Filmrezension

Guardians of the Galaxy Vol. 3: Finale der Superhelden-Trilogie

Die Hüter der Galaxie sind zurück in den Kinos: "Guardians of the Galaxy Vol. 3" ist das grandiose Finale der Marvel-Superhelden-Trilogie.
Kinostart - "Guardians of the Galaxy Vol.3"
Foto: - (Marvel/Disney) | Eine glanzvolle emotionale Abschiedsvorstellung, die gekonnt in 150 Minuten zwischen Komödie und Tragödie balanciert. Mit originellen Einfällen jagt ein inszenatorisches und kreatives Highlight das nächste.

Die Hüter der Galaxie sind zurück, jedoch diesmal um sich zu verabschieden! Nachdem die Außenseitertruppe rund um ihren Anführer Peter Quill alias Star-Lord (Chris Pratt), dem Draufgänger und Gaunerhelden mit dem Herz am rechten Fleck, im letzten Jahr in „Thor 4“ und im „Guardians of the Galaxy Holiday Special“ kurz zu sehen waren, starten sie nun mit einem neuen Abenteuer durch, um Welten vor dem Untergang zu bewahren, Freunde zu retten und das angeschlagene Marvel Universum wieder auf Erfolgskurs zu führen. Der dritte Guardians-Film ist ein bittersüßes, melancholisches, wunderbar rundes Filmvergnügen und gleichzeitig das große Finale einer grandiosen Trilogie, die sich vom großen Rest des Marvel Einheitsbrei wohltuend abhebt.

Rauswurf bei Marvel wegen provokativen Tweets

Diesmal erwartet unser Heldenteam eine gefährliche Mission, die eng und herzzerreißend mit der turbulenten und traumatischen Vergangenheit des in Waffen vernarrten Waschbären Rocket (Bradley Cooper) verknüpft ist, der einst vom nach Perfektion strebenden Schöpfer „High Evolutionary“ (Chuckwudi Iwuji) erschaffen wurde. „Guardians of the Galaxy Vol. 3“, der bereits nach dem letzten Teil 2017 angekündigt wurde, ist ein perfekter Abschiedsfilm geworden, nicht zuletzt weil Regisseur, Mastermind und Drehbuchautor James Gunn nach diesem Sequel und so manchen mit ihm verbundenen Produktionsschwierigkeiten inklusive einem kurzzeitigen Rauswurf bei Marvel wegen provokativen Tweets, schließlich seinen Hut bei Marvel endgültig genommen und stattdessen bei der Konkurrenz von DC angeheuert hat. Dort versucht er nun als Co-CEO das neue DC-Universum wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.

Doch zurück zur Handlung: Der dritte Teil beginnt auf Knowhere, dem neuen Hauptquartier-Planeten und Zufluchtsort der Guardians und vieler anderer Flüchtlinge, wo sich Peter Quill angesichts des Verlusts seiner geliebten Gamora (Zoe Saldana) regelmäßig betrinkt. Das sehen wiederum seine Guardian-Freunde Drax (Dave Bautista), Rocket, Groot (Vin Diesel), Nebula (Karen Gillan), Mantis (Pom Klementieff), Kraglin (Sean Gunn) sowie als Neuzugang die telekinetisch begabte Hündin Cosmo (Marija Bakalowa) nicht gerne. Die Sovereigns, die Gegner aus dem zweiten Teil, sind immer noch hinter den Guardians her und hetzen ihnen ihre Kreation „Adam Warlock“ (Will Poulter) auf den Hals. Ihn können die Guardians zwar mit vereinten Kräften zurückschlagen, der Waschbär Rocket wird dabei aber schwer verletzt. Alle Versuche ihn zu retten schlagen jedoch fehl, da ein Gerät am Herzen des Waschbären jede lebensrettende Maßnahme verhindert.

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Der eigentliche Held ist Waschbär Rocket

Der Grund liegt in Rockets Ursprungsgeschichte, die er aus Scham den anderen Guardians gegenüber verschwieg und die nun in emotionalen Rückblenden nacherzählt wird. Verantwortlich für die humanoide Verwandlung des Waschbären und seine gebrochene Seele war nämlich sein größenwahnsinniger Schöpfer „High Evolutionary“, der in seiner Hybris mit seinem Team diverse menschlich-tierische Mischwesen gezüchtet hat,  stets auf der Suche nach der perfekten Spezies und dem Ziel getrieben, quasi gottgleich der Evolution auf die Sprünge zu helfen. Alles in seinen Augen schwache und dadurch lebensunwerte Leben will er vernichten und durch vermeintlich höher entwickeltes ersetzen.

Der „High Evolutionary“ gleicht in seinen Absichten und radikalen Methoden den Marvel-Bösewichten Thanos und Ego, die ebenfalls bereit waren, über Leichen zu gehen, um ihre abstrusen Machtphantasien auszuleben. „Es gibt keinen Gott“, sagt der neue Schurke an einer Stelle des Films, „deswegen bin ich ja eingesprungen!“ Moralische Konflikte, Anspielungen auf den Rassenwahn der Nazis, aber auch heutige medizinische und genetische Experimente von Wissenschaftlern mit einem Gottes-Komplex, sind mehr als deutlich. Das Marvel Cinematic Universe hat sich schon immer gern als große Moralfabel verstanden und der Gesellschaft in philosophischen Exkursen über die Achtsamkeit gegenüber allem Leben einen Spiegel vorgehalten. So verbringt Rocket einerseits einen Großteil des Films auf der Krankenstation, andererseits wird diese Figur des Waschbärs aber durch die zahlreichen Rückblenden und die tragische Geschichte seiner Erschaffung gleichzeitig zum eigentlichen Herzen des Films. Rocket ist der wahre Held des dritten Teils. Alles beginnt mit ihm und seinem leinwandfüllenden, verängstigten Blick, als er noch nicht ahnt, welche Grausamkeiten ihn und andere Versuchstiere erwarten.

