Kino

Das Kino als neue Kirche?

„Padre Pio“ und „Johnny“: Junge Schauspieler-Stars lassen sich von Priester-Rollen begeistern. Was lehrt uns das?
Schauspieler Dawid Ogrodnik
Foto: snapshot-photography/ T.Seeliger (imago stock&people) | Spielt den polnischen Priester und Bioethik-Experten Jan „Johnny“ Kaczkowski: Schauspieler Dawid Ogrodnik, hier bei der Verleihung der Shooting Star Awards 2019

Seltsam ist diese Welt. Während in der Kirche kaum ein Tag vergeht, an dem Priester nicht generell angezweifelt, kritisiert oder krimineller Vergehen verdächtigt werden, feiert die Kulturelite sie in neuen Kinoproduktionen als heroische Wahrheitssucher, Gewissensforscher und menschliche Vorbilder.

Etwa in dem Film „Padre Pio“ von US-Regisseur Abel Ferrara (71, „Bad Lieutenant“, „Siberia“), der in diesem Monat bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig präsentiert wurde und das frühe Leben des populären italienischen Heiligen zeigt: Aufgewühlt durch das eigene Gewissen und die äußeren Ereignisse der Zeit, wie Krieg und Kommunismus, findet Pio zur spirituellen und menschlichen Reife. Im Leiden liegt die Wahrheit.

Zum Katholizismus konvertiert

Offenbar auch bei Pio-Darsteller Shia Saide LaBeouf (36), der sich nach einigen persönlichen und professionellen „Lowlights“ mit der Hauptrolle als „Padre Pio“ zurück in die erste Hollywood-Liga gespielt zu haben scheint. Nach einer intensiven Film-Vorbereitung: der jüdisch-stämmige Darsteller lebte nicht nur mehrere Wochen bei einer katholischen Gemeinschaft mit, inzwischen ist er zum Katholizismus konvertiert. So anziehend fand er die Person, in die er für den Film schlüpfen musste, so geheimnisvoll und kräftigend empfindet er Pater Pios Hauptinstrument, die lateinische Messe, wie Shia Saide LaBeouf erst kürzlich im Gespräch mit dem US-Bischof Robert Barron verraten hat. Die „YouTube“-Klickzahlen des Gesprächs liegen mittlerweile bei 1, 7 Millionen. Verdientermaßen. Wobei man nicht überhören sollte, dass Shia Saide LaBeouf auch anderen Priestern ein verbales Denkmal baut für ihren Beistand. Neben den Lebenden etwa dem bereits in den 1960er Jahren verstorbenen Trappistenmönch Thomas Merton, der den Hollywood-Star mit seinen schriftstellerischen Reflexionen zum „Ego“, das es zu überwinden gelte, hörbar berührt hat.

Wie eine cineastisch-priesterliche Hilfe von oben wirkt auch das, was der Film „Johnny“, der vor wenigen Tagen in Polen Premiere hatte, mit dem Hauptdarsteller Dawid Ogrodnik gemacht hat. In Polen seit vielen Jahren als ernsthafter Mime gefeiert, hat Ogrodnik, der fast auf den Tag genau wie Shia Saide LaBeouf im Juni 1986 zur Welt kam, gegenüber der Krakauer Kirchen-Postille „Tygodnik Powszechny“ sein Herz ausgeschüttet. Dabei berichtet er von Missbrauchserfahrungen in der Kirche, aber auch von positiven Erlebnissen.

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Ansprechende Authentizität

Dies alles in eine Balance zu bringen, hat ihm nun die Rolle des Priesters Jan Kaczkowski (1977-2016) beschert – eines Priesters also, der nicht nur als junger wissenschaftlicher Bioethik-Experte weit über den Rahmen der Kirche hinaus für Furore sorgte, sondern insbesondere dank seines Einsatzes für schwer erziehbare Jugendliche und Sterbende eine anerkannte Persönlichkeit Polens war. Früh unter einer Sehbehinderung leidend, opferte Kaczkowski sich, wie der Film beeindruckend zeigt, menschlich für seine schwierigen Schützlinge auf – dann setzte ein Gliom im Gehirn ihn allmählich außer Gefecht. Doch der priesterliche Dienst aus Liebe zu Gott und zum Menschen wurde mit Liebe und Dankbarkeit beantwortet. Der Angst vor dem Sterben folgte die geläuterte Hoffnung auf das ewige Leben.

Ist es diese authentische Form des Lebens und Menschseins, die junge Schauspieler (wie auch ihr Publikum) bei der einfühlsamen Darstellung von Priestern anspricht? Nachdem Hollywood & Co. sich immer wieder gern kirchlicher Stoffe bedient haben, könnte nun die Zeit begonnen haben, in der das Kino der Kirche beistehend zurückzahlt.

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