In der EU, Kanada und Großbritannien wurde der russische Propagandasender „Russia Today“ nach dem russischen Überfall auf die Ukraine staatlich verboten – in weiteren Staaten wie Australien von lokalen Fernsehanbietern gesperrt oder wie in den Vereinigten Staaten vorauseilend von den Betreibern selbst geschlossen. Auch US-amerikanische Big-Tech-Konzerne wie Google sperrten die Social-Media-Kanäle des Auslandssprachrohrs der russischen Regierung. Die Sperrung des Senders in der EU im März zog wiederum auch die Sperrung des Senders in Südafrika und Teilen Subsahara-Afrikas nach sich, zumal einige in diesen Regionen Afrikas tätige Satellitenanbieter wie SES oder Intelsat ihren Sitz in Luxemburg haben.
Doch schon im Mai gelang es dem russischen Propagandakanal, die Sperrung in Subsahara-Afrika zu umgehen: Der dort sehr präsente chinesische Fernsehanbieter StarTimes nahm „Russia Today Global“ in sein Kanalangebot auf, letztlich unter Nutzung eines SES-Satelliten. Gegenüber dem südafrikanischen Nachrichtenportal „News24“ zeigte sich der Satellitenanbieter jedoch machtlos und verwies trocken darauf, dass StarTimes als Kunde eben seine gebuchten Kapazitäten nutze, um den Sender zu vertreiben. So hielt der Kreml-Sender auch in Südafrika wieder Einzug.
„Für einen Staat, der fremde Sicherheitspartnerschaften als übergriffig empfindet
und sich als Anwalt der Multipolarität gibt,
ist die militärische und mediale Afrikapolitik Russlands nämlich eins – verdächtig kolonial“
Doch damit nicht genug: Laut jüngsten Medienberichten will „Russia Today“ zudem ein neues Hauptquartier in Südafrika einrichten. Aufgebaut werden soll das afrikanische Hauptquartier unter der Ägide der langjährigen Nahost-Korrespondentin des Senders Paula Slier, die selbst aus Südafrika stammt und ihre journalistische Karriere damals bei SABC, der öffentlichen Medienanstalt Südafrikas, begonnen hatte. Beobachter verwundert der Umzug des geplanten Afrika-Hauptquartiers von „Russia Today“ nach Südafrika durchaus:
So soll der Sender ursprünglich geplant haben, sich im kenianischen Nairobi anzusiedeln – Spekulationen besagen, dass die lokale Konkurrenz zum ebenfalls dort ansässigen chinesischen Staatssender CGTN ausschlaggebend gewesen sein könnte, denn noch im Februar soll „Russia Today“ laut „News24“ Stellenausschreibungen für Journalisten mit Nairobi als Arbeitsort aufgegeben haben. Der Sender nannte bislang weder Gründe für den Umzug noch für die erhöhte Aktivität in Südafrika. Klar ist jedoch, dass Moskaus Strategie in Afrika nicht nur propagandistischer Natur ist.
Noch sind Afrikas Potentaten dem Herrscher aus dem Kreml zugeneigt
Auch militärisch ist Russland in verschiedenen nord- und subsahara-afrikanischen Krisengebieten präsent, von der Zentralafrikanischen Republik bis hin zum Sudan oder Mali – wenn auch, neben zahlreichen Waffenlieferungen, insbesondere über die als eng mit dem russischen Staat und seinen Unternehmen verbunden geltende Privatmiliz „Gruppe Wagner“: Neben bestialischen Foltermethoden und nationalsozialistischer Symbolik ist die russische Schattenarmee für ihre Militäroperationen und eben auch Propagandakampagnen bekannt und leistet wahlweise verschiedenen afrikanischen Regimen oder Bürgerkriegsparteien militärischen Beistand, oft gegen Bergbaugenehmigungen.
Dass die alten Verbindungen antikolonialer Politiker, Revolutionäre und Volkshelden zur Sowjetunion – nicht selten Studienjahre an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft – in Afrika oft den Humus für Sympathien bilden, darf als Ironie der Geschichte gelten. Denn: Für einen Staat, der fremde Sicherheitspartnerschaften als übergriffig empfindet und sich als Anwalt der Multipolarität gibt, ist die militärische und mediale Afrikapolitik Russlands nämlich eins – verdächtig kolonial.
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