmen, Menschen in den Frieden und in die Wahrheit Gottes hineinzuführen. Das Studium der Theologie diene dazu, die Wahrheit der christlichen Botschaft besser kennenzulernen, um so darauf vorbereitet zu werden, die Botschaft Jesu zu den Menschen zu bringen.

Den „Ernstfall der christlichen Mission“ charakterisierte Kardinal Koch mit den Worten Jesu: „Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ Mit menschlichen Augen betrachtet, sei das ein „trostloses Unterfangen, weil in dieser Welt immer die Wölfe siegen, und nicht die Schafe“, so Koch. Christus aber sei das Lamm, das sich auf die Seite der leidenden Lämmer stellte und das Schicksal der Schafe teilte. „Die Wölfe dieser Welt kommen und gehen – Christus, das geschlachtete Lamm, bleibt in Ewigkeit!“

„Dass sie eins seien“

Corona und den damit verbundenen Vorsichtsmaßnahmen war es geschuldet, dass auch der Festvortrag von Kardinal Koch nicht im Kaisersaal des Stiftes, sondern in der Stiftskirche stattfinden musste. Hochschul-Rektor Wolfgang Buchmüller begrüßte den für die Ökumene zuständigen Mitarbeiter des Papstes als „einen Kardinal, der als einer der größten Theologen des Vatikans gilt“. Den Studierenden rief er angesichts des Corona-beschränkten Sommers zu: „Ihr seid uns sehr abgegangen! Was ist eine Hochschule ohne Studenten?“

Die vor 25 Jahren veröffentlichte Ökumene-Enzyklika Johannes Pauls II. „Ut unum sint“, stand im Fokus der Ansprache Kardinal Kochs. Der Papst sei überzeugt gewesen, dass im dritten christlichen Jahrtausend die verlorene Einheit der Christen wiederhergestellt werden müsse, dass der Ökumenismus organisch zum Leben der Kirche gehöre und das Petrusamt über die katholische Kirche hinaus das „Amt der Einheit“ sei. Eine Frucht des päpstlichen Engagements sei die „wiederentdeckte Brüderlichkeit“: Die Christen unterschiedlicher Konfession würden sich nicht länger als Feinde ansehen, sondern als Brüder.

Das Ziel der Ökumene sei die Wiederherstellung der sichtbaren und vollen Einheit. Darüber aber gebe es in der ökumenischen Bewegung bisher keinen klaren Konsens. Johannes Paul II. sei überzeugt gewesen, „dass wir Einheit nur finden, wenn wir gemeinsam zu Christus umkehren. Es gibt keinen Ökumenismus ohne Bekehrung“, so Kardinal Koch, der die Ökumene als „Umkehr-Bewegung“ bezeichnete.

Verfolgte Christen

Glaubwürdige Protagonisten der Ökumene seien die heute wieder zahlreichen Märtyrer. Koch erinnerte daran, dass 80 Prozent aller Menschen, die heute wegen ihres Glaubens verfolgt werden, Christen sind. „Nicht, weil sie einer bestimmten Konfession angehören, sondern weil sie Christen sind.“ So sei das Martyrium heute ökumenisch. Der Ökumene-Kardinal des Vatikans zeigte sich zuversichtlich, „dass die Märtyrer uns vom Himmel her helfen werden, die Einheit zu finden“, da sie selbst bereits „in der himmlischen Herrlichkeit in voller Einheit“ leben. Die Konfessionen übergreifende Anerkennung des Martyriums durch das Zweite Vatikanische Konzil und Papst Johannes Paul II. sei „eine bedeutsame Ausweitung des Märtyrer-Begriffs“ gewesen.

Die Einheit der Christen kann nach Ansicht von Kardinal Kurt Koch nicht allein durch menschliche Bemühungen gemacht, sondern „nur vom Heiligen Geist empfangen“ werden. Darum sei die ökumenische Bewegung von Anfang an eine Gebetsbewegung gewesen. Die angestrebte volle Einheit müsse ihre Sichtbarkeit in einem Amt finden, und ihren Ausdruck in der gemeinsamen Eucharistiefeier. Der dem Bischöfe von Rom zugeschriebene „Vorsitz in der Liebe“ habe sich stets auf die Eucharistie bezogen. Der Primat des Bischöfe von Rom stehe im Dienst der eucharistischen Einheit. Die kirchliche Communio werde erfahrbar in der Eucharistie.

Die Spaltung der Christen sei das schwerste Hindernis für die glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums, schlug Koch die Brücke zwischen Ökumene und Mission. Jesus habe um die Einheit der Jünger gebetet, „damit die Welt glaubt“.

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