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Der Philosoph mit der Kinderseele

Nicht nur christlicher Apologet, sondern auch belletristisches Genie: C. S. Lewis ist unsterblich.
Die Werke von C.S. Lewis sind unsterblich
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Seine Bücher sind durchdrungen von tiefempfundener Menschlichkeit und einem christlichen Weltbild: C.S. Lewis.

Ausgestattet mit einem phänomenalen Gedächtnis, außerordentlicher Sprachbegabung und von umfassender Bildung glänzte der am 29. November 1898 in Belfast geborene Clive Staples Lewis als Literaturprofessor in Oxford und Cambridge. Seine Bücher sind durchdrungen von tiefempfundener Menschlichkeit und einem christlichen Weltbild, zu dem er allerdings erst Anfang seiner dreißiger Jahre gefunden hatte, nach ausführlichen Gesprächen mit seinem Studienkollegen J. R. R. Tolkien, dem wir die Fantasyromane „Der Herr der Ringe“ und „Der kleine Hobbit“ verdanken. Dem überzeugten Katholiken Tolkien gelang es jedoch nicht, Lewis vom Katholizismus zu überzeugen – er blieb in der anglikanischen Kirche. Tolkien gehörte zum Kreis der sich in den 1930er Jahren an der Universität Oxford um Lewis bildenden christlichen literarischen Vereinigung „The Inklings“ (Die Tintenkleckser). Und er regte Lewis zu seiner „Perelandra-Trilogie“ (1938-45) an. Tolkiens „Der kleine Hobbit“ ermutigte ihn, sich mit einem neuen Blick dem Fantasygenre zu nähern.

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Bis dahin bestand diese Art Literatur vor allem darin, materialistische und atheistische Ansichten zu verkünden wie in H. G. Wells' „Die Zeitmaschine“, die der Pionier der Science-Fiction-Gattung 1895 veröffentlicht hatte. Lewis wollte der Tendenz, Naturwissenschaft als eine neue „Religion“ zu betrachten, mit seiner Weltsicht etwas entgegensetzen.

Die Welt der Artussagen mit seiner utopischen Vorstellungswelt verbunden

Im ersten Band seiner Trilogie („Jenseits des schweigenden Sterns“) lässt Lewis die beiden Wissenschaftler Weston und Devine in einem selbstkonstruierten Raumschiff zum Mars fliegen, nachdem sie den Philologen Ransom entführt haben – für den Fall, die Außerirdischen ein Menschenopfer fordern sollten. Nach der Landung entflieht Ransom jedoch und begegnet Wesen einer Welt im Zustand der Unschuld, die den Menschen auf der Erde abhanden gekommen ist. Die Erde, zu der die drei am Ende zurückkehren müssen, weil Weston und Devine Marsbewohner getötet haben, ist der „schweigende Stern“, dem durch den Sündenfall die höhere Lebensform versagt bleibt, die im übrigen Sonnensystem noch existiert. Dort regieren die Engel als Statthalter Gottes, während sich die Erde in der Gewalt Satans befindet – des gegen Gott rebellierenden gefallenen Engels. Ransom ist durch seinen (vom Höchsten geplanten) Besuch auf dem Mars gegen den Einfluss des Bösen immun geworden und kann nun als Streiter für das Gute eingesetzt werden.

Im zweiten Band „Perelandra“ wird er zur Venus geschickt (die hier „Perelandra“ genannt wird), wo als Folge einer Invasion Satans, der sich die Dienste Westons und seines Raumschiffs gesichert hat, ein Sündenfall droht. Mit Ransoms Hilfe werden die Eindringlinge besiegt.

Im dritten Band „Die böse Macht“ wird die Erde zum Schauplatz der letzten Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Die unter dem Decknamen NICE (National Institute of Coordinated Experiments) operierenden Funktionäre Satans versuchen, ihre Herrschaft zu festigen, indem sie die Erkenntnisse der Naturwissenschaften und der positivistischen Philosophie, die materialistische Weltanschauung und den Totalitarismus mit dem alten Mythenglauben verbinden. Mit der Gestalt des Zauberers Merlin, der sich auf die Seite der Guten schlägt, bringt Lewis die mittelalterliche Welt der Artussagen in die utopische Vorstellungswelt. Satan und seine Gefolgschaft werden endgültig besiegt. Merlin bestraft die Anhänger des Bösen auf dieselbe Weise, in der Gott die Erbauer des Turmbaus zu Babel schlug: er nimmt ihnen die Fähigkeit der sprachlichen Kommunikation.

