Ungeschminkt

Louis und Luisa

Auch für Personen des öffentlichen Lebens gilt: Das Private muss unbedingt privat sein, um es vor politischem Zugriff zu schützen. Dieses Prinzip sollte aber auch woanders gelten.
Louis Klamroth in der ARD-Talkshow hart aber fair
Foto: IMAGO/Thomas Bartilla (www.imago-images.de) | Nun ist die Empörung groß: Wie soll da einer in einem öffentlich-rechtlichen Politformat neutral moderieren, wenn er doch verheimlicht hat, dass er mit „dem Gesicht“ der links-grünen, sich gerade radikalisierenden ...

Das Private ist politisch – aber wenn alles politisch ist, was ist dann noch privat? Gerade entlädt sich die Debatte über diesen Gassenhauer der 68er Generation an dem kürzlich bekannt gewordenen jungen Liebespaar Luisa Neubauer, hauptberuflich Klimaaktivistin mit Weltrettungsambition und Louis Klamroth. Louis wer? Nein, man musste ihn nicht kennen.

Allerdings übernimmt er gerade als Moderator das „ARD“-Talkformat „Hart aber Fair“ von Urgestein Frank Plasberg. Und nun ist die Empörung groß: Wie soll da einer in einem öffentlich-rechtlichen Politformat neutral moderieren, wenn er doch verheimlicht hat – ja, die Tatsche dieser Beziehung wurde nicht ganz freiwillig öffentlich – dass er mit „dem Gesicht“ der links-grünen, sich gerade radikalisierenden Klimabewegung liiert ist? Ist es also privat, wen ein „ARD“-Moderator liebt oder wie viele?

Verteidigung des Privaten gegenüber einem übergriffigen Staat

Das wäre sicher einfacher zu beantworten, würden nicht so viele im medialen und politischen Betrieb ihren Beziehungsstatus, ihre sexuelle Orientierung und politische Meinung in die Öffentlichkeit tragen, auch um es explizit zu politisieren. Wenn etwa ein „WDR“-Moderator öffentlich kundtut, jeder, der die Fußball-WM in Schurkenstaat Katar mitschaut, würde „mithitlern“. Oder ein anderer uns via Instagram anschreit „Die CDU ist unser Feind!“, ist das dann rein privat?

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Legen wir ein freiheitlich-demokratisches Staatsverständnis zugrunde, muss hier spontan mit „ja“ geantwortet werden. Es geht den Nachbarn, den TV-Zuschauer und den Staat in der Tat rein gar nichts an, was wir privat tun, wen wir lieben, wer unsere Freunde sind, was wir denken, wie wir leben, oder wie wir unsere Kinder erziehen – solange wir uns im legalen Bereich bewegen. Unser gesamtes Grundgesetz ist als ein Bollwerk zur Verteidigung des Privaten gegenüber einem übergriffigen Staat konzipiert worden, und das aus guten Gründen.
Das ist die Theorie.

Faktisch wird es tagtäglich gerade auch von genau jenen über den Haufen geworfen, die nun verteidigen, dass man sich aus der zarten Romanze von „Louis und Luisa“ doch bitte raushalten soll. Nun gut, eine Gegenfrage sei aber erlaubt: Würden jene, die nun die legendäre professionelle Neutralität von „ARD“-Moderatoren (Ironiemodus wieder aus) beschwören, immer noch genauso argumentieren, wenn der liebe Louis gar nicht die Luisa von der Klimafront liebte, sondern Alice von der AfD oder uns mit einer schwulen Liaison mit Hans-Georg Maaßen überraschte? „BILD“ berichtet: „Ja, wir lieben uns!“

Ein Betrug am Zuschauer

Nun saß ich selbst wiederholt in öffentlich-rechtlichen Talksendungen und habe live und in Farbe hinter den Kulissen Szenen wie: „Duzen wir uns eigentlich nachher in der Sendung, oder sind wir auf Sie?“ miterlebt. Die kaschierte Kumpanei ist ein Betrug am Zuschauer, der sicher manche Fragestellung in der Sendung besser einordnete, wenn er wüsste, dass der Moderator danach mit demselben Gast noch das Grillwochenende mit Gattin bespricht.

Wenn wir im Namen der Transparenz im politischen Raum verlangen, dass offengelegt wird, welche Lobbyisten jemand in seinem Büro empfängt, weil wir heimliche Einflussnahme unterstellen, wie kann es dann egal sein, mit welchem ich sogar das Bett teile? Ja, das Private muss unbedingt privat sein, um es vor politischem Zugriff zu schützen. Dann sollte dies Prinzip aber auch überall gelten.

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Faktisch mischen sich die mediale Öffentlichkeit und auch der Staat täglich in privateste Lebensentscheidungen der Bürger ein und versucht diese gar zu steuern:  Ob wir noch Fleisch und Zucker essen, ob und wogegen wir geimpft sind, wie wir unsere Kinder erziehen, ob wir überhaupt noch Kinder, diese CO2-Schleudern, gebären sollten, welche religiösen Ansichten wir im Namen von Antidiskriminierung noch glauben dürfen, wie sich ein Paar den Haushalt und die Kinderbetreuung geschlechtssensibel aufteilt, mit welcher politischen Einstellung man noch in Schule und Universität lehren darf.
Jede vermeintlich falsche „Gesinnung“ kann einen heute Reputation, Freunde und sogar den Job kosten.

Louis und Luisa? Natürlich ist ihre Liebe privat, aber nein, es ist nicht glaubwürdig so zu tun, als sei das Private hier nicht politisch.

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