1793 führte in Paris das Revolutionstribunal das „Fest der Vernunft“ ein. Aus der Kathedrale Notre-Dame wurde ein „Tempel der Vernunft und der Freiheit“. Die Vernunft wurde als Göttin verehrt, dargestellt von einer Frau. Der Historiker Thomas Carlyle schildert den Kult: „Demoiselle Candeille von der Oper, eine schön anzuschauende Frau, wenn sie gut geschminkt ist, wird auf tragbarem Thron schulterhoch hereingetragen, mit roter wollener Nachtkappe angetan, azurblauem Mantel, mit Eichenlaub bekränzt, in ihrer Hand die Pike des Jupiters haltend. So segelt sie herein, begleitet von weißen jungen Frauen mit trikolorem Gürtel. Die Welt gebe wohl acht!
FIDES ET RATIO
Vernunftkult und Selberdenken
Egal, ob während der Epoche der Aufklärung oder im gegenwärtigen Social-Media-Zeitalter: Die eigene Vernunft zu feiern bedeutet noch längst nicht, sie zu haben.