Stadtluft macht frei. Der mittelalterliche Ruf hallt bis ins Heute. Wer für immer das Dorf in Richtung Stadt verlassen will und verlässt, folgt im Grunde seines Herzens einer Verheißung. Alles dort ist mehr und besser und vielfältiger und intensiver und interessanter und bunter. Mehr und bessere Arbeit, mehr und bessere Bildung, vielfältigere und intensivere Freizeit und Kultur, mehr und intensivere und interessantere Freundschaften, eine buntere Gesellschaft. Ewig und überall lockt die Stadt: Die Hungerleider wandern in die Megacities in Nairobi oder Rio de Janeiro, die Erstsemester in die Wohngemeinschaften von Berlin, Frankfurt und Münster.
Macht Stadtluft Kirche und Welt wirklich so frei?
Erlösung und Befreiung – dies vermuten die Macher einer Ausstellung in Berlin in den Megastädten dieser Welt. Das ist ein Symptom. Denn auch die Kirche zieht sich vom Land zurück, ja sieht in der Stadt gar die Metapher für die Zukunftsfähigkeit des Christentums. Da läuft etwas schief. Von Johannes Seibel