Auf seinem Internetauftritt listet der Schweizerische Katholische Presseverein (SKPV) 68 katholische Medienangebote auf dem Gebiet der Schweiz. In Relation zu knapp drei Millionen Katholiken ist dies eine beeindruckende Vielfalt. Eine Vielfalt, die den einzelnen Sprachteilen und den verschiedenen Prägungen des Schweizer Katholizismus geschuldet ist. Dabei sind Kommunikationsorgane fremdsprachiger Katholiken, die in der Schweiz eine beachtliche Zahl darstellen, oder die Medien zahlreicher geistlicher Gemeinschaften darin noch gar nicht erfasst.
Diese Zahlen des SKPV lassen eine blühende und vielfältige katholische Publizistik vermuten. Sie imponieren zudem angesichts sinkender Auflagen und steigender Kosten im helvetischen Verlagswesen. Doch öffentlich ist von dieser Vielfalt wenig zu spüren. Wer nicht bereit ist, nach Nischenangeboten zu suchen, muss sich mit den kirchlichen Leitmedien zufrieden geben. Über diese wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Dreh- und Angelpunkt sind dabei immer wieder Fragen nach Ausrichtung und Ausgewogenheit der Themen und Positionen.
Unter diesem Vorzeichen fand die Neustrukturierung der Schweizer Kirchenzeitung (SKZ) statt, die mit einer neuen Redaktionsleitung Anfang 2018 ihren Abschluss fand. Das Blatt richtet sich primär an Hauptamtliche und versteht sich als theologische Fachzeitschrift. Zugleich ist sie das amtliche Mitteilungsorgan der deutschsprachigen Bistümer sowie der Bistümer mit deutschsprachigem Territorialanteil. Zur Neuaufstellung des Blatts erklärte der Basler Generalvikar Markus Thürig: „Wir probieren ein Instrument zu bilden, bei dem man lernen kann, wie man unterschiedliche Positionen darstellen und zur Kenntnis nehmen kann.“ Weniger diplomatisch ausgedrückt bedeutet das wohl: Künftig sollen auch Positionen, die gemeinhin als „konservativ“ gelten, stärker berücksichtigt werden. Damit kam man dem Churer Wunsch nach mehr Beachtung für die kirchlichen Positionen nach. Für kritische Kommentare aus der etablierten katholischen Medienwelt sorgte zudem die Berufung des Churer Diözesanpriesters Roland Graf in die Redaktionskommission. Nicht weiter problematisiert wird dagegen Grafs Kollege in der Redaktionskommission, Heinz Angehrn. Der St. Galler Diözesanpriester mit Hang zur Provokationen eckt selbst in seinem Bistum, der „liberalen Flanke“ des eidgenössischen Katholizismus, immer wieder an. Ob Angehrn, der gern mit seiner Mitgliedschaft im Sterbehilfeverein EXIT kokettiert, mehr als der konservative Graf für eine integrative Wende in der Geschichte der Kirchenzeitung steht, darf infrage gestellt werden.
Gemessen an der Reichweite noch bedeutsamer als die SKZ ist das Onlineportal „kath.ch“. Es versteht sich als Informations- und Diskussionsplattform für aktuelle Themen aus Kirche und Gesellschaft der Schweiz. Träger des Dienstes ist das Katholische Medienzentrum, das 2014 gemeinsam von der Schweizer Bischofskonferenz und der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz – dem Zusammenschluss der staatskirchenrechtlichen „Kantonalkirchen“ – gegründet wurde und von beiden finanziert wird. Wie auch andere marktführende katholische Nachrichtenportale muss sich die Seite immer wieder Kritik an ihrer Ausrichtung gefallen lassen. Innerhalb der Grenzen von Sachlichkeit und Anstand gehört Kritik schließlich zum Geschäft publizistischer Arbeit. Redaktionelle Leitlinien und eine inhaltliche Profilierung sind unvermeidliche Folgen. Bei „kath.ch“ allerdings ist eine dezidiert kirchenkritische Redaktion am Werk, deren Arbeit offensichtlich einseitig ist und bleibt. Neben anerkennungswürdigen Berichten über kirchliches Leben und Wirken im Land findet sich zu kircheninternen Themen häufig klischeehafte und berechenbare Kirchenkritik. So taugt auch „kath.ch“ bedauerlicherweise nicht zum integrativen Medium für den Schweizer Katholizismus.
Dabei ist ein Charakteristikum der helvetischen Gesellschaft gerade die Kompromiss- und Integrationskultur, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt jenseits von Sprach- und Gesinnungsgrenzen garantiert. Eine unversöhnliche Polarisierung widerspricht dem zutiefst. Bemerkenswert ist, dass gerade die katholischen Leitmedien der Deutschschweiz diese Gegenkultur zu bedienen scheinen. So wird auch der Katholizismus der italienisch- und französischsprachigen Landsleute mit regelrechter Ignoranz gestraft. Eher wird noch der Austausch mit dem deutschsprachigen Ausland gesucht, als mit dem Tessin oder der Westschweiz. Der zur Avantgarde der Progressivität zählende publizistische Arm des liberalen Deutschschweizer Katholizismus verkörpert damit genau jene Borniertheit, der er eigentlich den Kampf angesagt hat. Jenseits der gut finanzierten Kirchenstrukturen sind jedoch auch positiv stimmende Wachstumsphänomene zu beobachten. Ein Kollektiv junger Medienschaffender hat etwa mit dem Onlineradio „fisherman.fm“ ein professionelles Jugendformat mit Sitz in Zug geschaffen, das ohne Kitsch und krampfhafte Niederschwelligkeit auskommt. In Zeiten totgesagter Printmedien haben sie darüber hinaus mit „Melchior“ ein Magazin aus dem Boden gestampft, das sowohl inhaltlich wie optisch mit Hochglanzformaten renommierter Verlagshäuser mithalten kann.
Damit füllt es zwar nicht die Lücke der katholischen Publizistik in der Schweiz. Doch dieser Aufbruch zeigt, dass eine qualitative Avantgarde am ehesten jenseits der klassischen Strukturen zu erhoffen ist.