Schauspielerlegende

Ein markantes Gesicht des "Film noir"

Zum 50. Todestag des amerikanischen Schauspielers Edward G. Robinson.
Edward G. Robinson
Foto: rt | Edward G. Robinson (links) als Versicherungsdetektiv Barton Keyes neben Fred MacMurray in Billy Wilders "Frau ohne Gewissen" - mit der Rolle kämpfte er gegen sein "Gangster"-Image.

In den 1940-er und 1950-er Jahren fand in Hollywood ein Filmgenre große Verbreitung, das später von der Filmkritik als „Film noir“ bezeichnet wurde – im deutschen Sprachraum wird dafür auch der Begriff „Schwarze Serie“ verwendet. Schwarz wegen der düsteren Anmutung, der Schatten-Licht-Spiele und scharfen Hell-Dunkel-Kontraste, die der „Film noir“ zusammen mit der sogenannten „entfesselten Kamera“ und verzerrten Kameraperspektiven vom deutschen Expressionismus aus den 1920-er und 1930-er Jahre übernommen hatte.

Das markanteste Gesicht des Genre

Schwarz, aber auch inhaltlich, weil darin eine eher pessimistische bis nihilistische Sicht vorwiegt, die auf den Einfluss einer zweiten Traditionslinie des „Film noir“ zurückgeht. Denn auf dieses Genre hatte ebenso eine bestimmte Kriminalliteratur in den Vereinigten Staaten, die „Hardboiled“-Literatur, großen Einfluss. Ihr stammen die typischen Gestalten der Schwarzen Serie: hartgesottene („hardboiled“) Detektive, korrupte Polizisten, Femmes fatales und eifersüchtige Männer oder auch Versicherungsagenten.

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Obwohl es sich so gut wie immer um zerrissene, ja gebrochene Gestalten handelt, kamen sie häufig– allen voran die von Humphrey Bogart verkörperten Figuren in John Hustons „Die Spur des Falken“ (1941) sowie in Howard Hawks?„Haben und Nichthaben“ (1944) und „Tote schlafen fest“ (1946) – beim Zuschauer gut an. Neben Bogart – und Schauspielerinnen wie Lauren Bacall oder Barbara Stanwyck – wurde das markanteste Gesicht des Genre seit „Frau ohne Gewissen“ der genau vor 50 Jahren gestorbene Edward G. Robinson.

In „Frau ohne Gewissen“ (1944) – Regie führt Billy Wilder, das Drehbuch stammt von Raymond Chandler, dessen Roman „The Big Sleep“ die Vorlage für „Tote schlafen fest“ geliefert hatte – spielen zwar Fred MacMurray und Barbara Stanwyck die Hauptrollen, aber im Gedächtnis des Zuschauers bleibt insbesondere der von Edward G. Robinson verkörperte Versicherungsdetektiv, der den beiden hartnäckig auf den Fersen bleibt, um einen als Unfalltod zur Zahlung einer doppelten Versicherungssumme (daher der Originaltitel „Double Indemnity“) kaschierten Mord aufzudecken.

Bandbreite der Rollen

Seinen Durchbruch feierte der am 12. Dezember 1893 als Emanuel Goldenberg in Bukarest als Sohn jiddisch sprechender Eltern geborene Edward G. Robinson, der im Alter von neun Jahren mit seinen Eltern nach New York übersiedelte, bereits 1930 in der Warner-Bros.-Produktion „Der kleine Caesar“ an der Seite Douglas Fairbanks Jr. Robinsons Statur und insbesondere sein markantes Gesicht verliehen ihm die nötige Aggressivität, um den Mann zu verkörpern, der sich durch kaltblütiges Vorgehen vom Kleinganoven zum Anführer einer Unterwelt-Gang in Chicago entwickelt.

Robinson hätte weiterhin den Gangster in unzähligen Filmen verkörpern können – so spielte er beispielsweise in „Der letzte Gangster“ (Edward Ludwig, 1937) mit; aber er wollte sich nicht auf eine bestimmte Rolle festlegen lassen. Der Schauspieler achtete auf die Bandbreite seiner Rollen, und verkörperte einen Fischer in „Tiger Hai“ (Howard Hanks, 1932) sowie den deutschen Immunologen Paul Ehrlich in William Dieterles „Paul Ehrlich – ein Leben für die Forschung“ (1940).

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DeMille hat ihm das Leben gerettet

Seine Wandlungsfähigkeit stellte er allerdings noch mehr unter Beweis, als er im Film noir völlig andere Rollen übernahm. So spielte Robinson in Fritz Langs „Gefährliche Begegnung“ (1944) einen Mann, der durch eine verführerische Frau unvermittelt schuldig und dadurch von einem mitwissenden, brutalen Gangster erpresst wird. Ebenfalls unter der Regie Fritz Langs verkörperte er in „Straße der Versuchung“ (1945) einen ehrlichen Kaufhauskassierer. In John Hustons „Gangster in Key Largo“ (1948) übernahm er wiederum – neben Humphrey Bogart und Lauren Bacall – eine seinem frühen Image entsprechende Rolle.

Auch weil er in der McCarthy-Ära ins Visier des „Komitees für unamerikanische Umtriebe“ geriet, musste Edward G. Robinson jahrelang eine Durststrecke hinnehmen, aus der er erst 1956 mit seiner Rolle des Intriganten Dothan an der Seite von Charlton Heston und Yul Brynner in Cecil B. DeMilles „Die zehn Gebote“ übernahm. DeMille habe ihm das Leben gerettet, schrieb er später dankbar.

Aus den 1960-er Jahren ragen sowohl der John-Ford-Western „Cheyenne“ (1964), in dem Richard Widmark die Hauptrolle spielte, als auch „Cincinnati Kid“ (Norman Jewison, 1965) heraus, in dem sich Robinson ein Poker-Duell mit Steve McQueen lieferte.
Zusammen mit Charlton Heston trat er dann in dem dystopischen Science-Fiction-Werk „Jahr 2022 … die überleben wollen“ („Soylent Green“, 1973) von Richard Fleischer auf. Es war Robinsons letzte Rolle. Denn er starb zwei Wochen nach Drehende, am 26. Januar 1973, 79-jährig an einer Krebserkrankung. Im selben Jahr erhielt Edward G. Robinson posthum den Ehren-Oscar.

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