Vor vierzig Jahren löste in einer württembergischen Kleinstadt ein junger Gastprediger mit seiner Sonntagspredigt einen derartigen Skandal aus, dass die geistige Elite der Gemeinde (oder was sich dafür hielt) noch vor dem Schlusslied zum Pfarrhaus zog, um ihrem Zorn freien Lauf zu lassen. Was war geschehen? Seit dem letzten Konzil hatte sich der alte Gemeindepfarrer bemüht, seinen Gläubigen die Dogmen der fortschrittlichen Theologie ins Herz zu senken. Und nun schien das Werk eines ganzen Jahrzehnts in Frage gestellt, bloß weil ein junger Kaplan erklärte, dass er größere Hochachtung vor einer alten Frau habe, die vor dem Allerheiligsten eine Kniebeuge mache, als vor einem ganzen Kongress moderner Theologen.
Katholische Wahrheit statt selbstgefälliger Inszenierung
Die Debatte über katholische Intellektuelle geht weiter. Nachdem der Eichstätter Literaturwissenschaftler Thomas Pittrof in der „Tagespost“ die katholischen Akademien und Fakultäten als Horte elitären Denkens gelobt hat, folgt heute ein weiterer Meinungsbeitrag, der diese Haltung radikal in Frage stellt und stattdessen eine Neubesinnung auf die Tradition fordert. Von Michael Hanke