Story ist zum Heulen schön

Um ihren Freund dennoch retten zu können, begeben sich die fragilen Guardians auf eine weitere Odyssee, die sie alle vor große Herausforderungen und Belastungsproben stellt und für jeden tödlich enden kann. Sie suchen nach Rockets Ursprüngen im Labor, um dort einen Code zu finden, der ihm helfen könnte, nicht zu sterben. Dabei helfen soll auch Gamora (Zoe Zaldana), die sich nach ihrem Tod in „Avengers: Infitiy War“ nicht mehr an ihr früheres Leben mit Peter erinnert. Allerdings ist auch der „High Evolutionary“ hinter Rocket her und will seine Schöpfung um jeden Preis wiederhaben. Er kann nicht verkraften, dass sein Geschöpf intelligenter ist er und will die Ursachen dafür erforschen. Man hätte durchaus befürchten können, dass der dritte Teil vielleicht zu einer reinen Pflichtübung für James Gunn wird, doch man merkt dem Film deutlich an, dass der Autor seine Figuren und das Material zu sehr liebt, um sich nicht mit vollem Herzen in das Projekt reinzuhängen. Gerade Rockets Ursprungsgeschichte schafft sehr berührende und emotionale Momente, die kaum jemanden kalt lassen dürften.

Denn diese Story ist einfach zum Heulen schön, besonders wenn Rocket zusammen mit seinen Leidensgenossen vom Himmel träumt und es dort tatsächlich später in einer Himmelsequenz durch ein Nahtod-Erlebnis zu einem Wiedersehen mit seinen Freunden kommt. Aber auch sonst kümmert sich Gunn mehr denn je um seine Nebenfiguren und verleiht ihnen mehr Tiefe als in den ersten beiden Teilen. Letztlich macht jede Figur eine Entwicklung durch. Die allesamt durch das Leben gebrochenen Figuren lernen, ihre Vergangenheit loszulassen, ihre Zukunft zu umarmen -  und: nicht nur anderen, sondern auch sich selbst eine zweite Chance zu geben.

Der Star-Lord muss erkennen, dass die neue Gamora nicht mehr seine Gamora ist, die er einmal geliebt hat und er sie loslassen muss, während diese Gamora ihre Menschlichkeit wieder langsam erlernt. Mantis und Drax bauen ihre Verbindung aus und sind am Ende durch die Ereignisse innerlich gewachsen und bereit für andere Aufgaben. Kraglin muss dem Erbe des verstorbenen Yondu, symbolisiert durch dessen Pfeil-Waffe, gerecht werden. Und auch Groot, der nur mit dem einen Satz „Ich bin Groot“ eine ganze Bandbreite an Emotionen transportieren kann, die dauerwütende Nebula und sogar Adam Warlock machen Metamorphosen  durch und erfahren Momente der Umkehr und des Umdenkens.

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Die Guardians blicken dem Tod ins Auge

Dass fast jeder aus der Truppe im Verlauf des Films dem Tod ins Auge blickt, lässt das Band, das sich auf ihrer bisherigen Reise zwischen den Guardians gebildet hat, noch einmal erstarken. Egal, wie sehr sich die einzelnen Mitglieder untereinander immer wieder bekriegen, wenn es darauf ankommt, riskieren sie ihr Leben füreinander, ziehen alle ganz selbstverständlich wie eine Familie an einem Strang und können sowohl jeder für sich als auch als Team von Freunden noch einmal auftrumpfen. In diesem Team bekommt jeder eine zweite Chance.

Sicher werden einige der Figuren später in anderen Marvel-Filmen oder vielleicht auch weiteren Guardians-Sequels wieder auftauchen, aber „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ schließt zumindest die James-Gunn-Trilogie als große Space Opera erfreulich gelungen ab. Eine glanzvolle emotionale Abschiedsvorstellung, die gekonnt in 150 Minuten zwischen Komödie und Tragödie balanciert und garantiert niemanden kalt lässt. Mit originellen Einfällen jagt ein inszenatorisches und kreatives Highlight das nächste. Allen voran, sei hier eine großartige komponierte One-Shot-Sequenz zu den Klängen von „No Sleep Till Brooklyn“ von den „Beastie Boys“ erwähnt, in der die Guardians einen ganzen Korridor voller Feinde imposant ausschalten.

Hut ab für Gunn und seine Hüter der Galaxie. Dieser Film über Freundschaft, Familie, Aufopferung und Individualität berührt ungemein und hat Herz und Seele. Wer hätte gedacht, dass das Schicksal eines zynischen, fluchenden und schießwütigen Waschbären berührender sein kann als so manches menschliche Drama.

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