„Die große Scheidung“ (1945) konfrontiert den Leser mit den existenziellen Fragen, die sich jeder denkende Mensch irgendwann stellt: wofür entscheide ich mich? Entscheidungen zwischen Sein oder Nichtsein, Himmel oder Hölle, Gut oder Böse? Das ist sicher einer der eindrucksvollsten Romane von C. S. Lewis, zumal er trotz seiner gewichtigen Themen leicht und elegant geschrieben ist. Hintergründiger Witz zeichnet die „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ (1941) aus, eine „Satire in 31 Briefen“. Das ist ein Kompendium menschlicher Schwächen und Eitelkeiten, aus der teuflischen Perspektive erzählt, die alle menschlichen Werte und Moralbegriffe ins Gegenteil verkehrt.

Das Schreiben einer freudvollen Kinderseele

Das Werk, in dem sich die Person C. S. Lewis vielleicht am vollständigsten erschließt, sind jedoch „Die Chroniken von Narnia“ (1939-1954), vielen durch die Verfilmungen von 2005, 2008 und 2010 bekannt. In den sieben Bänden drückt sich alles aus, was den Schriftsteller beschäftigte, sein christlicher Glaube, auch der an das letztendlich Gute im Menschen, seine schier unerschöpfliche Fantasie, seine Bildung, die Leidenschaft für die mittelalterlichen Sagen und vor allem seine eigene Kinderseele, die sich der seit dem 9. Lebensjahr mutterlos aufgewachsene Junge offenbar immer erhalten konnte. Man merkt den Büchern an, wieviel Freude er beim Schreiben hatte.

Die Chroniken beschreiben ein Multiversum verschiedener Welten, darunter Narnia und unser eigenes Universum; dabei ist das Schicksal der Welt Narnias seit ihrer Schöpfung eng mit unserer verknüpft. Die Romane erzählen davon, wie Kinder aus unserer Welt wiederholt die Parallelwelt Narnias besuchen und dort verschiedenste Abenteuer erleben. In Narnia verstreicht die Zeit allerdings schneller, weshalb sich dort eine lange Geschichte von der Schöpfung bis zur Apokalypse ereignet, während in unserer Welt kaum drei Generationen verstreichen.

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Vier Geschwister, Peter, Suse, Edmund und Lucy Pevensie, geraten durch einen alten Wandschrank in die mythische Welt von Narnia, deren zentrale Gottheit, der Löwe Aslan, deutliche Züge des christlichen Gottes trägt. Er hat sie gerufen, damit sie dem Prinzen Kaspian helfen. Bei ihren Abenteuern lernen sie unterschiedliche Wesen kennen, gute und böse wie in jedem Märchen – die böse weiße Hexe Jadis, die ihre Umgebung in eine kalte Eiswelt verwandeln kann, in der alles Leben (und alle Freude) abstirbt. Man begegnet dem geflügelten Pferd Goldapfel und dem Zentaur Klughuf, es gibt die große weiße Eule Glimmfeder, böse sowie einige wenige gute Riesen, Moorwackler und Tölpelbeiner. Und sie lernen die alles entscheidende Bedeutung von Vertrauen und Glauben, ohne die alle ihre Kampfkünste vergeblich wären.

Zeit seines Lebens beantwortete Lewis jeden Brief von begeisterten Kindern. Und noch Jahre nach seinem Tod am 22. November 1963 (der Tag, an dem auch John F. Kennedy ermordet wurde) trafen Briefe mit Anregungen und Fragen ein, auch wenn man den Kindern erzählt hatte, dass der Schriftsteller nicht mehr lebte. Ein kleiner Junge schrieb ihm, es täte ihm sehr leid zu hören, dass er gestorben sei.

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