Am Jakobsweg in den französischen Pyrenäen liegt der Marienwallfahrtsort Betharram, dessen Ursprünge bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen. Die Volksfrömmigkeit schreibt diesem Ort mehrere von der Gottesmutter gewirkte Wunder zu. Die heilige Bernadette Soubirous besuchte Betharram mehrfach vom nahegelegenen Lourdes aus.
Heute befindet sich hier das Mutterhaus der Priester vom Heiligsten Herzen Jesu von Betharram, die in der Seelsorge, Erziehung und Volksmission tätig sind, mit Schwerpunkt in Südamerika.
Gründer der Gemeinschaft ist der heilige Michel Garicoïts, der im Auftrag des Bischofs zwei Gespräche mit Bernardette Soubirous führte, die ihn von der Echtheit der Marienerscheinungen von Lourdes überzeugten. Zusammen mit der Ordensgründerin Jeanne-Élisabeth Bichier des Ages, die für Garicoïts eigene Gründung ein großes Vorbild war, wurde er 1947 von Papst Pius XII. heiliggesprochen. Sein Gedenktag ist der 14. Mai.
Herz-Jesu-Verehrung im Mittelpunkt der Spiritualität
Michel Garicoïts wurde am 15. April 1797, mitten in den Wirren der Französischen Revolution, in Ibarre im französischen Baskenland unweit der spanischen Grenze geboren. Die tiefgläubige Bauernfamilie nahm trotz der eigenen Armut Priester in ihrem Haus auf, die von den Revolutionären verfolgt wurden. Als Kind hütete Michel das Vieh und trat mit 13 Jahren als Landarbeiter in den Dienst einer anderen Bauernfamilie. Als er nach dem Empfang der Erstkommunion mit 14 Jahren den Wunsch äußerte, Priester zu werden, überredete seine Großmutter den Pfarrer im nahegelegenen Saint Palais, den Jungen bei sich aufzunehmen und ihm gegen Hilfe bei der Hausarbeit den Schulbesuch zu ermöglichen.
Schnell gehörte er zu den besten Schülern und wechselte auf das Knabenseminar in Aire-sur-Adour und anschließend auf das Priesterseminar von Dax. Noch vor seiner Priesterweihe am 20. Dezember 1823 wurde er als Ausbilder an das Knabenseminar von Larresorre berufen, wo er zu den beliebtesten Lehrern gehörte. Während seiner Kaplanszeit in Cambo begann Michel Garicoïts, die Herz-Jesu-Verehrung zu vertiefen, die zum Mittelpunkt seiner Spiritualität wurde. 1825 wurde er als Professor an das Priesterseminar von Betharram gesandt und half hier beim Wiederaufbau der durch die Revolutionszeit heruntergekommenen Ausbildungsstätte, deren Rektor er wurde. Besondere Sorge bereitete ihm die Verwahrlosung und Disziplinlosigkeit vieler Priester, der er entgegenwirken wollte. Entscheidend war in diesem Zusammenhang seine Begegnung mit Jeanne-Élisabeth Bichier des Ages. Die von ihr gegründete Ordensgemeinschaft inspirierte in ihm den Wunsch, Priester heranzubilden, die „durch ihren Gehorsam dem Herzen ihrer Bischöfe Trost spenden“.
Berufung gespürt
1832 empfing Michel Garicoïts im Rahmen ignatianischer Exerzitien im Gebet die Gewissheit, dazu berufen zu sein, eine Kongregation für Priester zu gründen. Zurück in Betharram machte er sich sofort an das Werk, dem er sich bis an sein Lebensende widmen sollte. Bereits 1835 gab es eine erste Kerngemeinschaft, die sich beständig vergrößerte und ab 1841 den Namen „Priester vom Heiligsten Herzen Jesu“ trug. Mit Einverständnis der Jesuiten übernahmen sie die Regel des heiligen Ignatius von Loyola und die ignatianische Spiritualität. Michel Garicoïts trug Sorge für die Ausbildung jedes Einzelnen seiner Priester und kümmerte sich darum, dass jeder seinen Platz in der Kongregation fand, seinen Begabungen entsprechend. Durch Vorträge und Einkehrtage sorgte er für ihre geistliche Ausbildung, achtete aber auch darauf, dass ihre menschliche Seite durch das Gemeinschaftsleben positiv geformt wurde. Als sich eine Gelegenheit für eine Gründung auf dem amerikanischen Kontinent bot, entsandte Michel Garicoïts noch zu Lebzeiten erste Priester nach Argentinien.
„Habt keine Angst“
1853 erlitt Michel Garicoïts einen Schlaganfall, durch den er die letzten zehn Jahre seines Lebens teilweise gelähmt war. „Habt keine Angst“, beruhigte er seine Gemeinschaft, „wir machen weiter, solange Gott will“. Er starb am 14. Mai 1863, dem Hochfest Christi Himmelfahrt. 14 Jahre später approbierte Papst Leo XIII. die Konstitutionen der Kongregation der Priester vom Heiligsten Herzen Jesu von Betharram.
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