Tommee Profitt ist unkompliziert. Statt der in dieser Größenordnung eher üblichen Mail eines Managers oder Sekretärs kommt die Rückmeldung auf die Presseanfrage persönlich. Ein Dankeschön für das Interesse. Und klar könne er einige Fragen beantworten, einfach schicken. Die Antworten lesen sich wie ein Gespräch. Spontan, ehrlich, direkt, mit viel Lachen. Und einem weiteren Dankeschön.
Dass der US-amerikanische Musiker und Produzent liebt, was er tut, merkt man schnell. Dass er dabei sich selbst, seinen Glauben und eine gewisse Einfachheit nicht verloren hat, auch. Ungefähr 800 Lieder hat der 36-Jährige mit vielen unterschiedlichen Künstlern bisher produziert.
Wohl am bekanntesten ist seine Zusammenarbeit mit Rapper NF, den er seit 2013 als Produzent unterstützt. Die beiden sind schon lange befreundet. Einer ihrer ersten gemeinsamen Songs, „Wake Up“, brachte NF den Plattenvertrag bei Capital Records. Wie NF ist auch Profitt in Michigan aufgewachsen. „Geniale Familie“, erzählt er, „es waren nur ich, Mama und Papa und meine Schwester Jillian. Wir hatten ein sehr enges Verhältnis und haben viel zusammen unternommen. Meine Eltern haben mich sehr unterstützt, egal was es war.“
Besessen vom Weihnachtsgeschenk: ein Keyboard
Dieser Haltung seiner Eltern schreibt Profitt einen Großteil seiner Erfolge zu. Seine musikalische Karriere begann mit einem Weihnachtsgeschenk: ein Keyboard, ohne Hintergedanken. Er muss etwa sieben Jahre alt gewesen sein, erinnert sich Profitt. „Ich war sofort wie besessen davon! Sie konnten mich nicht dazu bringen, mit dem Spielen aufzuhören.“ Profitt begann, sämtliche Lieder, die er kannte, nach Gehör zu lernen. Ein paar Jahre später fing er an, mit entsprechenden technischen Hilfsmitteln im Keller seiner Eltern selbst Instrumentalmusik zu produzieren und verkaufte seine ersten kleinen CDs für drei Dollar in der Schule und seiner Kirche. Dann entdeckte Profitt die Filmmusik für sich. „Das hatte einen riesigen Einfluss auf den Stil der Musik, die ich machte.“ Und es stimmt, ein Großteil der Musik, die Tommee Profitt produziert ist groß, mächtig, episch. Wie ein gigantisches Kino aus Tönen. Tatsächlich sind Filme eine große Inspirationsquelle für den Künstler. Nicht nur, dass er in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne ins Kino geht, vor Corona etwa zwei bis drei Mal in der Woche, und der große Filmmusikkomponist Hans Zimmer einer seiner „Helden“ ist.
Auch auf der Rückwand seines Studios lässt Profitt auf einem riesigen Bildschirm gerne – ohne Ton – Filme ablaufen. „Einfach für diese epische visuelle Inspiration“, erklärt er. „Ich muss nur Herr der Ringe einlegen und es schafft ein bestimmtes Gefühl im Raum.“
„Ich bin sehr dankbar für den Platz,
den Gott für mich ausgesucht hat,
dass ich Musik schaffen und mit den Menschen teilen darf“
Aber auch sogenannte Soundbibliotheken faszinieren den Musiker. Dort findet Profitt immer wieder neue Geräusche und Töne, die bestimmte Stimmungen erzeugen und ihn zu Melodien inspirieren. Letztendlich kann ihn alles inspirieren, meint er. Ideen hat er jedenfalls genug. „Ich habe so viele Projekte im Kopf, die ich gerne machen würde… Ich müsste 400 Jahre alt werden, um alles zu schaffen.“ Welches seiner Lieder er am meisten mag, kann er unmöglich beantworten. „Ich glaube, eine meiner Lieblingsproduktionen ist vermutlich ,The Search‘ von NF. Es hat so viel Spaß gemacht, das zu machen, das Lied Schicht für Schicht aufzubauen.“
