Social Media

Kommt bald ein TikTok-Verbot?

Die USA, Kanada und die EU nehmen den chinesischen Giganten TikTok stärker ins Visier. Auch US-Big Tech befürchtet die maoistische Maxime: „Bestrafe einen, erziehe viele.“
Die Chinesische App TikTok
Foto: IMAGO/Janerik Henriksson/TT (www.imago-images.de) | Erst vor kurzem hatte das Weisse Haus die Social-Media-App auf Regierungshandys verboten. Ähnliche Verbote gelten zudem für Abgeordnete und Mitarbeiter das Repräsentantenhauses – auch in mehreren Gliedstaaten.

Es ist der bislang weitreichendste Vorstoß westlicher Staaten gegen die aus China stammende und besonders bei Jugendlichen beliebte Social-Media-App TikTok: Der Auswärtige Ausschuss im amerikanischen Repräsentantenhaus hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der es US-Präsident Joe Biden erlauben würde, TikTok in den USA zu verbieten. „TikTok ist ein modernes trojanische Pferd der Kommunistischen Partei Chinas, das dazu verwendet wird, persönliche Informationen von Amerikanern zu überwachen und auszunutzen“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, der republikanische Abgeordnete Michael McCaul. Zwar ist der Vorschlag noch kein Gesetz, da erst im Plenum des Parlaments darüber abgestimmt werden muss, bevor er dem Senat vorgelegt werden kann. Doch vielen US-Parlamentariern scheint es mittlerweile ernst damit zu sein, TikTok von den Handys junger Amerikaner zu verbannen.

Auch das Silicon Valley schaut genau hin

Dass die US-Regierung einem vollständigen TikTok-Verbot gänzlich abgeneigt gegenüberstehen könnte, ist übrigens nicht zu befürchten: Erst vor kurzem hatte das Weisse Haus die Social-Media-App auf Regierungshandys verboten. Ähnliche Verbote gelten zudem für Abgeordnete und Mitarbeiter des Repräsentantenhauses – und auch mehrere Gliedstaaten sowie das amerikanische Militär haben in der Vergangenheit ähnliche Regelungen erlassen. In Europa zieht man gegenüber der China-App ebenfalls die Samthandschuhe aus: Sowohl die EU-Kommission als auch das Europäische Parlament untersagen mittlerweile ihren Mitarbeitern die TikTok-Nutzung auf ihren Diensthandys – ein Verbotsanfang, der manchen Kommissionsmitgliedern und Parlamentariern Lust auf mehr machen könnte.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau, in dessen Land Regierungsmitarbeiter ebenfalls nicht mehr auf TikTok zugreifen dürfen, antwortete einem Journalisten auf die Frage, ob die Regierung auch ein komplettes landesweites Verbot von Tiktok in Betracht ziehe: "Dies mag ein erster Schritt sein. Es mag der einzige Schritt sein, den wir machen müssen. Aber wir werden bei jedem Schritt sicherstellen, dass wir die Sicherheit der Kanadier schützen."
Klar ist: Sollten die USA, Kanada und die EU ihren Staatsbürgern tatsächlich die Nutzung von TikTok verbieten, wäre dies das erste Mal, dass ein Tech- beziehungsweise Social-Media-Riese in der westlichen Hemisphäre die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen würde.

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Nicht nur in Peking, sondern auch im Silicon Valley wird man die kommenden Wochen und Monate genau in Richtung Washington, Ottawa und Brüssel blicken: Denn gleichwohl Facebook und Co. sicherlich nicht in Verdacht stehen, China mit westlichen Daten zu versorgen, ist deren berechtigter Ruf als „Datenkraken“ den Vertretern von Legislative und Judikative in den USA und anderswo schon seit längerem ein Dorn im Auge. Auch die psychologischen Folgen von Diensten wie Instagram sind bereits seit längerem bekannt und werden im US-Kongress schon seit Jahren thematisiert.

Insofern könnten sich die USA, Kanada und die EU mit Blick auf ein mögliches TikTok-Verbot gegenüber Big Tech ausgerechnet einer Maxime Mao Zedongs bedienen: „Bestrafe einen, erziehe viele.“

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