Ein anderes, ganz besonderes Herzensprojekt konnte Profitt 2020 endlich umsetzen. Schon seit 2005 hatte er unbedingt ein Weihnachtsalbum machen wollen. „The Birth Of A King“ sei bei weitem sein Lieblingsgesamtalbum, meint Profitt. „Vielleicht, weil ich so lange davon geträumt habe, es zu machen.“ Aber der Arbeitsprozess habe auch sehr viel Spaß gemacht und sei sehr bereichernd gewesen. Der Künstler hat in diesem Album 17 traditionelle Weihnachtslieder neu arrangiert. Und das nicht nur als musikalische Spielerei. Profitts Traum war es, der „epischen Geschichte der Geburt eines Königs, der gekommen ist, um die Welt zu retten“ einen ebenfalls epischen Rahmen zu geben. Auch in seinen Covern von mehreren Lobpreisliedern – hier singt Profitt selbst – spürt man, dass das Herz dabei ist. Sein Glaube sei sehr wichtig für ihn, so der Musiker. „Das WICHTIGSTE“, korrigiert er sich. „Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen und habe viele Erfahrungen in meiner persönlichen Beziehung zu Gott gemacht.“ „Ich bin sehr dankbar für den Platz, den Gott für mich ausgesucht hat, dass ich Musik schaffen und mit den Menschen teilen darf“, ergänzt er. Wie für andere Künstler auch liebe er diesen Prozess des Kreierens und Teilens. „Aber wenn das, was du machst, andere inspirieren und motivieren oder Leben verändern kann… das ist noch erfüllender“, erzählt er.
Anspruchslos und dankbar
Liebe zu dem, was er tut und eine große Dankbarkeit, beides zeichnet Tommee Profitt auf ganz besondere Weise aus. „Ich saß einmal morgens mit einem Freund beim Frühstück und er erzählte mir, dass sein Lebensmotto ,Entitled to nothing; grateful for everything‘ ist. Ich habe diesen Satz sofort für mich übernommen. Ich habe es immer gefühlt, er hat es bloß so präzise und perfekt formuliert.“
Auf nichts ein Recht haben, für alles dankbar sein – für Profitt ist das ein wesentlicher Schlüssel sowohl für beruflichen Erfolg als auch die allgemeine Zufriedenheit. Ansprüche zu stellen sei der Untergang vieler Menschen, die versuchen, einen Traum zu erreichen. Mit Menschen jedoch, die dankbar und mit Begeisterung an ihrem momentanen Platz stehen und mit denen kooperieren, die ihre Wege gerade kreuzen, arbeite man gerne zusammen. Viel lieber als mit den vielleicht talentiertesten, die es schrecklich finden, da zu sein. Auch er selbst möchte versuchen, für die Menschen um ihn herum ein positiver Mensch zu sein. „Ich denke, das Leben ist ein Geschenk und wir können alles daraus machen, was wir wollen… also will ich mich entscheiden, so dankbar für alles zu sein, was passiert, als würde ich nichts davon verdienen.“ Ansonsten habe sich außerdem das Prinzip, Beziehungen und Menschen über Geld und Geschäft zu stellen, immer als der bessere Ansatz erwiesen.
Ein Lied muss die Hörer zum Lächeln bringen
Ja, Tommee Profitt hat sich eine gewisse Natürlichkeit bewahrt. Was einen Musiker oder ein Lied gut macht? Er lacht. „Ich habe keine Ahnung!“ Es sollte wirklich nicht so viele Regeln in der Musik geben, weniger Strategie und Geschäft. „Ich glaube, wenn ein Lied dich zum Lächeln bringt und du es magst… das ist es, was es gut macht. Und die Kriterien sind für jeden anders.“
Eines wünscht sich Profitt, der mittlerweile dreifacher Familienvater ist, aber doch für alle: „Wenn ich eine Sache in der Welt verändern könnte, dann die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen. Wir haben die Kunst verlernt, andere als Menschen zu respektieren.“ Es würde so viel Hass verbreitet, als ob es keine Konsequenzen gäbe. „Ich wünschte einfach, wir würden die anderen besser behandeln als uns selbst, die anderen an die erste Stelle stellen.“ Selbstlosigkeit. Gnade. „Wir könnten alle davon gebrauchen und manchmal müssen wir selbst damit anfangen.“
Vielleicht mit einem kleinen aufmerksamen Dankeschön. Oder etwas Musik, die andere berührt und zum Lächeln bringt. Ganz unkompliziert. Wie Tommee Profitt.
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